Erfolg
seinem Museum und seiner Elektrizität, und man hörte nichts von ihm. Die beiden Männer hatten wenig gemein. Aber dies hatten sie gemein: beide hatten sie Macht in den Händen, beide liebten sie ihr Land Bayern, und beide wußten sie, daß diese deutsche Provinz Bayern mit ihren Menschen und ihrem Vieh, mit ihren Dörfern und ihrer Stadt, mit Wald und Feld und allem darin und darauf bestimmt war, sich von Grund auf zu verwandeln, und das in kurzer Frist. Die Ökonomie des Reichs, die Ökonomie des Erdteils verlangte es. Der Reindl wie der Grueber liebten an ihrem Land das Bäurische; aber sollten sie zusehen, wie Männer von außen kamen, der Provinz die notwendige Industrie aufzudrängen? Ehe sie einen Zugereisten heranließen, förderten sie selber die unaufhaltbare Entwicklung.So werkten sie beide, Bayern von innen her zu industrialisieren, der Reindl mit seinen Autos, der Grueber mit seiner Elektrizität.
Der Reindl also, wie er das Telegramm des Amerikaners erhielt, telefonierte mit Herrn von Grueber. Er war zu klug, sich nicht einzugestehen, daß der Grueber zumindest nicht weniger zuweg gebracht hatte als er. Denn wichtiger als die Motorisierung des Landes war seine Elektrifizierung; sie machte Bayern unabhängig von der Kohle des übrigen Deutschlands, hob es hinauf in die Reihe der wirtschaftlich viel weiter entwickelten Provinzen. Herr von Grueber hatte da sehr viel erreicht. Dem oberflächlichen Blick schien Bayern steckengeblieben in einer zweitrangigen Landwirtschaft. Doch der experimentierlustige Amerikaner war der Mann, zu erkennen, wieviel Möglichkeiten noch in diesem Stück Mitteleuropa lagen. Halbwegs Geglücktes freilich mußte man ihm zeigen; das konnte ihn reizen. Der Reindl war ein zu guter Bayer, um die große Chance, die der Besuch des Mammuts bot, durch Umgehung des Grueber zu gefährden.
Der Reindl aß mit dem Dreißigjahrdanny zu Mittag. Sie saßen in Pfaundlers Restaurant, der schlotterig angezogene, großzahnige Herr und der fleischige, blasse. Sie waren vergnügt, aßen reichlich, tranken, lachten. Man wußte in der Stadt München nicht viel von wirtschaftlichen Dingen. Der eine oder andere erkannte vielleicht in dem großzahnigen Mann einen Amerikaner. Aber hätte jemand behauptet, der unscheinbare Herr in der Gesellschaft des Fünften Evangelisten habe in das Schicksal der Stadt München mehr dreinzureden als etwa Rupert Kutzner, so hätte die ganze Stadt über einen solchen spinnerten Tropf schallend gelacht.
Die beiden Männer frischten Erinnerungen auf. Sie waren, das war lange her, viel zusammen gereist. Einmal hatten sie einen guten Monat verbracht auf dem Meer, eine Woche hindurch hatten sie bei einer Fiesta in Sevilla ein gemeinsames Zelt gehabt. Jetzt hatten sie sich lange nicht gesehen. Der Dreißigjahrdanny dachte, daß der Reindl verdammt fett seiund keineswegs die Augenweide mehr, die er früher war. Der Reindl dachte, seinerzeit sei dieser Potter ein Mensch gewesen mit Sonderzügen und ein guter Spezi. Jetzt sei er der typische Dollarscheißer geworden.
Als aber dann der Reindl mit dem Grueber und dem Mammut durch das Land fuhr, als sie ihm die Äcker zeigten und die netten Häuser und die langsamen Menschen und die Schönheit der Berge und die Kraft der Gewässer, da ergab sich, daß der Dreißigjahrdanny doch seine Sonderzüge hatte. Er machte sich ruhig seine Notizen. Er ließ oft das Auto halten, wo die beiden bayrischen Herren durchaus nichts Bemerkenswertes entdeckten. Er schwatzte ziemlich viel und hielt nicht zurück mit seiner Meinung. Er sah gut, was sie ihm zeigten, und noch besser, was sie ihm verstecken wollten. Er sprach auch mit den Menschen des Landes, und wenn er nicht verstand, dann fragte er ein zweites und ein drittes Mal. Er war ein kluger Mann; der Reindl und der Grueber hätten gerne seine Notizen gesehen und noch lieber seine Gedanken dazu. Das Üble war, man konnte gegen seine Ehrlichkeit nicht aufkommen. Wenn man ihn fragte, dann gab er bereitwillige, aufrichtige Auskunft. Was er sagte, war sicher das, was er wirklich dachte; aber sicher auch verschwieg er vieles, was er dachte. Zuletzt gab es der Reindl auf, irgendwelche Politik zu treiben, und beschränkte sich, das Land zu genießen. Es war gegen Mittag, und er bekam Hunger. Er ließ den Wagen halten vor einem dürftigen Dorfwirtshaus. Herr von Grueber wunderte sich. Der Fünfte Evangelist bestand darauf, daß man hier essen solle. Er hatte nämlich gesehen, daß darin ein Fuhrknecht
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