Ein süßes Abenteuer
Dann nahm Jackson ihn beiseite. „Anscheinend haben Sie sich heute sehr wacker geschlagen.“
„Das sollten Sie nicht überbewerten“, entgegnete Neville. „Ich bin sehr erleichtert, dass ich Henry Latimer nicht töten musste.“
„Zweifellos wird er nun nach Frankreich übersetzen, wie schon viele andere ruinierte Männer vor ihm. Kein großer Verlust, würde ich sagen. Gestatten Sie, dass ich Sie zu Ihrem Fahrzeug begleite?“
„Ich habe keines hier. Lord Burnside wird mich in seiner Kutsche mitnehmen, wie schon auf dem Hinweg.“
„Irrtum. Sehen Sie den Phaeton dort drüben?“
Nie im Leben hätte Neville damit gerechnet, dass seine Kühne Duchess hier auf ihn warten würde. Nun, da Jackson ihn auf sie aufmerksam machte, wirkte ihr Anblick wie Balsam auf seine Seele. Aber warum überraschte es ihn eigentlich, sie hier zu sehen? Schließlich kannte er ihre entschlossene Tatkraft, die ihre Männerkleidung erst richtig unterstrich. Ihre üblichen Gewänder hoben zwar ihre äußere Schönheit hervor, wurden jedoch ihrer Persönlichkeit nicht gerecht.
„Was machst du denn hier?“, erkundigte er sich mit einem schiefen Lächeln. „Woher wusstest du von dem Duell?“
„Das erzähle ich dir später“, antwortete sie, indem sie sein Lächeln erwiderte. „Ich warte auf dich, um dich zu deiner Stadtresidenz zu bringen oder zu deinem Haus in Chelsea. Wohin möchtest du? Mein Stallbursche wird dir seinen Platz überlassen und stattdessen in Jacksons Droschke mitfahren.“
Was blieb Neville anderes übrig, als ihren Vorschlag anzunehmen? Zum Teufel mit den Konventionen, sollten die Klatschbasen doch sagen, was sie wollten! Mit steifen Gliedern, denn die beinahe schlaflose Nacht forderte allmählich ihren Tribut, kletterte er auf seinen Sitz.
„Tu mit mir, was du willst“, murmelte er.
„Worauf du dich verlassen kannst“, bekräftigte sie munter. „Ich halte es für das Beste, wenn ich dich zuerst nach Chelsea fahre und dann sofort nach Hause gehe. Dann besteht noch ein Funken Hoffnung, einen Skandal zu vermeiden.“
Auf der Fahrt brauchte sie gar nicht „aber nein“ oder „Unsinn“ zu sagen, da Neville sich zu erschöpft fühlte, um sich zu unterhalten. Ständig befürchtete sie, er könnte neben ihr einschlafen und gefährlich stürzen. Aber dank seiner hart erarbeiteten Selbstbeherrschung gelang es ihm, sich wach zu halten, bis sie Chelsea erreichten.
Ehe er von dem Phaeton stieg, brach er endlich sein Schweigen: „Latimers Flucht bedeutet, dass du keine Anschläge mehr von ihm zu befürchten hast. Daher werde ich dich morgen besuchen, um dir einen Antrag zu machen, den du unmöglich ablehnen kannst.“
„Tatsächlich, Neville? Glaubst du meine Gefühle so genau zu kennen?“, neckte sie ihn.
„Nein, nur meine eigenen Gefühle“, gab er zurück. „Zuletzt möchte ich dich noch um eines bitten: Lass dich von Lem nach Hause begleiten. Bitte schlag mir diesen Wunsch nicht ab.“
„Einverstanden. Im Augenblick könnte ich dir ohnehin nichts abschlagen. Ich würde dir gerne noch ganz andere Wünsche erfüllen, aber das müssen wir wohl auf später aufschieben.“
Ohne sich darum zu kümmern, ob irgendjemand sie sah, gab er ihr zum Abschied einen zärtlichen Kuss. Dann betrat er sein Haus.
„Sir! Ich wusste, dass Sie gewinnen würden!“, empfing ihn Lem überschäumend vor Freude.
„Nun ja, gewissermaßen. Und jetzt habe ich gleich einen Auftrag für dich. Bitte bring die Duchess nach Medbourne House zurück, damit sie nicht ganz allein durch London fahren muss.“
„Sehr wohl, Sir.“ Glücklich eilte Lem hinaus. Sein Herr hatte ihm versprochen, dass Belinda nach London zurückkehren würde, sobald die Gefahr überstanden war. Bald konnten sie heiraten und gemeinsam für Sir Neville arbeiten.
Bei der Erinnerung an Nevilles Kuss brannte Diana vor Sehnsucht, seine Lippen wieder auf ihrem Mund zu spüren. Voller Ungeduld erwartete sie den kommenden Tag, an dem sie ihn wiedersehen würde.
Leider kam Neville am folgenden Tag nicht persönlich, sondern ließ ihr durch Lem einen Brief überbringen. Darin teilte er ihr mit, er und Jackson seien an diesem Morgen dringend ins Innenministerium gerufen worden. Zuerst wollte Lord Sidmouth persönlich mit ihnen sprechen, und anschließend sollten sie sich noch mit einigen Vertretern des Kabinetts treffen.
Voraussichtlich würde er keine Zeit finden, sie heute wie vereinbart zu besuchen. Daher bat er vielmals um Entschuldigung und versprach
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