EXCESS - Verschwörung zur Weltregierung
Norden von Texas das Wort ›Excess‹ zwischen anderen Schnipseln hervorblitzen. Nach Sinshys Geständnis war die Kollage sofort auseinander genommen worden. Zum Vorschein kam das Diagramm des Größenwahns.
Alle vier blickten ungläubig und kopfschüttelnd auf das Stück Papier.
»Er ist wirklich verrückt«, kommentierte Adams.
»Das würde uns niemand glauben«, erwiderte Rubinstein.
»Ich kann doch sicher eine Kopie haben? Sie würde sich gut machen als Poster in meinem Büro«, fragte Isler.
»Wir werden es veröffentlichen.« Adams nickte.
»Das ist der Zettel, den ich im Frühling letzten Jahres in der Innentasche seines Jacketts gefunden habe«, bestätigte Rachel nachdenklich.
Isler erzählte von seiner Begegnung mit Sinshy im Rosengewächshaus, von der vergeblichen Suche in der Kapelle, wo er Papstgewand inklusive Pileulus entdeckt hatte (allerdings keine roten Schuhe), von den Andeutungen Rachels und von der Festnahme durch das FBI.
»Darüber werden wir heute Abend ausführlich sprechen. Sie beide sind natürlich meine Gäste.«
»Sie meinen ...?«, fragte Rachel verdutzt.
»Natürlich. Es ist alles für Sie vorbereitet. Sie werden sehen, das Weiße Haus kann es mit den besten Hotels der Welt aufnehmen. Wir haben eine umfangreiche Bibliothek, einen Spa-Bereich und einen der besten Köche des Landes. Ich finde, Sie sollten es sich jetzt richtig gut gehen lassen! Und David, mein Geheimdienst teilt mir mit, Ihre Familie befinde sich bereits auf dem Weg in die USA. Ich freue mich sehr, sie in einigen Stunden kennen zu lernen.« Sie seufzte. »Meine Familie ist auch schon unterwegs.«
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In den Tagen vor der Wahl
Jacques Maître legte ein umfassendes Geständnis ab. Er habe Excess als die historische Chance gesehen, die Geschichte der USA zu ihrem logischen Ende zu bringen. Zwar bedauere er, dass über eintausendfünfhundert Menschen ihr Leben verloren hatten. Allerdings seien Entwicklungen von historischer Tragweite immer mit Blutvergießen verbunden. Maître schilderte, wie er selbst den Sprengstoff im Einsatzraum der STOG gelegt hatte, um alle Zeugen der Operation Cosmoculus auszuschalten. Er bemerkte außerdem, dass es ihm gelungen sei, kurzfristig ein Attentat auf den ehemaligen Verteidigungsminister Jackson zu organisieren, um den Eindruck der Texaner zu verstärken, Washington spreche nur die Sprache der Gewalt. Normale Menschen seien wahrscheinlich nicht in der Lage, seine Überlegungen nachzuvollziehen. Aber normale Menschen hätten auch noch nie Geschichte geschrieben.
Art Sinshy gestand nicht ohne Stolz, geistiger Urheber der Operation gewesen zu sein, nachdem ein Bundesrichter ihm Hafterleichterungen in Aussicht gestellt hatte: Sinshy würde zu lebenslangem Hausarrest in einer seit vierzig Jahren nicht mehr renovierten Zweieinhalbzimmerwohnung in Alabama verurteilt werden. Außerdem müsse er eine Milliarde Dollar an den Bundesstaat Texas, eine Milliarde an die Angehörigen der Opfer von Sandrock und einhundert Millionen an eine zu gründende Stiftung für politische Aufklärung zahlen. Der Rest seines Vermögens und alle Sachwerte sollten in die Staatskasse fließen. Sinshy bedauerte, dass die Präsidentin und viele andere die historische Chance verspielt hätten, eine neue Weltordnung zu schaffen. Er sei überzeugt, dass die Geschichte ihm Recht geben werde. Fassungslos schüttelte der Richter den Kopf, als Sinshy seine Sicht der Situation in einem Satz zusammenfasste. »Ein großer Moment traf auf kleine Leute.«
Texas-Times-Chefredakteur Luce Brencis gab zu, dass sowohl die Potgate-Kampagne gegen Präsidentin Adams als auch die Berichte über den Hergang der Katastrophe von Sandrock reine Erfindung waren. Trotzdem habe er geglaubt, das Richtige zu tun; die USA in ihrer jetzigen Form seien nicht überlebensfähig. Er habe sich als Sterbehelfer gesehen. Es sei aber erst zwei Wochen vor der Wahl gewesen, als ihm TFP-Spitzenkandidat Clark das Amt des Informationsministers der Republik Texas in Aussicht gestellt habe. Dieser Karrieresprung sei nicht die Motivation seines Handelns gewesen. Dass es der langfristige Plan gewesen sei, eine Weltregierung zu schaffen, sei ihm nicht bewusst gewesen. Er bedaure zwar den Tod so vieler Menschen, sei aber trotzdem stolz auf seine erfolgreiche Arbeit als Chefredakteur der Texas Times. Sie habe gezeigt, dass er zu den fähigsten Journalisten des Landes gehöre.
Juan ›Gonzo‹
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