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Enders

Enders

Titel: Enders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lissa Price
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ich.
    »Können wir uns nicht zum Lunch treffen?«, schlug Tyler vor. »Nach dem Schuhekaufen?«
    Er nahm Michaels Hand und lächelte mich an.
    Ich schob den Riemen des Beutels mit den Sandwiches höher, als ich den Seiteneingang des verlassenen Bürohauses aufschob, in dem Michael und Tyler – und Florina – Unterschlupf gefunden hatten, während ich meinen Vertrag bei Prime erfüllt hatte. Ich betrat die Eingangshalle und sah den leeren Empfangsschalter. Mein Herz klopfte schneller. Ich hielt den Atem an und horchte angespannt. Das Gebäude war mir vertraut, aber Dinge ändern sich. Wer konnte schon wissen, welche Starters jetzt hier lebten?
    Ich trat an den Empfangsschalter und vergewisserte mich, dass niemand dahinter auf der Lauer lag. Alles im grünen Bereich. Ich stellte den Sack auf der Schreibtischplatte ab und zog den Reißverschluss auf. Als ich den Tresen mit meinem Geschirrtuch abwischte, hörte ich rasche Schritte hinter mir. Noch ehe ich das Essen auspacken konnte, huschte eine Gestalt an mir vorbei und schnappte sich den ganzen Beutel.
    Ein Starter, klein und mager.
    »Hey!«, rief ich.
    Er rannte zum Ausgang. Ein paar Sandwiches rutschten aus dem Beutel und fielen zu Boden.
    »Das war für euch alle!«, schrie ich ihm nach.
    Er preschte durch die Tür. Mir war klar, dass ich ihn nicht einholen würde.
    Ich lief hinter dem Schreibtisch hervor und bückte mich, um die verstreuten Sandwiches wieder einzusammeln. Im nächsten Moment trat mir jemand auf die Hand.
    »Weg da!« Das Mädchen war vielleicht ein Jahr älter als ich und mit einer Holzplanke bewaffnet, aus der spitze Nägel ragten.
    Sie schwenkte das Ding bedrohlich vor meinem Gesicht hin und her. Ich nickte und zog die Finger mit einem Ruck zurück, als sie meine Hand wieder freigab.
    »Nimm es«, sagte ich und deutete mit dem Kinn auf das platt gestampfte Sandwich.
    Sie riss es an sich, genau so wie die beiden anderen eingewickelten Päckchen, die noch auf dem Boden lagen. Dann biss sie die Folie durch und begann die Brote in sich hineinzuschlingen, keuchend und schmatzend wie ein wildes Tier. Sie war mager, und ihr kurzes Haar starrte vor Dreck. Dabei hatte sie vor vierzehn Monaten vermutlich noch in gutbürgerlichen Verhältnissen gelebt. Genau wie ich.
    Ich hatte den gleichen Hunger durchgemacht wie sie, aber nie war jemand in meinen Unterschlupf gekommen, um mir freiwillig Essen anzubieten. Jetzt erst verstand ich den Grund dafür. Unsere Welten waren zu verschieden.
    Sie schluckte. »He, sag mal.« Sie kam näher und berührte meine Haare. »So sauber.« Dann starrte sie mir prüfend ins Gesicht. »Makellos. Du gehörst zu den Metallos, stimmt’s?«
    »Zu den was?«
    »Metallos. Starters, die bei der Body Bank als Spender angeheuert hatten. Na ja, du weißt schon. Weil sie diesen Chip im Kopf rumtragen.« Sie grub ihre Zähne wieder tief in das Sandwich. Diesmal schob sie wenigstens die Folie zurück. »Wie fühlt sich das denn an?« Sie lief um mich herum und starrte meinen Hinterkopf an.
    Ich trug die einfachsten Klamotten, die ich im Kleiderschrank von Helenas Enkelin gefunden hatte. Aber meine glatte Haut, das glänzende Haar und die perfekten Gesichtszüge ließen sich nicht verbergen. Die Welt erkannte auf den ersten Blick, dass ich eine Art Chip-Sklavin war.
    »Als wäre ich das Eigentum eines anderen«, erwiderte ich.
    Da ich mit leeren Händen dastand, noch bevor ich dazu kam, die Sandwiches zu verteilen, konnte ich meine Mission nur als Fehlschlag bezeichnen. Ich hätte auf Michael hören und nicht allein gehen sollen. Schließlich kannte ich die erste Regel der Straße. Niemals die Tasche loslassen! Ich hatte gerade mal zwei Starters mit Essen versorgt. Und die waren davongerannt, ohne sich zu bedanken.
    Der Glitzerglanz des Einkaufszentrums bot einen krassen Gegensatz zur brutalen, gesetzlosen Welt der Hausbesetzer. Ender-Wachtposten standen vor den Geschäften und musterten mit Stahlblicken jeden Starter, der sich in ihre Nähe wagte. Einer erspähte ein paar Gammeltypen mit ungewaschenen Gesichtern und fleckigen Jeans, die ihren Status als minderjährige Waisen nicht verleugnen konnten. Er winkte den Sicherheitsdienst herbei, der die Jungs unsanft zum Ausgang eskortierte.
    Diese Mall war bereits als Treffpunkt der Schickeria bekannt gewesen, bevor die Sporenkriege die Kluft zwischen Reich und Arm vertieft hatten. Zwar traf es nicht zu, dass ausnahmslos alle Enders wohlhabend waren und alle Starters auf der Straße lebten,

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