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Vor der Flagge des Vaterlands

Vor der Flagge des Vaterlands

Titel: Vor der Flagge des Vaterlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Jules Verne
    Vor der Flagge
    des Vaterlands
    Mit 42 Illustrationen von Léon Benett

    Titel der Originalausgabe:
    Face au drapeau (Paris 1896)

    Nach zeitgenössischen Übersetzungen
    überarbeitet von Günter Jürgensmeier
    1. KAPITEL
    Healthful House
    Die Visitenkarte, die der Direktor des Genesungsheims
    Healthful House eben – es war am 15. Juni – erhielt, zeigte,
    ohne Wappen oder Krone, einfach den Namen
    GRAF D’ARTIGAS
    Darunter stand, mehr an einer Ecke der Karte, mit Bleistift
    geschrieben die Adresse:
    »An Bord der Goélette ›Ebba‹ auf der Reede von New
    Berne, Pamplico-Sund.«
    Die Hauptstadt von North Carolina, einem der zu jener
    Zeit vorhandenen 44 Staaten der Union, ist die nicht un-
    bedeutende Stadt Raleigh, die etwa 150 Meilen (zu 1.609
    Meter) tiefer im Landesinneren liegt. Nur infolge ihrer zen-
    tralen Lage war die genannte Stadt zum Sitz der Regierung
    gewählt worden, denn sie wird von anderen, zum Beispiel
    von Wilmington, Charlotte, Fayetteville, Edenton, Washing-
    ton, Salisbury, Tarboro, Halifax und New Berne im Hinblick
    auf Handel und Industrie an Bedeutung übertroffen. Letzt-
    genannte Stadt erhebt sich an der meerbusenartigen Mün-
    dung der Neuze in den Pamplico-Sund, eine Art großen
    Salzwassersees, den ein natürlicher Damm von Inseln und
    Eilanden vor der Küste von Carolina beschützt.
    Der Direktor von Healthful House hätte nimmermehr
    erraten, weshalb ihm jene Karte zuging, wäre sie nicht
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    von einer Zuschrift begleitet gewesen, durch die für Graf
    d’Artigas um Erlaubnis zum Besuch der erwähnten Anstalt
    ersucht wurde. Der Absender nahm an, daß der Direktor
    seine Zustimmung geben würde, und wollte sich im Lauf
    des Nachmittags mit Kapitän Spade, dem Befehlshaber der
    Goélette ›Ebba‹, vorstellen.
    Der Wunsch, das Innere dieses Genesungsheims ken-
    nenzulernen, einer Anstalt, die weit berühmt und von rei-
    chen Kranken aus den Vereinigten Staaten stark besucht
    wurde, mußte bei einem Landesfremden ja ganz natürlich
    erscheinen. Es war schon von andern besucht worden, die
    keinen so vornehmen Namen wie Graf d’Artigas führten,
    und diese hatten gegenüber dem Direktor von Healthful
    House mit lobender Anerkennung nicht gespart. Letzterer
    beeilte sich also, die erbetene Genehmigung zu erteilen und
    antwortete, daß er sich sehr geehrt fühlen werde, dem vor-
    nehmen Besucher die Pforten der Anstalt zu öffnen.
    Healthful House, das auserwähltes Hilfspersonal hatte
    und von den berühmtesten Ärzten unterstützt wurde, war
    eine Gründung von Privatpersonen. Freier dastehend als
    öffentliche Hospitale und Krankenhäuser, doch der Ober-
    aufsicht des Staates unterworfen, vereinigte es alle Bedin-
    gungen der Bequemlichkeit und der Gesundheit, die man
    von derartigen Anstalten, die zur Aufnahme einer reichbe-
    güterten Kundschaft bestimmt sind, zu verlangen gewöhnt
    ist.Man hätte schwerlich eine schönere und angenehmere
    Lage als die von Healthful House finden können. Geschützt

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    — 6 —
    auf der Rückseite eines Hügels liegend, erfreute sich die An-
    stalt eines Parks von 200 Acres (80 Hektar) mit den präch-
    tigen Pflanzenarten, die Nordamerika in einer mit der der
    Kanarischen Inseln oder der Insel Madeira gleichen geo-
    graphischen Breite hervorbringt. An der unteren Grenze
    des Parks öffnete sich das breite Becken der Neuze, stets
    erfrischt von einer Brise aus dem Pamplico-Sund und den
    Winden von der offenen See her, die über das schmale Ufer-
    land strichen.
    In Healthful House, wo die reichen Kranken unter den
    vortrefflichsten hygienischen Verhältnissen behandelt und
    verpflegt wurden, waren Heilungsfälle häufig. War die An-
    stalt aber eigentlich mehr zur Behandlung chronischer
    Krankheiten bestimmt, so verweigerte die Verwaltung doch
    auch nicht die Aufnahme von Personen mit geistigen Stö-
    rungen, wenn diese nicht zweifellos unheilbarer Natur wa-
    ren.Gerade zu dieser Zeit nun befand sich – ein Umstand,
    der die Aufmerksamkeit mehr als sonst auf Healthful House
    lenkte – eine sehr bekannte Persönlichkeit hier in Pflege,
    und das mochte wohl auch die Veranlassung zu dem von
    Graf d’Artigas erbetenen Besuch sein. Jener Insasse war seit
    18 Monaten in der Anstalt, wo man ihm eine ganz beson-
    dere Aufsicht zuteil werden ließ.
    Der Mann, um den es sich handelte, war ein Franzose na-
    mens Thomas Roch, und stand etwa im 45. Lebensjahr. Daß
    er unter dem Einfluß einer geistigen Störung stand,

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