Gefährliche Verlockung - erotischer Liebesroman - Teil 1 (German Edition)
haben und die mir schon als Kind so viel erzählt haben. Jedes Glück, jedes Lachen, jede Trauer und jeder Ärger konnte ich in ihrem Gesicht lesen, es war wie ein Buch. Ein Buch, das ich sehr geliebt habe und noch heute vermisse.
Ein dicker Kloß bildet sich in meinem Hals, die Nummer 160 ist dran. In meinem Magen tobt eine ganze Ameisenhorde vor Aufregung, und wenn ich so weitermache, habe ich heute Abend keinen einzigen Fingernagel mehr. Ein kleines Schmuckkästchen, mit Perlen überzogen, wird versteigert und geht für sagenhafte fünfhundertfünfundneunzig Pfund an den glücklichen Käufer über. Mir wird schlecht.
Die Geldscheine fühlen sich heiß an, ich kann meine Finger nicht davon lösen. Nach zwei hässlichen Ölbildern, die ich auch hätte malen können, holt der freundliche Herr mit den grauen Haaren endlich das Halsband aus der Vitrine. Mein Herz klopft mir im Hals, und mir ist wirklich ein bisschen übel. Beherrsch dich jetzt, Emma! Nur ein paar Minuten lang.
„Zur Versteigerung kommt dieses sehr seltene Unikat, datiert auf ungefähr die Zeit des zweiten Weltkrieges, der Künstler ist unbekannt. 750er Gelbgold mit zwei kleinen Brilliantsplittern und drei großen Süßwasserperlen der Klasse AA verziert. Ein Stück für Liebhaber, das Design ist schlicht und trotzdem elegant, eine zeitlose Schönheit.“
Was labert der denn da? Kann der nicht einfach sagen: Hier ist ein selbst gebasteltes Halsband aus minderwertigem Gold, mit zwei Glassplittern und drei Plastikperlen drin? Ein schönes Geschenk für ihre Tochter zu Weihnachten, wenn die nicht älter als vier Jahre ist?
Nein, der muss es auch noch schönreden! Ich meine, es ist schön, wunderschön sogar, aber wenn er es so anpreist, will es womöglich noch jemand anderes außer mir haben! Das geht doch nicht!
Ich kann mich kaum auf dem ungemütlichen Holzstuhl hal ten vor Nervosität und würde am liebsten winkend aufspringen, aber ich beiße mir fest auf die Wange und versuche, meine zappligen Füße zu kontrollieren. Hätte ich wenigstens nicht die hochhackigen Schuhe von Sylvia angezogen, ich kann darin sowieso kaum laufen und jetzt gerade würde ich die Dinger am liebsten von den Füßen kicken.
„Hier!“, rufe ich, lauter als nötig, und schwenke das Schild mit meiner Nummer darauf über meinem Kopf. Leises Gelächter ertönt. Was denn? So haben das die anderen vor mir doch auch gemacht? Ich werde rot und starre verzweifelt auf die kleine, silberne Lesebrille, die der Mann mit dem Hammer in der Hand trägt. Er schmunzelt wie ein Großvater.
„Immer mit der Ruhe, junge Dame. Ich habe ja noch gar nicht angefangen.“
Oh Gott, wie lange dauert das denn? Vorhin ging es doch auch schneller, oder etwa nicht?
„Das Erstgebot liegt bei einhundertfünfzig Pfund.“
Ich keuche erschreckt auf, was erneut einige Lacher um mich herum zur Folge hat.
„Ganz ruhig, Kindchen“, sagt die ältere Dame neben mir und tätschelt meine Hand, die ständig den Knopf meiner Kostümjacke auf und zu macht. „Bleiben Sie locker und geben Sie sich so unbeteiligt wie möglich.“
„Ich ... oh Gott, ja“, sage ich abwesend und wedele wieder mit meinem Nummernschild herum. Scheiße, musste der mit so einem hohen Gebot anfangen? Fünfzig Pfund hätten doch auch gereicht. Ich weiß gar nicht, wie ich Sylvia ihr Geld zurückzahlen soll, wenn ich es tatsächlich brauche. Wahrscheinlich muss ich es abarbeiten und vier Monate lang alleine die Wohnung putzen. Und ihre Wäsche machen!
„Einhundertfünfzig Pfund für die junge Dame mit der Nummer 27.“
Der ältere Herr lächelt und kneift mir ein Auge zu. Ich erwidere die freundliche Geste mit einem entzückten Strahlen und atme hörbar aus.
„Einhundertfünfzig Pfund zum ersten, einhundertfünfzig Pfund zum zweiten ... ah, da hinten ist noch ein Gebot. Wir erhöhen um zehn Pfund. Einhundertsechzig Pfund zum ersten, einhundertsechzig ...“
Empört hebe ich erneut mein Schild, das mir kurz entgleitet und die kunstvolle Frisur der vor mir sitzenden Dame touchiert, die sich schimpfend zu mir umdreht.
„Sorry“, flüstere ich, ohne mein Schild zu senken. Ich werde es einfach oben behalten, egal wer hier sonst noch was zu sagen hat. Ich muss dieses Halsband haben! Hektisch drehe ich mich um, um zu erkennen, wer da außer mir noch bietet, aber alle Schilder sind unten und hinter mir sitzt eine Menge von gut fünfzig Menschen. Jeder von ihnen könnte es sein, außer mir setzen alle eine Art Pokerface auf und
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