Erinnert
raus! Wir wissen das ihr da seid“, ruft einer der Vollstrecker. Ein anderer schießt blind drauf los, ohne uns, ohne Neo zu treffen.
Es ist ohrenbetäubend laut. Meine Trommelfelle drohen zu zerspringen. Verdammt, ich fürchte mich.
Plötzlich ist Hope verschwunden. Dann entdecke ich sie wieder, direkt neben mir, kann sie aber kaum noch erkennen.
Ich will sie an ihrem Arm festhalten, erahne was sie vorhat, aber ich komme zu spät. Wie eine schwarze Katze verschwindet sie in den Schatten. Ihre Tattoos leuchten nicht. Noch nicht, denke ich.
Adam und mein Blick treffen sich, und ich kann in seinen Augen lesen. Er greift meine Hand und als wäre es das Normalste auf der Welt, verflechten sich unsere Finger ineinander.
„Das ist nicht das Ende“, flüstere ich und Adam nickt. Dann lässt er mich los und entsichert seine Waffe. Wir sind bereit.
Plötzlich schreit ein Vollstrecker. Wieder Schüsse und im nächsten Augenblick ist es totenstill.
„Raus hier!“, ruft Hope und wir verlieren keine Zeit auf sie zu hören.
„Halt! Was ist mit Neo?“
„Neo?“, fragt Hope verwirrt.
„Geht schon vor, ich hole ihn“, sagt Adam.
Am Eingang zum Technikraum liegen vier Vollstrecker. Ich sehe kein Blut, kann nicht sagen, ob sie nur bewusstlos oder vielleicht doch tot sind. Ich will Hope später fragen. Adam macht sich hinter uns an dem Gitter zu schaffen, während Hope und ich schon in den Tunnel schlüpfen.
Wir treffen unterwegs auf keine Vollstrecker, Feinde und dann irgendwann hocken wir am Ausgang, vor einer Welt voller Lügen.
„Ich gehe zuerst raus und schaue ob die Luft rein ist. Vielleicht war das nur eine Patrouille, die uns zufällig aufgespürt hat.“
Ich spüre, dass das nicht die Wahrheit ist.
„Warte hier bis Adam da ist!“, sagt Hope und dann ist sie schon auf dem Dach und in der Nacht verschwunden.
Mein Herz rast wie verrückt.
„Ist alles okay?“, frage ich Adam, der kurz darauf mit Neo ankommt.
„Geht schon“, sagt er, aber ich spüre, dass etwas nicht stimmt.
Ich spüre so viel, als stünden meine Sinne unter Drogen.
Dann sehe ich das Blut auf seinem Handrücken.
„Du bist verletzt!“
„Das ist nur ein Kratzer.“
„Zeig her.“ Ich schnappe mir seinen Arm und rolle das Hemd hoch. Ich entdecke ein klaffendes Loch im Oberarm.
„Das sieht böse aus. Ich muss sofort die Blutung stoppen“, höre ich mich sagen, obwohl ich keine Ahnung habe, wie ich das anstellen soll. Ich reiße ein großes Stück Stoff aus meinem Shirt und drücke es auf die Stelle, dort wo so viel Blut herausströmt. „Hier drück das drauf.“
Neo schaut einfach nur zu und sagt keinen Ton.
Dann überfordern mich für einen Moment die vielen Reize, die in meinen Schädel einschlagen wie Raketen. Ich reiße meinen Kopf herum. Ich sehe sie, bevor ich sie höre. Ein greller Blitz durchschneidet die Dunkelheit, verbrennt Erde. Noch einer. Es sind Drohnen und sie jagen Hope! Auf dem Dach des riesigen Gebäudes.
„Hope!“
Ich will zu ihr, aber Adam hält mich zurück. Ich könnte seinen Arm ausreißen, wenn ich wollte.
Wieder ein Blitz, noch einer. Ich sehe Hope dort draußen, wie sie nur knapp verfehlt wird, wie sie um ihr Leben rennt. Zwei Drohnen verfolgen sie, aber sie wird es schaffen. Sie ist flink, schnell, listig.
Plötzlich taucht noch eine Drohne auf. Sie fliegt direkt über Adam und mich hinweg. Schneidet Hope den Fluchtweg, den Weg zurück zu uns ab. Wieder zucken Blitze durch die Dunkelheit. Die Nacht steht in Flammen. Das war knapp. Viel zu knapp.
„Adam, ich muss da jetzt raus. Sie wird das nicht alleine schaffen. Drei Drohnen sind zu viel, selbst für Hope. Drück das weiter auf die Wunde!“
„Freija, ich...“
„Lass mich bitte gehen. Ich. Muss. Hope. Helfen.“ Adam lässt meinen Arm los und sofort bin ich draußen, rase überirdisch schnell auf Hope zu. Ich bin wie ein Leuchtfeuer in der Nacht, so hell strahlt meine Haut. Sofort explodiert die Luft neben mir, aber ich habe den Blitz kommen sehen und weiche nach rechts aus ohne mein Tempo zu verlangsamen. Es ist etwas anderes gegen Drohnen zu kämpfen als gegen Bestien. Ich renne auf Hope zu und sie auf mich und gleich krachen wir aufeinander wie zwei Güterzüge, aber wir verstehen uns blind.
Eine der Drohnen hinter Hope sinkt, geht in einen Tiefflug. Ich kann nicht beschreiben, wie wir uns in diesem Bruchteil einer Sekunde verständigen. Es passiert einfach. Ohne Worte. Wir kommunizieren auf einer anderen Ebene miteinander.
Weitere Kostenlose Bücher