Frau Edelweiß und der Nato-Gipfel: Ein Schulkrimi - Der erste Fall von Frau Edelweiß (German Edition)
„Papperlapapp, wenn sie das machen… dann“ „Was dann?“ „Ich werde auf jeden Fall mit der Rechtsabteilung auf dem Regierungspräsidium telefonieren. Das kann ich Ihnen verbieten. Wir sind verpflichtet uns politisch neutral zu verhalten.“ „Was wollen sie denn immer mit dem RP. Ich will ja auch nicht für die Demonstranten sympathisieren, ich finde nur, dass die Schüler ein Recht darauf haben zu erfahren, warum denn diese ganzen Menschen durch die Städte ziehen. Wieso sind sie gegen die Nato? Das möchte ich auch gerne wissen.“ „Das glaube ich ihnen aufs Wort.“ Unwilliges Gemurmel kam aus allen Ecken des Zimmers. Sie hatte mal wieder den Bogen überspannt. Die Stimmung schlug um. „Können wir vielleicht weitermachen, ich möchte heute noch nach Hause gehen“, zischte es aus einer Ecke. Zustimmendes Gemurmel bestätigte den Einwurf. Und so ging die GLK erst einmal ohne Unterbrechungen weiter. Dann erinnerte sich Frau Edelweiß wieder an den Mann auf dem Schulhof. Sie meldete sich. „Wie sieht es denn mit reellen Bedrohungen durch Terroristen aus?“ „Dafür gibt es die Sicherheitszonen, das habe ich doch schon erklärt“, erwiderte Frau Sommer. „Ich meine sind die Schüler vielleicht in Gefahr? Geiselnahme? Könnten sie unser Schulhaus okkupieren?“ „Jetzt machen sie sich mal nicht lächerlich. Wir haben deshalb ja am Freitag unterrichtsfrei. Niemand wird in der Schule sein. Das heißt ich werde natürlich die Stellung halten. Aber weniger wegen der Terroristen. Ich möchte sichergehen, dass niemand unser Schulhaus womöglich in Brand setzt. Ich werde in der Schule übernachten“, tönte er mit geschwellter Brust. „Sie wissen ja, alle Beamten haben Urlaubssperre und auch wenn wir die Schule geschlossen halten, sie haben Bereitschaft. Ich werde meine Staatspflicht erfüllen und im Schulhaus die Stellung halten. Eigentlich könnten wir an dem Tag auch einen pädagogischen Tag abhalten“. Das schlug ein wie eine Bombe. Es war deutlich ersichtlich, dass das Kollegium doch nicht über so viel Staatspflichtverständnis verfügte um die Überzeugung des Schulleiters zu teilen. Frau Edelweiß erntete wieder ärgerliche Blicke, schließlich hatte sie das Thema aufgeworfen. Sie ließ sich davon nicht beeindrucken und fuhr hartnäckig fort. „Auf dem Schulhof, da habe ich gestern so einen merkwürdigen Mann gesehen. Der hat so komisch auf den Schulhof geschaut.“ Ein Gelächter brach aus. Selbst die sonst sehr zurückhaltende Referendarin Frau Fischer konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Sie gluckste unaufhörlich vor sich hin. Herr Radeck streifte sie mit einem anzüglichen Blick. „Also bitte, kommen wir doch zur Sache. Frau Edelweiß, Sie haben eindeutig zu viele Kriminalromane gelesen. Wir wollen unsere kostbare Zeit hier nicht mit wilden Spekulationen vertun. Melden Sie ihre Beobachtungen doch der Kripo. Die wird ihre Hinweise gerne entgegennehmen.“ „Wir hatten auch schon Entführungsfälle hier.“ „Jetzt vermischen Sie mal nicht die Tatsachen. Solange niemand unbefugt im Schulhaus herumwimmelt oder auf dem Schulhof herumtappt und die Schüler belästigt, ist alles in Ordnung.“
3
Frau Edelweiß schaute auf den Zettel mit den Abkürzungen, den sie sich auf ihren Lehrerzimmertisch geklebt hatte. Es stand darauf. IL, AI, PH. Die Kollegen sollten ihn nicht entziffern können, aber für Frau Edelweiß sollte es eine stetige Mahnung sein. IL, Immer lächeln, AI alles ignorieren, PH Platon Höhlengleichnis. Es sollte sie daran erinnern, dass man nicht immer mit dem Kopf durch die Wand gehen konnte und schon gar nicht in einem Kollegium, in dem man so wenig Verständnis für andere Unterrichtsformen hatte. Sie konnten es einfach nicht verstehen. Sie war im Licht gewesen, sie hatte gesehen, dass man einen Schulalltag auch anders gestalten konnte. Schon morgens, wenn die Schüler schreiend durch das Treppenhaus strömten, bekam sie jedes Mal einen Wutanfall, den sie kaum unterdrücken konnte. Dann verkroch sie sich in dem Musikraum, der an ihr Klassenzimmer grenzte. Dort spielte sie so lange Klavier, bis sie die schreiende Meute hörte. Sie musste nicht in ihrem Klassenzimmer sein. Die Schüler lernten nicht für sie, sie lernten für sich. Sie wusste, sie würden an ihr Regal stürmen und sich Lernmaterial herausnehmen und auch ohne sie anfangen. Ja, es ging auch anders. Schule sollte ein Ort sein, der den Schülern heilig ist, an den sie ganz begierig kommen und es kaum
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