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Franz G. - Thriller (Wegners schwerste Fälle) (German Edition)

Franz G. - Thriller (Wegners schwerste Fälle) (German Edition)

Titel: Franz G. - Thriller (Wegners schwerste Fälle) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Herzberg
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Prolog
     
    E r wachte auf und spürte sofort
wieder diese rasenden Kopfschmerzen. Vermutlich wurden sie durch die permanente
Sauerstoffnot in dieser engen Kiste verursacht – oder der Gestank war dafür
verantwortlich – scharf wie Ammoniak. Erneut erinnerte er sich an die Schule,
also an die Zeit, als er eine solche noch regelmäßig besucht hatte.
    Chemieunterricht,
erste Stunde: Herr Bremer, von Haus aus ohnehin ein nachgewiesener Sadist, ließ
den Klassentrottel an einer Flasche schnuppern. Der Idiot versenkte gleich
seinen kompletten Riecher in der schmalen Öffnung und fand sich einen kurzen
Moment später nur noch röchelnd am Boden wieder.
    »Ammoniak«,
erklärte der Lehrer lachend, »eine chemische Verbindung von Stickstoff und
Sauerstoff, die in abgemilderter Form auch als sogenanntes Riechsalz Anwendung
findet.«
    Als sich
ihr Mitschüler gar nicht mehr einkriegen wollte, waren einige sogar drauf und
dran einen Rettungswagen zu rufen, was Herr Bremer jedoch kategorisch ablehnte.
»Das wird wieder«, kommentierte er nur grinsend.
     
    Die
ansonsten so weiten Beine seiner Jeans waren schon lange hart wie ein Brett und
hafteten an den Innenseiten seiner Schenkel wie festgeklebt. Wie oft er sich
bereits in die Hose gepinkelt hatte, wusste er nicht. Riechen konnte er es kaum
noch, aber spüren, wenn er verzweifelt die scharfe Luft in seine ohnehin
brennenden Lungen sog. Von Zeit zu Zeit, wenn er dem immer heftiger werdenden
Hustenreiz nicht mehr widerstehen konnte, schmeckte er Blut in seinem Mund. Ein
klares Zeichen dafür, dass eine gemeine Entzündung in ihm wütete.
    Wie
viele Tage er bereits in dieser Kiste steckte, vermochte er nicht zu sagen. Tag
und Nacht gab es hier drinnen nicht. Nur wenn der Mann kam, konnte er manchmal
durch die schmalen, verdreckten Kellerfenster die letzten Strahlen der
untergehenden Sonne ausmachen. Am Anfang hatte er noch versucht sich zu wehren
– und das trotz der Handschellen.
    Nachdem
dieser Kerl den Deckel der Kiste hochgeklappt hatte, setzte er ihn immer zuerst
auf einen Eimer, damit er seinen Darm entleeren konnte. Gestern Abend hatte er
es nicht geschafft, und das, obwohl es schon Stunden zuvor heftig in ihm
rumorte. Als dieses Schwein danach in ihn eindringen wollte, war er wie
zugenäht. Mit seiner winzigen weichen Nudel war der Typ nicht einmal
ansatzweise zum Stich gekommen. Als logische Konsequenz gab es im Anschluss
erst mal anständig was auf die Fresse – aber das hatte er kaum gespürt. Er war
einfach nur dankbar, als sich der Deckel der Kiste endlich wieder über ihm
schloss.
    Wann
genau er den Kampf aufgegeben und jegliche Hoffnung verloren hatte, wusste er
nicht zu sagen – nur dass es lange her war. Zu Beginn hatte er noch geglaubt,
dass jemand nach ihm suchen würde – aber wer sollte ihn schon vermissen? Einen
Jungen vom Straßenstrich vermisste niemand.
    Kurz vor
seinem dreizehnten Geburtstag war er, zusammen mit zwei anderen, aus dem Heim
geflohen. Anfangs hatten sie sich mit kleinen Überfällen und Diebstählen über
Wasser gehalten. Als dann einer seiner Freunde zum ersten Mal vom leicht
verdienten Geld auf dem Schwulenstrich erzählte, ging es von da an nur noch
bergab.
    Zu
Beginn war es fast wie ein Spiel: Fürs Blasen gab`s einen Zehner – wenn man es gut
machte, mehr. Die schnelle Nummer auf dem Rücksitz brachte gleich einen Fuffi
ein – ohne Gummi sogar `n Hunderter.
    Danach
kamen zuerst der Alkohol und dann die Drogen. Mit vierzehn hing er noch am
Hasch, und bevor er fünfzehn war, bereits an der Nadel. Zehn ... zwölf Freier
bediente er an manch einem Tag, aber das Geld wollte trotzdem nie reichen.
     
    Erneut
rief er sich jetzt den Tag in Erinnerung, der sein gesamtes Leben verändert
hatte – wenn es diese Bezeichnung überhaupt verdiente. Der Typ hatte mit seinem
riesigen Mercedes direkt vor ihm gehalten und ihn freundlich angelächelt. Diese
Art Lächeln kannte er nur zu gut und es sagte wortlos, dass dieser Kerl mehr
wollte, als nur die schnelle Nummer hinter der nächsten Straßenecke. Es
bedeutete vielmehr, dass dieser Typ ihn nach Strich und Faden vernaschen wollte
und mächtig Druck auf der Leitung hatte. »Umso besser«, dachte er noch – damit
wäre zumindest die nächste Ladung Heroin gesichert.
    Der Mann
war mit ihm weit aus der Stadt hinausgefahren, bis Norderstedt, einem der
riesigen Hamburger Vororte. Erst als sie ein verlassenes Firmengelände
erreichten, wurde ihm dann zum ersten Mal mulmig. Was auch immer dieser

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