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Ein Sommer und ein Tag

Ein Sommer und ein Tag

Titel: Ein Sommer und ein Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Winn Scotch
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Gefühl: Natürlich war ich es, ich, das tollste Mädel der Stadt, das die Leute beruhigt hat ! Natürlich, was denn sonst ! Ich erkenne mich wieder, auch wenn es eigentlich nichts wiederzuerkennen gibt.
    «Du hast einfach mit mir gesprochen, meine Hand gehalten und gesagt, ich soll an was anderes denken. Also haben wir uns unsere Lieblingslieder erzählt, unsere Lieblingstexte … um uns herum herrschte das blanke Chaos, aber …»
    Er hält inne. «Klar, selbstverständlich herrschte Chaos, überall schreiende Menschen, blinkende Lichter, aufziehender Rauch, und – keine Ahnung, wie du das genau gemacht hast, aber du hast dafür gesorgt, dass ich nicht den Verstand verloren habe.»
    «Und wen habe ich genannt?», will ich wissen.
    «Wie bitte?»
    «Meine Lieblingsband. Wen habe ich genannt?»
    «Oh.» Er legt nachdenklich den Kopf schief. «Keine Ahnung, wir haben einfach durcheinander Namen genannt, irgendwelches Zeug geredet, um uns abzulenken. Ehrlich gesagt kann ich mich an die Einzelheiten gar nicht mehr erinnern.»
    «Ehrlich gesagt, ich auch nicht», witzle ich, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob es wirklich witzig ist.
    «Falls es dich interessiert», sagt er, «du bist berühmt.»
    Er hält eine Ausgabe von People im Schoß und dreht sie um. Auf dem Titelbild prangen wir beide: er – strahlend, vital und gutaussehend, der Typ, nach dem man sich definitiv auf der Straße noch mal umdreht –, den Arm um die Taille eines gertenschlanken Mädchens Marke Supermodel geschlungen, beim Verlassen eines Nachtclubs; und ich, mit dunkelblauer Strickjacke und Perlensteckern in den Ohren, ganz so, als hätte ich überhaupt noch nie einen Nachtclub von innen gesehen. Weit und breit keine Spur von der Frau von Welt, von dem tollsten Mädel der Stadt. Nein, nein, nein. Das kann nicht sein! Ich bin die Heldin, die Frau mit Durchblick.
    «WIR HABEN ÜBERLEBT!», brüllt die fettgedruckte Schlagzeile.
    «Nicht das beste aller Fotos.» Er zuckt mit den Achseln, als wäre er persönlich für meine herabgezogenen Mundwinkel verantwortlich. Dafür, dass ich so aussehe, als hätte ich in eine Zitrone gebissen.
    «Ich hasse dieses Foto – das haben die bestimmt von irgendeiner Website heruntergeladen.»
    «Ich sehe aus, als hätte ich noch nie in meinem Leben auch nur eine Sekunde Spaß gehabt.»
    Anderson lacht, und ich lache mit. Warum auch nicht? Ich kapiere zwar den Witz nicht, aber was soll’s.
    «Was?», lacht er. «Nein. Ich meinte mich. Ist ja auch egal. Ich stehe tief in deiner Schuld. Ernsthaft. Für den Rest meines Lebens, was immer du brauchst. Ich bin für dich da.»
    Von ganz unten in meinem Nacken beginnt ein Kopfschmerz langsam nach oben zu kriechen. Ich zucke zusammen, und Anderson merkt es.
    Er will nach dem Rufknopf greifen, doch ich halte ihn davon ab. «Wie schlimm ist es bei dir?», frage ich ihn, noch nicht bereit, mich dem Schmerz auszuliefern. Ein Teil von mir ist erschöpft, aber ein anderer Teil von mir ist dankbar für die unkomplizierte Gesellschaft von jemandem, der im Gegensatz zu meiner Mutter oder meinem Ehemann nicht jeden Augenblick zusammenzubrechen droht.
    «Ein paar Wirbel sind gebrochen», sagt er. «Um ein Haar wäre ich für den Rest meines Lebens in diesem Ding hier gelandet.» Er zeigt auf seinen Rollstuhl.
    «Dann haben wir im Prinzip wohl noch Glück gehabt.»
    «Im Prinzip ja», antwortet er. «Auch wenn man Reha-Maßnahmen bis Herbst durchaus als Pech betrachten könnte. Ich sollte eigentlich vor der Kamera stehen, aber jetzt heißt es eben erst mal bis auf weiteres ab nach Des Moines.»
    «Vor der Kamera?» Die Nachrichtensendung fällt mir wieder ein, und dann fällt auch der Groschen. Die kurzen Augenblicke kognitiver Klarheit sind völlig unvorhersehbar. Sie kommen und gehen rein zufällig. «Ach ja, stimmt – du bist Schauspieler, oder?»
    «Ja, bin ich», antwortet er.
    «Der große Star oder eher der Typ, der behauptet, Schauspieler zu sein, und in Wirklichkeit kellnert?»
    Er lacht. «Ich war der schlimmste Kellner, den du dir vorstellen kannst. Aber ein paar Jahre lang habe auch ich dazu beigetragen, das Klischee zu erhalten. Aber inzwischen» – er räuspert sich und wirkt auf einmal ein bisschen verlegen – «kann ich ganz gut davon leben. Mein Trinkgeldbecher hat ein für alle Mal ausgedient.» Er zuckt mit den Achseln. «Eine große Fernsehserie. Ein paar Filme.» Mit perfekten Zähnen strahlt er mich an, und ich kann ihn durchblitzen sehen: den

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