Franz G. - Thriller (Wegners schwerste Fälle) (German Edition)
brauchst du nicht mehr
zurückzukommen.« Sie packte ihn am Kragen und schüttelte seinen Kopf hin und
her. »Ist das bei dir angekommen?«, ihre Spucke klatschte in sein Gesicht, »...
ist das angekommen?«
***
»Wieso
dreht ein Kollege plötzlich so durch, Manfred?«
»Wenn
ich das wüsste ... du kennst den Wahnsinn hier. Dass so etwas nicht schon
früher passiert ist, sehe ich als eigentliches Wunder an.«
Hans
Schreiber atmete am anderen Ende der Leitung schwer. Als stellvertretender
Polizeidirektor war er nicht nur Wegners direkter Vorgesetzter, sondern auch
allen weiteren Abteilungen der Kripo vorstehend. »Ich hab Müller nicht wirklich
gekannt. Seine Suspendierung hab ich damals sogar unterschrieben, ohne ihn
davor noch einmal persönlich anzuhören.«
»Mit
solchen Dingen müssen wir im Nachhinein alle leben, Hans. Vielleicht haben wir
etwas falsch gemacht – vielleicht auch nicht. Aber am Ende hat keiner das Recht
deshalb Menschen umzubringen – auch nicht Frank Müller.«
»Schluss
jetzt damit!«, energisch beendete Hans Schreiber die trüben Debatten, »das
Leben geht weiter. Was gibt es sonst ...?«
»Erfreulicherweise
ist es ansonsten relativ ruhig. Wir haben `ne durchgedrehte Hausfrau, die ihren
Mann beim Frühstück von hinten die Kehle durchgeschnitten hat ...«
»Kinder?«,
unterbrach Schreiber ihn.
»Nein!«
»Und was
gibt es sonst noch?«
»Nur den
Sechzehnjährigen, den du jeden Tag auf den Titelblättern siehst.«
»Der
seine Schwester umgebracht hat, weil sie einen deutschen Freund hatte?«
»Ja!
Wieder so ein sinnloser Tod, nur weil da einem die Nase von einem anderen nicht
zusagt.«
»Dann
pass auf dich auf und grüß Hauser schön, wenn er wieder im Dienst ist. Wie
lange glaubst du wird das dauern.«
»Er hat
zwei anständige Platzwunden davongetragen, aber so wie ich ihn kenne, turnt der
in einer Woche hier wieder herum, weil ihn zuhause seine putzwütige Tucke
nervt.«
Das
Telefonat endete mit herzhaftem Gelächter und ein paar ausgewählten
Schwulenwitzen.
***
Axel
Hoffmann nahm die Leine noch ein Stück kürzer und zog damit seinen Pitbull bis
an seinen eigenen Schenkel heran. Wieder war ihm so ein Typ entgegengekommen,
der schaute, als ob er einen fliegenden Drachen oder Werwolf an der Leine
führte. Und dabei trug sein Buddy heute Morgen sogar einen Maulkorb, auf den
sein Herrchen ansonsten auch gern mal verzichtete. Drei Mal am Tag gingen sie
diese Strecke und das nun seit fast fünf Jahren. Vor der Arbeit, eilig in der
Mittagspause, und dann noch mindestens ein bis zwei Mal am Abend, liefen sie
immer diese Runde. Mittlerweile sollten ihn die meisten der Nachbarn wohl
kennen und wissen, dass von seinem Hund keine Gefahr ausging. Den Wesenstest
hatte Buddy mit Bravour absolviert und auch sonst noch nie jemandem etwas Böses
getan. Trotzdem starrten die Leute ihn an, als ob er sie im nächsten Moment
auffressen wollte.
Ein
kleines Stück weiter wechselte Hoffmann die Straßenseite. Hier endete die
kleine Zeile von Einfamilienhäusern, um Platz für Buschwerk und Bäume zu
machen, die vereinzelt aus den dichten Hecken emporragten. Wenn ihnen keiner
entgegenkam, ließ er Buddy an dieser Stelle gern von der Leine und gönnte ihm
das ausgelassene Herumtollen.
Sie
waren erst ein paar Meter vorangekommen, als der Hund unter seinem Maulkorb
erstickt zu bellen anfing. Immer wieder sprang er aus dem Graben hinaus, um im
selben Moment erneut hineinzuspringen. Jetzt begann er zu winseln und im Kreis
zu laufen. Axel Hoffmann kannte dieses Verhalten von seinem Buddy bereits.
Wahrscheinlich lag ein toter Hase oder vielleicht eine überfahrene Katze im
Graben. Was in solchen Momenten im Kopf seines Hundes vorging, konnte er nicht
erklären. Nur, dass er sich seltsam aufführte und fast so tat, als ob er selbst
diesen Hasen gerissen hätte.
»Es ist
gut Buddy. Beruhig dich – du bist ni...« Seine Stimme versagte. Ein paar
Sekunden verstrichen, bis sein Unterbewusstsein die visuellen Informationen
verarbeiten wollte. Dort lag keine Katze, kein Hase oder Marder ... dort
lag ein menschlicher Körper – eine Leiche.
5
W egner legte zufrieden den Hörer auf.
Eine Streife war durch Zufall auf den 16-jährigen Harun Üsmür gestoßen, der
sich widerstandslos hatte festnehmen lassen. Damit war auch dieser Fall mehr
oder weniger erledigt. Was nun folgte, waren endlose Verhöre, das Aufnehmen von
unzähligen Zeugenaussagen und zuletzt ein Gerichtstermin, an
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