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Fluch der Unsterblichkeit

Fluch der Unsterblichkeit

Titel: Fluch der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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zu ihr. »Und wer weiß schon, was in der Zwischenzeit geschieht?«
    Aber darüber weinte sie nur noch mehr.
    Und darum sagte ich: »Schau mal, du hast doch auch ein bißchen von dem Heißen Zeug in dir. Ich habe vierzig Jahre lang gebraucht, um zu begreifen, daß ich nicht vierzig Jahre alt war. Vielleicht bist du genauso. Ich bin einfach ein Junge aus der Nachbarschaft ...«
    »Kennst du irgendwelche anderen Fälle wie dich?«
    »Also ...«
    »Siehst du, du kennst keine.«
    »Nein, ich kenne keine.«
    Ich erinnere mich daran, daß ich mir in diesem Augenblick wünschte, wieder an Bord meines Schiffes zu sein. Nicht auf dem großen Renner. Nur auf meinem alten Klotz, der Golden Vanitie, da draußen im Hafen. Ich erinnere mich, daß ich mir wünschte, ich steuerte sie wieder in den Hafen und sähe dort Kassandra zum erstenmal und könnte alles noch einmal von vorn beginnen – entweder würde ich ihr alles gleich dort erzählen oder aber auf den Tag des Abschieds hinarbeiten und den Mund über mein Alter halten.
    Es war ein schöner Traum, aber zum Kuckuck, die Flitterwochen waren vorbei.
    Ich wartete, bis sie aufgehört hatte zu weinen.
    »Also, wieder gut?« fragte ich schließlich.
    »Geht schon wieder ziemlich gut, danke.«
    Ich fand ihre Hand, die nicht auf meinen Druck reagierte, und hielt sie fest, hob sie an meine Lippen. »Rhododaktylos«, hauchte ich, und sie sagte: »Vielleicht ist es eine gute Idee, daß du fortgehst – eine Zeitlang wenigstens ...«
    Und die Brise kam wieder, war feucht, jagte uns Gänsehaut über den Rücken und ließ entweder ihre Hand zittern oder die meine.
    »Hast du mir gegenüber dein Alter übertrieben?« fragte sie. »Ein ganz kleines bißchen?«
    Der Klang ihrer Stimme deutete darauf hin, daß Zustimmung die klügste Antwort sein würde.
    So sagte ich wahrheitsgemäß: »Ja.«
    Und sie lächelte zurück, anscheinend beruhigt, daß ich doch menschlich sei.
    Haha!
    So saßen wir da, hielten uns an den Händen und betrachteten den Morgen. Nach einer Weile begann sie zu summen. Es war ein trauriges, ein jahrhundertealtes Lied. Eine Ballade.
    »Warum weinst du?« fragte sie mich plötzlich.
    »Ich denke an die Bilder auf dem Schild des Achilles«, sagte ich. »Und daran, wie furchtbar es ist, ein gebildetes Tier zu sein. – Übrigens weine ich gar nicht. Die Blätter tropfen auf mich herunter.«
    »Ich mach uns noch Kaffee.«
    Während sie den Kaffee zubereitete, wusch ich die Tassen aus. Dann sagte ich zu ihr, sie solle sich um die Vanitie kümmern, solange ich fort sein würde. Sie versprach es.
    Die Sonne stieg höher den Himmel hinauf, und eine Weile später tönte das Hämmern aus dem Hof des alten Sargtischlers Aldones herüber. Die Primeln waren aufgewacht, die Brise wehte ihren Duft von den Feldern zu uns her. Hoch über unseren Köpfen glitt eine Spinnenfledermaus wie ein böses Omen über den Himmel aufs Festland zu. Ich verspürte ein wildes Bedürfnis, die Finger um den Schaft einer dreißig-null-sechs zu krallen, Lärm zu machen und zuzuschauen, wie das Tier herunterfiel.
    »Man sagt, sie sind keine richtigen irdischen Tiere«, erklärte mir Kassandra, während sie der Spinnenfledermaus nachsah. »Sie sind angeblich von Titan hierhergebracht worden für die Zoos und so.«
    »Das stimmt.«
    »...und währendderDreiTagesollensieausgebrochenseinundsichverstreut haben,undsiewerdenhier größer, als sie es auf ihrer eigenen Welt je waren.«
    »Ich habe einmal eine gesehen, die hatte eine Flügelspannweite von zehn Metern.«
    »Mein Großonkel hat mir eine Geschichte erzählt, die er in Athen gehört hat«, erinnerte sie sich. »Über einen Mann, der ohne Waffen eine getötet hat. Sie hat ihn auf dem Dock, wo er gerade stand, gepackt – in Piraios war das – und der Mann hat ihr mit bloßen Händen das Genick gebrochen. Sie fielen beide aus dreißig Meter Höhe in die Bucht, und der Mann blieb am Leben.«
    »Das ist schon lange her«, erinnerte auch ich mich, »lange bevor das Büro mit seiner Vernichtungskampagne gegen die Viecher begann. Damals gab es sehr viel mehr davon, und sie waren früher viel frecher. Jetzt meiden sie die Städte.«
    »Der Mann hieß Konstantin, wenn ich mich richtig erinnere. Hättest du das sein können?«
    »Sein Nachname war Karaghiosis.«
    »Bist du Karaghiosis?«
    »Wenn du es willst, daß ich es bin. Warum?«
    »Weil er später dabei war, als in Athen die RADPOL, die radikalpolitische Rückkehr-Bewegung, gegründet wurde, und außerdem

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