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Entfuhrt

Entfuhrt

Titel: Entfuhrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Koppel Hans
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1. KAPITEL
    Sie hatte geschrieben, sie möge Waldspaziergänge und gemütliche Abende zu Hause. Sie suche jemanden mit Humor. Das war doch ein Witz, die Parodie auf den farblosesten Menschen, den die Welt je gesehen hatte. Außerdem garnierte sie ihre Mails mit Smileys. Keine Zeile ohne ein gelbes Gesicht.
    Sie hatten am Vorabend telefoniert und sich im Gondolen verabredet.
    Sie klang älter als 32, fand Anders. Er hatte gescherzt, ob sie vielleicht ein altes Foto ins Netz gestellt habe, das etliche Jahre und Kilos früher aufgenommen worden sei. Da hatte sie ihm ein neues Foto gemailt, kurz vorm Zubettgehen mit dem Handy am ausgestreckten Arm aufgenommen.
    Anders betrachtete das Foto und dachte, dass sie seinetwegen wie hundert klingen und dumm wie Stroh sein konnte, das kümmerte ihn herzlich wenig.
    Ein Drink war ideal. In der Regel genügte eine halbe Minute, um zu entscheiden, ob es die Mühe wert war oder nicht. Ein Essen hatte fast schon was Masochistisches. Stundenlang dasitzen und leiden, während einem
das Lächeln auf den Lippen gefror. Nur das nicht! Alle mit etwas Routine trafen sich in einer Bar. Fiel das Ergebnis positiv aus, konnte man weitersehen.
    Es war Punkt halb sieben, und Anders spähte in die Dunkelheit über Skeppsholmen hinweg Richtung Djurgården.
    Wo ist der Haken?, überlegte er. Die affektierte Dummheit konnte es nicht sein. Nicht bei diesen Formen. Eine schrille Lache vielleicht, die einem durch Mark und Bein ging? Mundgeruch wie ein alter Hund? Oder war sie frigide?
    Nein, nein, stille Wasser …, redete er sich ein.
    Sein Handy vibrierte, er ging dran.
    »Hallo«, sagte sie. »Ich bin’s. Entschuldige, dass ich mich nicht eher gemeldet habe. Ich habe den ganzen Nachmittag in der Notaufnahme verbracht.«
    »Notaufnahme? Alles in Ordnung mit dir?«
    Anders Egerbladh lobte sich im Stillen für seine gespielte Anteilnahme. Das nannte er Geistesgegenwart. Dabei interessierte ihn natürlich als Allererstes, ob der Vorfall seine Chancen beeinträchtigte, mit ihr intim zu werden.
    »Ich bin auf der Treppe gestolpert und habe mir den Fuß verstaucht«, sagte sie. »Zuerst dachte ich, er sei gebrochen, ich konnte kaum noch auftreten …«
    »Du Ärmste …«
    Anders trank vorsichtig von seinem Bier und schluckte ganz leise, um nicht uninteressiert zu wirken.
    »So schlimm ist es nicht. Ich habe Krücken und einen Stützverband. Aber zum Gondolen zu hinken wäre mühsam.
Vielleicht magst du zu mir kommen? Ich habe eine Flasche Weißwein kalt gestellt.«
    »Klingt super«, sagte Anders, »gerne. Wenn es dir nicht zu viele Umstände macht? Wir können es auch auf ein andermal verschieben, falls du nicht in Stimmung bist.«
    Er war wirklich ein Genie!
    »Das macht wirklich keine Umstände«, versicherte sie. »Nach fünf Stunden in der Notaufnahme kann ich etwas Ablenkung gebrauchen.«
    »Hast du schon gegessen?«, fragte Anders. »Ich könnte was mitbringen.«
    Albert fucking Einstein!
    »Das ist nett von dir, aber nicht nötig. Mein Kühlschrank ist voll.«
    Sie nannte ihm die Adresse und beschrieb ihm in wenigen Worten den Weg. Anders prägte sich alles ein und beschloss, unten auf dem Platz einen Strauß Blumen zu kaufen. Er hatte es nie ganz verstanden, aber das funktionierte immer. Blumen und Champagner.
    Letzteren würde er sich für das nächste Mal aufheben.
    Er kaufte ein paar langstielige bunte Blumen und im Zeitschriftenladen eine Schachtel Kinderpflaster. Als originelles Mitbringsel. Er spürte, dass dies ein kluger Schachzug war.
    Er ging beschwingt den Katarinavägen hinauf, bog wie angewiesen in die Fjällgatan ein und ging dort auf dem rechten Bürgersteig bis zur Sista Styverns Trappa, der Holztreppe, die die Fjällgatan und die darüberliegende Stigbergsgatan miteinander verband.

    Dem Auto, das auf der Straße parkte, schenkte er nicht weiter Beachtung. Er konnte ja auch nicht wissen, dass die Frau am Steuer jene Frau war, mit der er eben telefoniert hatte und die jetzt ihren Mann anrief und ihm mitteilte, es wäre so weit.
    Anders ging die Treppe zwischen den pietätvoll renovierten Holzhäusern hinauf. Er stellte sich vor, wie er mit zarter Hand, den Kopf mitfühlend zur Seite geneigt, den geschwollenen Fuß der Frau untersuchen, wie er ihr ihre verspannten Schultern massieren und ihr verständnisvoll und einfühlend zuhören würde. Fünf Stunden habe sie warten müssen? Das schwedische Gesundheitswesen war wirklich unter aller Kritik.
    Anders wusste nicht, dass die

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