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Ein Stueck meines Herzens

Ein Stueck meines Herzens

Titel: Ein Stueck meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
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Fingern durch ihr feuchtes Haar. »Jetzt wach aber mal auf.« (Obwohl er natürlich wach war.) Sie starrte ihn mit aufgeworfenen Lippen an, und er bemühte sich, seine Augen Zentimeter für Zentimeter auf das schräg in den Raum fallende und schmerzende Sonnenlicht zu richten.
    »Ich weiß ein Rätsel«, sagte sie.
    »Ein was?« fragte er und roch die Laken rings um sich.
    »Warum singen die Vögel jeden Morgen, wenn sie wach werden?« Sie lächelte und setzte ihre Zähne genau aufeinander.
    »Was?« fragte er, weil er es nicht richtig verstanden hatte.
    »Weil«, sagte sie, streckte ihren Bauch heraus und lächelte, »sie glücklich sind, noch einen Tag zu leben.« Sie lachte laut auf.
    Und ganz plötzlich veränderte sich ihr Gesichtsausdruck, und sie schaute ihn an, als ob sie ihn noch nie vorher gesehen hätte und nun überrascht wäre, daß er da lag. Und er hatte eine Blässe in ihren Augen gesehen, irgendeine Enttäuschung, die er nicht einschätzen konnte, aber aufsteigen fühlte, als ob irgendein toter Bereich in ihr sich ganz plötzlich offenbart hätte. Er dachte, es wäre die Spur von etwas Verlorenem, etwas Unwiederbringlichem, obwohl das alles war, was er wußte, und er doch fühlte, daß es nicht alles sein konnte.
    Vor einem Jahr kam ein Brief ohne Anschrift, der einen Monat auf der Post lag, bis eine Karte kam und ihn zum letzten Mal aufforderte, ihn abzuholen. Darin hieß es:
    Robard:
    Wir sind jetzt in Tulare. W. W. pitcht. Komm bitte und besuch mich. Ich liebe dich immer noch. Deine Cousine Beuna.
    Nach einem Monat im Postfach roch das Luftpostpapier immer noch intensiv und scharf nach Gardenien, so daß es in seinem Nacken kribbelte, als er daran roch, und er beschloß damals, daß er zu ihr fahren müßte, und wenn es nur darum ging, zu sehen, was ihn dort eigentlich erwartete, und er die passenden Erklärungen auch noch später finden konnte.
    Er hatte neben ihr in der stickigen abendlichen Hitze auf dem Rummelplatz von Tulare gesessen und W. W. zugesehen, der auf dem Ziegelmehl unter den Lichtern einen gemeinen Ball nach dem anderen hinausschoß, den keiner treffen oder auch nur halbwegs sehen konnte, und die letzten sechs Batter gingen zurück zur Bank, ohne überhaupt den Versuch gemacht zu haben, nach dem Ball zu schlagen, so daß das Spiel nach eineinhalb Stunden vorbei war.
    Beuna hatte einen roten Strandanzug an, bedruckt mit laufenden Elefanten, dessen Oberteil ihre Brüste so hochquetschte, daß er Zweifel hatte, ob sie richtig schlucken konnte. Ihr Bauch hatte sich über ihre Shorts hervorgewölbt, und er dachte damals, daß sie nun, nach zwölf Jahren, viel fülliger war, aber reif wie eine Birne im Pfirsichgarten, und fraulich auf eine Weise, wie er sie nie zuvor an irgendeiner Frau gesehen hatte und von der er auch nie angenommen hatte, daß sie überhaupt möglich war. Sie saß neben ihm und preßte langsam ihren nackten Schenkel gegen seinen, bis er allmählich das Gefühl hatte, als geriete er in eine Zentrifuge. Und sie hatte kein einziges Wort gesagt und kein Geräusch gemacht, und für eineinhalb Stunden hatte er dagesessen, als ob eine heiße Strömung in sein Bein eindringe, eine Runde durch seinen Körper drehe und durch seine Finger wieder hinausfließe und all seine Stärke und Widerstandskraft mit sich fortnehme.
    Als sie von ihm abließ, drehte sie ihren Kopf zur Seite, starrte ihn an und fixierte ihn wie den Nordpol auf einem Kompaß.
    »Robard«, sagte sie, und ihre Stimme klang wie eine Luftblase, die aus dem eingeschnürten Innern ihrer Kehle aufstieg. »Ich liebe dich.«
    Die erste Scheinwerferreihe an der Haupttribüne wurde verdunkelt und tauchte sie in ein seltsames nachmittägliches Schattenlicht.
    »In Ordnung«, sagte er und sah über das schmuddelige Spielfeld nach irgendeinem Zeichen von W. W., denn er wußte, daß er schon durch seine bloße Anwesenheit das Unheil heraufbeschwor.
    »Ich bin  so  feucht«, sagte sie. »Mein Gott!« Sie schob ihre Hand in seine Hose und drückte ihn da, bis er einen Ton tief in seiner Kehle spürte, der sich nicht lösen wollte. »Robard?« keuchte sie, hielt ihren Mund ganz dicht an sein Ohr und drückte ihn so fest, wie sie nur konnte. »Liebst du mich?«
    »In Ordnung«, sagte er, unfähig, zu Atem zu kommen.
    »Ist das alles?« fragte sie, und ihre Augen waren böse zusammengekniffen, und ihr Griff lockerte sich, so daß er Zeit fand, zu merken, daß sein Speichel dickflüssig wurde wie Soße.
    »Man tut, was man

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