Fischland-Rache
dir gutzumachen, was Sascha und ich getan hatten â und versagt.«
Mirko liefen die Tränen übers Gesicht, er schüttelte den Kopf. »Ich hab auch keine sonderlich gute Figur gemacht.«
»Du ⦠bist schon richtig«, sagte Peters. Er schloss kurz die Augen und kehrte gedanklich zum Ausgangspunkt zurück. »Ich bin ⦠in der Nacht zum Hohen Ufer. Ich wusste ja ⦠Inga wollte ⦠sich da mit Sascha treffen. Ich wusste aber nicht, ob ⦠Mirko nur ⦠die Waffe besorgen sollte oder ⦠auch da ⦠sein würde. Ich war ⦠erleichtert, als er ⦠nicht auftauchte.« Er sah zu Inga, die daraufhin das Wort ergriff.
»Mirko hat wirklich nichts getan, Herr Peters. An dem Abend, an dem er die Waffe hätte besorgen sollen und sich weigerte, habe ich ohne sein Wissen den Schlüssel zu Jungs Haus genommen und bin aus dem Restaurant rüber in die LindenstraÃe gelaufen. Ich hatte mich über Jung ein bisschen schlaugemacht, wusste, was wichtig in seinem Leben war, und konnte nur hoffen, dass mir das in Bezug auf das Zahlenschloss am Waffenschrank weiterhelfen würde. Der fünfte Versuch klappte.« Sie hob leicht den Kopf und sah kurz auch Paul an. »Da stand ich nun also mit der Waffe am Hohen Ufer und wartete auf Sascha. Als er kam ⦠Sie sagten vorhin, Herr Peters, er habe euphorisch gewirkt, ja, das stimmt, und ich wurde misstrauisch, bekam Angst, dass er ahnte, was das Treffen in Wirklichkeit bedeuten sollte. Angst, dass er nicht allein kommen, sondern jemand uns beobachten, im kritischen Augenblick eingreifen und ihn raushauen würde â und dass ich es dann wäre, die in die Mündung einer Pistole sieht. Ich hatte aber nur diese eine Chance, und ich musste sie nutzen. Allerdings hatte er mich anscheinend gar nicht ernst genommen. Er fragte sichtlich amüsiert und als wisse er die Antwort längst: âºIna, meine Liebe, was glaubst du eigentlich, was du hier tust?â¹ Ich zog die Waffe, und alles brach aus mir heraus â wie sehr ich ihn hasste und verachtete und dass er endlich bekommen würde, was er verdiente. Er blieb einfach stehen und rührte sich nicht.« Inga war noch immer ihr Erstaunen darüber anzusehen, sie schaute an Peters vorbei und schwieg.
»Sascha lächelte sie an«, fuhr Ralf Peters flüsternd fort. »Er war so ⦠arrogant, als würde ⦠alles von ihm abprallen, was Inga gerade ⦠gesagt hatte.«
Ralf erzählte langsam, quälend langsam weiter. Das, was in jener Nacht geschehen war, erschien seltsamerweise gerade dadurch mit einem Mal überaus gegenwärtig, obwohl es längst der Vergangenheit angehörte.
»Was ist, Ina, worauf wartest du?«, wollte Sascha wissen. »Hast du Angst? Ist ganz leicht, jemanden umzubringen.«
»Sprichst du aus eigener Erfahrung?«, gab Inga sarkastisch zurück. »Sollte mich nicht wundern, wenn du selbst mal den Finger am Abzug gehabt hast â obwohl du die Menschen ja normalerweise auf andere Weise ins Aus manövrierst.«
Sascha antwortete nicht, stattdessen schaute er irritiert über ihre Schulter. »Was tust du denn hier?«, fragte er.
Sie drehte sich nicht um. »Das ist ein ziemlich bescheuerter Trick, Sascha. Du legst mich nicht rein.« Als ihr im nächsten Moment die Pistole aus der Hand gerissen wurde, reagierte sie nicht schnell genug, verlor das Gleichgewicht und fiel fast hin.
»Was ich hier tue? Vermutlich das einzig Gute, was ich jemals im Leben gemacht habe â dafür sorgen, dass nicht noch ein Leben deinetwegen den Bach runtergeht«, sagte Ralf. Er spürte, wie die Pistole schwer in seiner Hand lag. Zu seiner eigenen Ãberraschung hatte er eben eine Entscheidung getroffen, die er nicht mehr rückgängig machen würde. »Frau Lange, verschwinden Sie hier. Ich kümmere mich um ihn.«
»Was glauben Sie, wie dämlich ich bin, Peters? Sie wollen doch bloà dafür sorgen, dass Sascha wieder davonkommt. So leicht mach ich Ihnen das nicht. Ãberlegen Sie mal, was wollen Sie tun? Mich aus dem Weg räumen? Armer Mirko â wenn er das erfährt, wird er Sie bis an sein Lebensende hassen.«
Ganz kurz warf Ralf ihr einen Blick zu â zu kurz, als dass Sascha etwas unternehmen konnte. »Kann ich Ihnen nicht übel nehmen, dass Sie das denken. Trotzdem: Sie hatten recht mit
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