Du wirst die Schönste sein - Ein Mallorca-Roman (German Edition)
Nobelschlittens würde sein vergebliches Warten aufgeben und zu seinem Herrn und Meister zurückkehren.
Zehn Minuten später saß ich dann aber doch in der Kutsche. Plötzlich von Panik gepackt bei der Vorstellung, der Fahrer könnte ohne mich losfahren und anstatt heißer Party läge ein langer, öder Abend vor mir.
Derselbe hübsche Kerl mit dem grimmigen Blick, der mir neulich im Parkhaus die Visitenkarte aufgedrängt hatte, saß hinterm Steuer. „ Buenas tardes“, murmelte er, als ich einstieg. Er fuhr und schwieg. Ich schwieg ebenfalls und rekapitulierte Plan B. Auf der Stelle das Weite suchen, falls ich der einzige Gast auf jener Party war. Noch fuhren Busse und Züge und notfalls würde ich eben jede Menge Kohle für ein Taxi opfern.
Trotz schwindendem Licht entging mir nicht, dass mein Chauffeur mich im Rückspiegel anstarrte. Ich sah nur seine Augen, dunkel und tiefliegend und mit schweren Augenbrauen darüber. Aber in seinem Blick lag Verachtung, ja Feindseligkeit, jedenfalls empfand ich das so, und suchte mir eine andere Sitzposition.
Die Fahrt durch die mir bestens bekannte Landschaft von meinen Trips nach Palma her, an abgeernteten Feldern vorbei, in der Ferne ab und zu ein bewaldeter Hügel, kam mir in der Dämmerung noch länger vor als sonst. Und ich atmete auf, als die Lichter Palmas in der Ferne auftauchten. Zu meiner Enttäuschung war Palma jedoch nicht unser Ziel. Die Fahrt ging weiter in eine mir völlig unbekannte Gegend. Wir kamen an einigen Touristenorten vorbei, verließen dann die Küstengegend, fuhren durch eine nur spärlich bebaute Gegend und erreichten endlich ein beleuchtetes Tor. Dahinter eine ausgedehnte Zufahrt und schließlich ein fast taghell ausgeleuchtetes Rondell, zugeparkt mit Autos höherer Preisklassen. Vor einem villenartigen Bau, zweistöckig, und dem üblichen Schnickschnack, wie kitschigen Säulen und Balkonen, den ich aus Immobilienanzeigen kannte. Mit abgewandtem Blick öffnete mein Chauffeur mir die Tür und ich folgte ihm eine breite Treppe zum Hauseingang hinauf, wo mich ein weiterer hübscher Boy empfing. Allerdings mit freundlichem Lächeln und strahlendem Blick.
„Schön, dass Sie kommen konnten“, sagte er in perfektem Deutsch. Ich folgte ihm durch mehrere Räume, konnte auch kurz einen Blick durch eine breite, verglaste Front nach draußen werfen, wo jede Menge Leute in kleinen und größeren Gruppen zusammen standen. Ein Stück unterhalb strahlte das türkisgrün des beleuchteten Pools.
Aber anstatt mich zu Ernesto zu führen, brachte er mich in ein Badezimmer. Überrascht, ja geradezu ratlos stand ich da. Hatte sich in diesem Haus jeder Gast vorab die Hände zu waschen oder erwartete man sogar, dass er duschte?
Mal abgesehen davon hatte ich noch nie ein eleganteres Badezimmer gesehen. Weiß und Silber überwogen. An einem der Wandhaken hing ein weißes langes Kleid mit silbernen Stickereien am Oberteil. Ebenfalls sehr elegant. Zumindest verglichen mit meinem kurzen roten Fummel, den ich mir für meinen Abiball gekauft hatte.
Ein Klopfen an der Tür ließ mich das Kleid hastig zurückhängen.
Ich rechnete mit dem Gastgeber, mit Ernesto. Die Tür öffnete jedoch ein Typ, der mir von Fotos her bekannt vorkam. Ich übertreibe jetzt nicht, der Kerl hatte nicht nur auf den ersten Blick eine fast unheimliche Ähnlichkeit mit „The King“ mit Elvis, the Pelvis. Ein gewaltiger schwarzer Haarbusch über der Stirn, tief ins Gesicht reichende Koteletten und schwammige Backen. Auch der Rest stimmte. Die rundliche Figur im prall sitzenden weißen Glitzeranzug.
Mit „Hi, Thea“, schüttelte er mir die Hand. „Damit du weißt, wer hier so einfach reinplatzt, voilà, vor dir steht René, der genialste Figaro der Insel.“ Mit breitem Grinsen blinzelte er mir zu.
Wie bitte? Das wurde ja immer besser. Señor Ernesto traute mir wohl nicht zu, in einem seinen Gästen zumutbaren Zustand bei seiner Party aufzukreuzen. Frechheit. Meine Haare waren gewaschen und aufwändig mit dem Glätteisen in Form gebracht.
Mich leicht am Rücken berührend schob René mich in den zierlichen Sessel vor einer Art Schminktisch.
„Moment mal, was soll das?“
„Pst!“ machte René. „Vertrau mir einfach.“
„Aber ... meine Haare sind in Ordnung ... ich .... nein, ich will das nicht.“ Ich stand wieder auf, aber René drückte mich sanft in den Sessel zurück. Unsere Blicke begegneten sich im Spiegel, hielten einander sekundenlang fest.
„Vertrau mir. Du wirst die
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