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Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Richtung zum Rand des Eises gefahren waren, war Gunvald zurückgeblieben, um Funksprüche entgegenzunehmen und auf die Station aufzupassen. Es war nicht das erste Mal, daß alle Expeditionsmitglieder bis auf eins Edgeway verlassen hatten, um draußen ein Experiment durchzuführen, doch bislang war es nie Gunvald gewesen, der allein zurückgeblieben war. Nachdem er wochenlang mit acht Nachbarn, die ihm sehr nah auf die Pelle gerückt waren, in einer winzigen Gemeinschaft gelebt hatte, war er geradezu versessen auf diese Zeit der Einsamkeit gewesen.
    Doch als die Seismographen von Edgeway um sechzehn Uhr das erste Beben registriert hatten, da hatte Gunvald sich gewünscht, die anderen Mitglieder des Teams wären nicht so nah an den Rand des Eises vorgestoßen, wo die polare Eisschicht ins Meer schmolz. Um 16 Uhr 14 hatten Funkberichte aus Reykjavik in Island und Hammerfest in Norwegen die Erdstöße bestätigt. Hundert Kilometer nordöstlich von Raufarhöfn in Island war es zu schweren Verschiebungen gekommen. Die Erschütterung hatte in genau jener Kette von Schluchten stattgefunden, die vor über dreißig Jahren auf Island zerstörerische Vulkanausbrüche ausgelöst hatte. Diesmal hatte es keine Schäden auf Landmassen gegeben, die an die Grönland-See grenzten, obwohl das Beben mit soliden 6,5 auf der Richter-Skala verzeichnet worden war.
    Gunvalds Besorgnis entsprang dem Argwohn, daß das Beben weder ein isolierter Zwischenfall noch das Hauptereignis gewesen war. Er hatte guten Grund zu der Annahme, daß es sich um ein Vorbeben handelte, um den Vorläufer einer viel heftigeren Erschütterung.
    Von Anfang an hatte das Team beabsichtigt, Beben auf dem Boden der Grönlandsee zu studieren, um mehr über örtliche unterseeische Verwerfungslinien zu erfahren. Sie arbeiteten in einem geologisch aktiven Teil der Erde, dem man erst vertrauen konnte, wenn man ihn genau kannte. Wenn eines Tages Dutzende von Schiffen riesige Eisberge durch diese Gewässer schleppen sollten, mußten sie vorher wissen, wie oft die See von großen Meeresbeben und nachfolgenden hohen Wellen erschüttert wurde. Ein Tsunami — eine riesige Welle, die vom Epizentrum eines starken Bebens ausging — konnte sogar ein ziemlich großes Schiff gefährden, wenngleich auch weniger auf offener See als in Küstennähe.
    Eigentlich hätte er sich über die Gelegenheit freuen sollen, aus relativer Nähe die Charakteristiken und Muster größerer Erschütterungen im Verwerfungsnetzwerk der Grönlandsee zu studieren. Aber er freute sich ganz und gar nicht.
    Über eine Ultrakurzwellenverbindung zu Kommunikationssatelliten in der Erdumlaufbahn konnte Gunvald online gehen und sich Zugang zu allen Computern verschaffen, die an das weltweite Infonetz angeschlossen waren. Obwohl er geographisch isoliert war, standen ihm praktisch alle Forschungs-Datenbanken und jede Software zur Verfügung, auf die er auch in jeder beliebigen Stadt hätte zurückgreifen können.
    Gestern hatte er diese beeindruckenden Quellen angezapft, um die seismographischen Daten des jüngsten Erdbebens zu analysieren. Was er herausgefunden hatte, rief Unbehagen in ihm hervor.
    Die gewaltige Energie des Bebens war weniger von lateralen Bewegungen des Meeresbodens als von einem gewaltigen aufwärts gerichteten Stoß freigesetzt worden. Das war genau die Art von Bodenbewegung, die die miteinander verbundenen Spalten und Verwerfungen, die östlich derjenigen lagen, in der es zum ersten Ereignis gekommen war, der größten Belastung aussetzen würde.
    Die Station Edgeway selbst befand sich nicht in unmittelbarer Gefahr. Sollte es in der Nähe zu größeren Bewegungen des Meeresbodens kommen, würde vielleicht ein Tsunami unter der Eisschicht entlangrollen und einige Veränderungen beschleunigen: In erster Linie würden sich neue Risse und Druckaufwerfungen bilden. Wenn das Beben mit unterseeischen vulkanischen Aktivitäten zusammenhing, bei denen Millionen von Tonnen geschmolzener Lava aus dem Meeresboden strömten, würden sich durch das kurzzeitig erhitzte Wasser vielleicht sogar Löcher in der Eisschicht bilden. Aber der Großteil des Polargebietes würde unverändert bleiben, und die Wahrscheinlichkeit, daß das Basislager beschädigt oder vernichtet werden würde, war gering.
    Die anderen Expeditionsmitglieder jedoch konnten sich ihrer Sicherheit nicht so gewiß sein wie Gunvald. Ein heißer Tsunami würde nicht nur Druckaufwerfungen und Risse entstehen lassen, sondern wahrscheinlich auch Teile

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