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Gedankenmörder (German Edition)

Gedankenmörder (German Edition)

Titel: Gedankenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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telefonierte Steenhoff mit einer befreundeten Psychiaterin und schilderte ihr den Fall.
    Sie hatte ihm von amerikanischen Studien erzählt.
    «Rund 70  Prozent der ermittelten Sexualtäter sind zuvor auch als Tierquäler aufgefallen oder haben dies nachträglich zugegeben. In der kleinen Gruppe der sadistischen Sexualmörder finden wir fast in jeder Biographie schon früh den Hang zur Tierquälerei.»
    Die Frau seufzte vernehmlich.
    «Tierquälerei ist ein wichtiges Warnzeichen. Aber unsere Gesellschaft übersieht es geflissentlich und tut die Delikte regelmäßig als Sachbeschädigung ab», sagte die Psychiaterin bedauernd.
    Nachdenklich fügte sie hinzu: «Ihr Täter ist übrigens das, was wir einen Psychopathen nennen. Er ist egozentrisch, aggressiv und kalt. Diese Menschen verstehen, was andere denken, aber sie haben keinerlei Vorstellung davon, was ein anderer Mensch fühlt. Sie sind so etwas wie emotionale Analphabeten. Er muss ein guter Schauspieler gewesen sein, dass seine Frau das nicht bemerkt hat.»
    Auch die Psychiaterin konnte sich nicht erklären, was es mit den roten Tüchern auf sich hatte.
    In der Mordkommission gab es mehrere Theorien dazu. Steenhoff tendierte schließlich am meisten zu der des Fallanalytikers. Dieser sah in den Tüchern eine Art «abartiges Markenzeichen» oder Markierung des Mörders. Sie sollten zeigen, auf wessen Konto das Opfer ging.
    Ebenso blieb im Dunkeln, warum er manche seiner Opfer schminkte. Eine mögliche Erklärung war sein grenzenloser Hass auf Prostituierte. So fand Wessel heraus, dass Hans Bilgs Mutter in seiner Jugend zwei Jahre lang sporadisch auf den Strich gegangen war, um die Haushaltskasse aufzubessern. Dieser Umstand hatte in dem heranwachsenden Jungen vermutlich große Schamgefühle und schließlich tiefe Abscheu gegenüber seiner Mutter hervorgerufen.
    Steenhoff fragte sich nach dem Gespräch mit der Psychiaterin, wie es wohl Hans Bilg gelungen war, seine inneren Abgründe jahrelang gegenüber seiner Frau zu verheimlichen. In ihrer Ehe spielte er die Rolle des defensiven, etwas introvertierten Mannes. Gegenüber seiner eigenen Tochter verhielt er sich stets liebevoll. Ehemann, Vater, zuverlässiger Kollege – «die perfekte Tarnung» nannte es Rüttger damals, als sie in einer ihrer vielen Hypothesen versucht hatten, sich ein Bild von ihrem Täter zu machen. Ohne es zu ahnen, hatte Rüttger damit ins Schwarze getroffen.
     
    Die einzige Reporterin, die Steenhoff am Krankenbett aufsuchen durfte, war Andrea Voss. Er hatte seinen engsten Kollegen berichtet, dass sie es war, die mit ihrem Hinweis auf den Findorffer Tierquäler den Stein ins Rollen gebracht hatte. Nicht auszudenken, wenn sie damals nicht so penetrant versucht hätte, ihn telefonisch zu erreichen. An diesem Punkt seiner Gedanken schnürte es Steenhoff stets die Kehle zu. Wenn er nur eine Stunde später auf der Farm angekommen wäre. Oder wenn Petersen ihn nicht begleitet hätte!
    Wenn. Immer diese Wenns.
    Dankbar dachte er an seine junge Kollegin, die so bühnenreif gelogen und sich als seine naive, erschrockene Ehefrau ausgeben hatte.
    «Man hat einen Vorteil, wenn der Angreifer einen unterschätzt», hatte sie ihm im Krankenhaus schmunzelnd erklärt. «Das hat mein Taekwondotrainer uns stets eingebläut.»
     
    Ira würde im nächsten Jahr häufiger als bisher auf Bornholm sein, denn sie war gebeten worden, noch zwei weitere Häuser an Gäste aus aller Welt zu vermieten. Dies war es, was sie sich vor ihrer Abreise nicht getraut hatte, ihrem Mann zu erzählen. Sie hatte Spaß an ihrer Maklertätigkeit und verdiente das erste Mal «gutes Geld», wie sie es nannte. Steenhoff blickte aus dem Fenster ihres luxuriösen dänischen Ferienhauses. Die Sandbucht unterhalb der hohen Düne, auf dem ihr Haus lag, war wie leergefegt. Ein Regenschauer nach dem anderen peitschte das niedrige Buschwerk oberhalb des Strandes.
    Eine Sonneninsel im August hatte sich Steenhoff anders vorgestellt. Ira kündigte jeden Tag Wetterbesserung an und sprach von schnell vorübergehenden Tiefs über der Ostsee. Aber bislang war es ein verregneter Urlaub. Von Rüttger wusste er, dass seine Kollegen im Präsidium schon wieder mächtig schwitzten. Norddeutschland erlebte seine zweite Hitzewelle in diesem Sommer.
    Steenhoff blickte auf die Schaumkronen der Wellen, die vom Westwind in die Bucht gedrückt wurden.
    Er schloss die Tür zur Terrasse. Erstaunt stellte er fest, dass er sich das erste Mal seit ihrer Ankunft wieder

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