Geheimcode Schreckenstein
erwiderte sie spitz.
Schlimmes ahnend schlug er seinen mildesten Ton an: „ Laß uns reden, Sophie. Wie wir’s ausgemacht haben.“
„Zu spät.“ Ihre Stimme klang schroff. „Unsere Kratzbürsten brennen auf die Entführung. Heute nacht …“
In der Redaktion schrieben die Ritter fleißig nach Diktat. „Glück = Würmer; Pech = Tante; Vorsicht = Liebling; Falle = Veilchen; Zeit = Ziege; Fräulein Doktor Horn = Meise; Spaß = Ofen; Tür = Tafel; Treppe = Tüte; Schritte = Schuppen; Fehler = Opa; Minuten = Mimosen; Sache = sieben; Stimmung = fünf; Plan = neun; Entscheidung = drei; Gebäude-= Teich…“
„Relativ grün“, befand Hans-Jürgen. „Aber was sind dann Zahlen? Die brauchen wir doch auch. Wenn ich zum Beispiel sagen will: In zehn Minuten…“
„Alle Zahlen sind ihr Zehnfaches“, erklärte der Chefredakteur. „Zehn Minuten heißt dann einfach: hundert Mimosen.“
Klaus übte sofort auswendig, und das laut. „Will ich sagen: Vorsicht Falle! Die Horn kommt in zehn Minuten! –, dann heißt das“, er spickte kurz auf seinen Zettel –, „dann heißt das: Liebling Veilchen! Die Meise büffelt in hundert Mimosen.“
„Da wird keine Sau draus schlau!“ befand Dampfwalze.
Mücke winkte ab. „Weiter! Jetzt kommt eine wichtige Abteilung: er = Floh; sie = Mist; es = Most; wir = Spaß; ihr = Jux; rechts = heiß; links = kalt; drinnen = im Weltraum; draußen = am Hut; gestern = Dienstag; heute = Mittwoch; morgen = Donnerstag; leise = lila; schnell = rosa; sauer = süß; toll = grün; – das hatten wir schon – langsam = lästig; neu = gelb; richtig = blau; falsch = rot; schlecht — schwarz; gut = zärtlich; offen ist – wie gesagt – albern; geschlossen = ernst; einer = Affe; keiner = Esel; viele = Läuse; alle = Wanzen; dumm = durstig; schlau = borstig; unten = Limo; oben = Lotto… Und damit ich’s nicht vergesse: Umgekehrt gilt der Wortsinn natürlich auch. Die Farbe Schwarz heißt: schlecht; ernst heißt: geschlossen.“
„Jetzt wird’s kompliziert!“ stöhnte Dampfwalze. „Überhaupt nicht“, beruhigte ihn Andi. „Du lernst nur einmal und hast damit gleich zwei Wörter.“
Mücke grinste. „Wenn du uns erzählen willst, daß du zu meiner Schwester Liebling gesagt hast, dann heißt das… na?“ Er wartete. Alle unterdrückten ihr Lachen.
Dampfwalze bekam seinen berühmten Karpfenblick und fand sich erstaunlich schnell zurecht: „Ich… küßte Ingrid… Vorsicht… gestemmt.“ Nun gab es kein Halten mehr.
Hans-Jürgen runzelte seine Dichterstirn. „Ich gönne Dampfwalze den Kuß, aber: Ich habe gesagt — heißt nicht: küßte gestemmt – also kein Imperfekt – sondern: küsse gestemmt.“
„Dampfwalze stemmt alles!“ flachste Stephan. „Moment!“ unterbrach der kleine Chefredakteur die allgemeine Heiterkeit. „Mit Grammatik wollen wir uns nicht aufhalten! Wir sagen immer nur so viel, daß der Sinn klar wird. In dem Fall hätte genügt: Ich küsse Ingrid… Vorsicht… gestemmt!“
Klaus wandte sich mit erhobenem Finger an Dampfwalze: „Allerhöchste Vorsicht! Die beißt.“
Das Gesicht, mit dem Ottokar zurückkam, paßte nicht in die veralberte Stimmung.
„Nanu?“ fragte Stephan. „Ärger?“
„Sehr wichtiges Wort!“ rief Dampfwalze, um von sich abzulenken. „Was heißt: Ärger?“
Mücke, noch ganz bei der Sache, schaute in seinem Heft nach und knurrte: „Hab ich tatsächlich vergessen!“
Der Muskelprotz plusterte sich auf. „Sagen wir… Sofa!“
Ottokar hatte innerlich schon wieder umgeschaltet. Er setzte sich auf seinen Platz, schaute auf die Uhr, nahm sein Blatt und las mit leichtem Lächeln vor: „Kein Grund zu… rülpsen! Wir küssen Ziege. Aber Liebling! Die Gähner stricken einen Onkel gähnen!“
„Mittwoch?“ fragte Strehlau , als sei ihm der Geheimcode seit Jahren geläufig. Die anderen bastelten noch den Sinn zusammen.
„Lästig!“ bremste Mücke und reichte dem Schulkapitän den Zettel mit den für ihn aufgeschriebenen Wörtern. Unruhe breitete sich aus.
„Wir brauchen ein Wort für: spinnen!“ sagte Dieter besorgt. „Ich schlage vor: dampfen.“
Ohne lang herumzureden, schrieben die Ritter das neue Wort auf.
„Durstige Dampfer!“ brummte Klaus und bereicherte damit die Geheimsprache um ein weiteres Hauptwort.
Stephan hatte seinen Freund verstanden. „Um mal wieder Klartext zu reden“, sagte er, „es besteht kein Grund zur Panik. Laßt uns weiterüben – wer weiß, vielleicht brauchen wir unsere
Weitere Kostenlose Bücher