Drake Schwestern 07 - Sturm der Gefuehle-01.07.12
Gäste an Land zurückzubringen. Mit einigen muss ich noch reden. Bleib hier und warte auf mich.«
Elle nickte. Was konnte das schon schaden? Nach dem heutigen Abend würde Sheena MacKenzie verschwinden und Stavros würde sie nie wiedersehen. Vielleicht wusste er bereits, dass sie sich verabschieden würde. Sie konnte ihm nicht vorwerfen, dass er verärgert war. Sie hatte versucht, ihm keine falschen Hoffnungen zu machen, aber dennoch sein Vertrauen so weit zu gewinnen, dass sie in seinen inneren Kreis vorgelassen wurde. Sie hatte seine Wohltätigkeitsveranstaltungen und seine Partys besucht und nicht ein einziges Mal gehört, dass über illegale Aktivitäten gemunkelt wurde. Falls er tatsächlich der Verbrecher war, für den ihr Boss ihn hielt, stellte er es erstaunlich geschickt an, seine kriminellen Aktivitäten zu verbergen. Sie selber jedenfalls hielt es mittlerweile nicht mehr für möglich.
Warum also konnte sie sich nicht in ihn verlieben? Was stimmte nicht mit ihr? Der Wurm - der Unaussprechliche -war es doch gewiss nicht wert, sich weiterhin Hoffnungen zu machen. War sie dumm genug, das zu tun? Zu hoffen, er würde sich um sie bemühen? Dazu würde es niemals kommen. Er wollte sie nicht. Er wollte ihr Erbe nicht. Und ebenso wenig ihren Namen. Oder ihr Haus. Und schon gar nicht die sieben Töchter, die zwangsläufig damit einhergingen.
Nein, sie machte sich keine Hoffnungen mehr, Jackson Deveau würde sie eines Tages lieben oder sie auch nur wollen.
Jetzt musste nur noch ihr Schmerz vorübergehen.
Sie beobachtete Stavros, als er mit seinen Gästen sprach, lächelte und einen glücklichen Eindruck machte. Als spürte er, dass sie ihn ansah, drehte er den Kopf um und lächelte sie liebevoll an. Ihr Herz schlug einen komischen kleinen Purzelbaum, nicht so, wie es das tat, wenn der Wurm sie anlächelte, sondern weil sie wusste, dass Stavros auf dem besten Wege war, sich in sie zu verlieben, und weil das alles so ungerecht war.
Aber könnte sie so leben? So luxuriös und schnelllebig? Sie war mit einem Vermächtnis geboren worden, das wenigen anderen wenn überhaupt jemandem - je zuteilgeworden war oder zuteilwerden würde. Als siebente Tochter einer siebenten Tochter besaß Elle übersinnliche Gaben, die in ihren Genen angelegt waren, um wiederum an ihre eigenen sieben Töchter weitergegeben zu werden. Und ihre siebente Tochter würde dasselbe bittersüße Vermächtnis antreten. Würde Elle ihre Bestimmung erfüllen? Oder würde mit ihr das magische Erbe der Drakes sang- und klanglos dahinscheiden?
Elle hatte sich früher immer ein Leben voller Gelächter und Glück mit ihrem Seelengefährten ausgemalt. Das war, bevor sie ihm begegnet war. Er war ein mürrischer, schweigsamer, grüblerischer, sehr dominanter Mann. Sie wusste, dass er ihr Stille und Frieden bringen konnte, aber er konnte auch mit einem einzigen glühenden Blick ihr Blut in flüssiges Feuer verwandeln. Doch er weigerte sich zu akzeptieren, wer sie war -er weigerte sich, sie so, wie sie war, zu lieben. Und wenn er es nicht tat, fürchtete sie, kein anderer Mann würde es jemals tun – vielleicht konnte es auch keiner. Jedenfalls nicht die wirkliche Elle Drake.
Sie drehte sich um und beugte sich über die Reling, um die Boote zu beobachten, die nahten, um Stavros' Gäste ans Ufer zurückzubringen. Die Nacht war längst der Morgendämmerung gewichen, und sie war müde und unterdrückte ein Gähnen, während sie versuchte dahinterzukommen, was sie als Nächstes mit ihrem Leben anfangen sollte. Sea Haven, ein kleiner Küstenort im Norden Kaliforniens, war für sie immer ihr Zuhause gewesen - ein Zufluchtsort. Dort stand das Haus ihrer Familie, ein großes Anwesen mit Blick auf das stürmische Meer. Das Meer war so anders hier. Eine wunderschöne Verlockung, die ein sonnendurchflutetes Luxusleben versprach, aber sie wusste, dass es zwecklos war zu glauben, ihr sei ein solches Leben bestimmt. Im Grunde ihres Herzens war sie ein Heimchen am Herd, eine Frau, die dazu geboren war, Ehefrau und Mutter zu sein. Sie liebte das Abenteuer, aber mit der Zeit würde ihr Verlangen, das Vermächtnis der Drakes weiterzureichen, so stark werden, dass sie nicht mehr fähig sein würde, dieses Bedürfnis zu ignorieren. Hatte sie überhaupt das Recht, der Welt jemanden wie ihre Schwester Libby vorzuenthalten, die durch bloßes Handauflegen heilen konnte? Oder Joley mit ihrer wunderbaren Stimme? Kate, deren Bücher so vielen Menschen Trost und Zerstreuung boten?
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