Ein Universum aus Nichts - ... und warum da trotzdem etwas ist
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Mehr als 2000 Jahre hindurch ist die Frage, weshalb es statt nichts etwas gibt, als Prüfstein für die Feststellung präsentiert worden, dass unser Universum â dieser riesige Komplex von Sternen, Galaxien, Menschen und wer weià was sonst noch alles â vielleicht ohne Planung, Absicht oder Zweck entstanden ist. Obwohl sie gewöhnlich den philosophischen oder religiösen Fragen zugeordnet wird, ist sie zuerst und vor allem eine Frage zur natürlichen Welt, weshalb der angemessene Ort für ihre Ãberprüfung und Lösung zuerst und vor allem die Naturwissenschaften sind.
Dieses Buch folgt einer einfachen Absicht. Ich möchte zeigen, wie die moderne Naturwissenschaft in unterschiedlichem Gewand die Frage angehen kann und tatsächlich angeht, weshalb es statt nichts überhaupt etwas gibt. Die Antworten, die wir erhalten haben â aus umwerfend schönen experimentellen Beobachtungen wie auch aus Theorien, die einem groÃen Teil der modernen Physik zugrunde liegen â, legen alle nahe, dass es kein Problem darstellt, aus nichts etwas zu erhalten. Tatsächlich ist es für die Entstehung des Universums vielleicht sogar notwendig gewesen, dass etwas aus nichts hervorgegangen ist. Alle Hinweise lassen darauf schlieÃen, dass unser Universum auf diese Weise entstanden sein könnte .
Das Wort »könnte« habe ich hier betont, weil wir möglicherweise nie über genügend empirische Informationen verfügen werden, um diese Frage eindeutig beantworten zu können. Doch die Tatsache, dass ein Universum aus dem Nichts überhaupt plausibel erscheint, ist sicherlich bemerkenswert â zumindest für mich. Ehe ich fortfahre, möchte ich dem Begriff des »Nichts« â ein Thema, das ich später ausführlicher behandeln werde â ein paar Worte widmen. Denn anlässlich der Diskussion dieser Frage in öffentlichen Foren habe ich die Erfahrung gemacht, dass Philosophen und Theologen, die anderer Meinung sind als ich, sich über nichts mehr erregen als über die Feststellung, ich als Wissenschaftler würde das »Nichts« nicht wirklich verstehen. (An dieser Stelle bin ich immer versucht zu erwidern, Theologen seien Fachleute für nichts.)
Sie bestehen darauf, das »Nichts« gehöre nicht zu den Dingen, die ich erörtere. Nichts sei »Nichtsein« in irgendeinem vagen und schlecht definierten Sinn. Das erinnert mich an meine eigenen Bemühungen, »Intelligent Design« zu definieren, als ich anfing, mit Kreationisten zu debattieren; dafür gibt es, wie sich zeigte, keine klare Definition, sondern nur die Aussage, was es nicht ist. »Intelligent Design« ist einfach nur ein Sammelbegriff dafür, dass man gegen die Evolutionslehre ist. In ähnlicher Weise definieren und redefinieren Philosophen das »Nichts« dahingehend, dass es mit keiner der Versionen des Nichts zu tun hat, die von Naturwissenschaftlern derzeit dargestellt werden.
Doch hier liegt meiner Meinung nach der intellektuelle Bankrott eines groÃen Teils der Theologie und eines Teils der modernen Philosophie. Denn »Nichts« ist gewiss in jeder Hinsicht so physikalisch wie »Etwas«, besonders wenn es als »Abwesenheit von Etwas« definiert wird. Dann fällt uns nämlich die Aufgabe zu, exakt zu verstehen, was die physikalische Natur dieser beiden GröÃen genau ausmacht. Und ohne Wissenschaft ist jede Definition nichts weiter als eine Folge von Worten.
Hätte jemand vor einem Jahrhundert das »Nichts« als Bezeichnung für einen vollkommen leeren Raum dargestellt, der keinerlei reale materielle Eigenschaften besitzt, hätte er wohl kaum Widerspruch geerntet. Die Ergebnisse des vergangenen Jahrhunderts haben uns jedoch gelehrt, dass das Vakuum (der leere Raum) in Wahrheit bei Weitem nicht das ungreifbare Nichts ist, für das wir es hielten â ehe wir mehr darüber erfuhren, wie die Natur funktioniert. Inzwischen erzählen mir religiöse Kritiker, ich könne den leeren Raum nicht als Nichts bezeichnen, sondern müsse ihn vielmehr »Quantenvakuum« nennen, um ihn vom idealisierten »Nichts« der Philosophen oder Theologen zu unterscheiden.
Einverstanden. Was aber, wenn wir das »Nichts« dann als Abwesenheit von Raum und Zeit an sich darstellen wollen? Genügt das? Wieder habe ich den Verdacht, es hätte ausgereicht ⦠eine Zeit lang. Doch wir haben, wie ich noch darstellen
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