Exodus
fahren, in das Dom-Hotel. Sie hat dort ein Zimmer für Sie bestellt.«
»Danke, mein Engel. Wo bekomme ich ein Taxi nach Kyrenia?« »Ich werde Ihnen einen Wagen besorgen, Sir. Es wird einen Augenblick dauern.«
»Kann ich hier irgendwo eine Coffein-Transfusion bekommen?«
»Ja, Sir. Die Kaffeebar befindet sich dort drüben am Ende der Halle.«
Mark lehnte an der Theke und nahm einen kleinen Schluck von dem heißen schwarzen Kaffee. Willkommen hier in Zypern — er kam einfach nicht darauf, wie das vollständige Zitat hieß.
»Tatsächlich!« sagte eine dröhnende Stimme neben ihm. »Sie waren mir schon im Flugzeug so bekannt vorgekommen. Sie sind Mark Parker, stimmt's? Ich wette, Sie wissen nicht mehr, wer ich bin.« Zutreffendes bitte unterstreichen, dachte Mark. Kennengelernt in: Rom, Paris, London, Madrid; und zwar an der Theke bei: Charley, Romeo, Alfonso, Jacques. Ich berichtete damals gerade über: Krieg, Revolution, Unruhen. An dem betreffenden Abend hatte ich mir: eine Blonde, Braune, Rothaarige (oder vielleicht war es auch die mit den zwei Köpfen).
Der Mann stand jetzt unmittelbar vor Mark und war vor Begeisterung kaum noch zu halten. »Na hören Sie, ich bin doch der Mann, der damals den Martini bestellte, als der Mixer keine Oliven hatte. Na, fällt's Ihnen jetzt wieder ein?« Mark seufzte, trank einen Schluck Kaffee und wartete auf den nächsten Ausbruch — »Ich weiß, das bekommen Sie dauernd zu hören, aber ich freue mich wirklich jedesmal, wenn ich Ihre Sachen in der Zeitung lese. Was machen Sie denn hier in Zypern?« Der Mann zwinkerte Mark zu und stieß ihm den Daumen in die Rippen. »Bestimmt wieder irgend so 'ne ganz kitzlige Sache. Aber wollen wir uns nicht mal irgendwo treffen und einen trinken? Ich wohne in Nikosia im Palast-Hotel.« Er drückte Mark eine Visitenkarte in die Hand. »Ich hab' hier außerdem so ein paar Beziehungen«, sagte er und blinzelte erneut.
»Verzeihung, Mr. Parker — Ihr Wagen ist da.«
Mark stellte die Tasse auf die Theke. »War nett, Sie mal wiederzusehen«, sagte er und ging rasch hinaus. Am Ausgang warf er die Visitenkarte in einen Papierkorb.
Das Taxi fuhr los. Mark lehnte sich zurück und schloß für einen Augenblick die Augen. Er war froh, daß Kitty nicht zum Flugplatz gekommen war. Es war so lange her, und jetzt gab es so viel zu berichten, sich an so vieles zu erinnern. Er fühlte, wie bei dem Gedanken an das Wiedersehen mit ihr eine Welle der Erregung in ihm aufstieg. Kitty — schöne, wunderschöne Kitty. Als das Taxi durch das Tor am Ende des Flughafengeländes fuhr, war Mark tief in Gedanken versunken.
Ja, Kitty. Sie war auch so ein typisch amerikanisches Produkt. Kitty war das sprichwörtliche »Mädchen von nebenan«, das häßliche junge Entlein, wie es im Buche steht. Sie entsprach genau der Klischeevorstellung von der ungebärdigen Range mit abstehenden Zöpfen, Sommersprossen und Zahnklammern; und ganz diesem Klischee entsprechend kamen die Klammern eines Tages herunter, auf die Lippen kam Rouge, der Pullover bekam Ausbuchtungen, und aus dem häßlichen jungen Entlein war ein wunderschöner Schwan geworden. Mark mußte lächeln, als er daran dachte — sie war so schön damals, so frisch und klar.
Und Tom. Tom Fremont war ein ebensolches amerikanisches Erzeugnis. Er war der gut gewachsene, gut aussehende Bursche mit dem jungenhaften Lächeln, der hundert Meter in knapp zehn Sekunden lief, beim Basketball aus zehn Meter Entfernung in den Korb traf und einen Ford-A mit verbundenen Augen zusammenbauen konnte. Tom Fremont war Marks bester Freund gewesen, schon immer, solange Mark zurückdenken konnte. Wir müssen schon miteinander befreundet gewesen sein, als wir entwöhnt wurden, dachte Mark.
Tom und Kitty — der typisch amerikanische Boy, das typisch amerikanische Girl, und der typisch amerikanische Mittlere Westen von Indiana. Ja, Tom und Kitty paßten zueinander wie Regen und Frühling.
Kitty war immer ein stilles Mädchen gewesen, sehr nachdenklich, mit einem leisen Schimmer von Trauer im Blick. Vielleicht war es nur Mark, der diese Trauer wahrnahm, denn für alle Menschen ihrer Umgebung war sie die personifizierte Heiterkeit. Sie hielt das Steuer stets mit beiden Händen fest, fand immer das richtige Wort, tat immer das Richtige und war voll freundlicher Teilnahme. Und doch war in ihr diese heimliche Trauer. Wenn es auch sonst niemand bemerkte, Mark sah es.
Mark fragte sich oft, was sie ihm so begehrenswert erscheinen ließ:
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