Göttin der Rosen
Neurologen schreiben.«
»Einem Neurologen!« Mikkis Stimme wurde schrill, so panisch machte sie der Gedanke. »Meinst du, ich hab vielleicht einen Hirntumor oder so was?«
»Reg dich nicht gleich so auf. Es gibt eine ganze Reihe neurologischer Probleme, die solche Symptome hervorrufen können, wie du sie beschrieben hast.« Nelly stand auf und griff nach ihrer Tasche. »Wenn es schlimmer wird, solltest du einen Bluttest machen lassen und das ganze Zeug.« Nelly beugte sich zu ihr herunter und zog sie in eine kurze, aber feste Umarmung. »Mach dir keine Sorgen. Lebe dein Leben einfach weiter, du bist wirklich ganz normal. Oh, und vergiss nicht, dass ich für dich ein Date mit dem Uni-Professor arrangieren werde.«
Mikki stöhnte. »Jetzt wünschte ich echt, du würdest mich für verrückt halten.«
»Ach, Quatsch. Das Date wird dir guttun. Benimm dich nur nicht wie eine Männerhasserin. Das macht keinen guten Eindruck.«
»Ich bin keine Männerhasserin. Ich mag Männer sogar. Theoretisch. Nur hab ich in den letzten fünfunddreißig Jahren die Erfahrung gemacht, dass sie mich alle irgendwann enttäuschen.«
»Hm, das ist auch keine sonderlich positive Einstellung.«
»Na schön. Ich versuche, mich zu benehmen.«
»Ich meinte nicht, dass du dich benehmen sollst – sei nur nicht so zynisch und mach dir keine Sorgen. Du bist völlig in Ordnung.« Nelly umarmte sie erneut und eilte dann aus der Tür.
Mikki runzelte die Stirn und sah auf die Uhr. Sie musste auch bald los. Während sie ihren letzten Rest Kaffee austrank, murmelte sie vor sich hin: »Mach dir keine Sorgen? Aber klar doch. Ich hab Phenomenon gesehen. John Travolta dachte, Aliens hätten ihn besucht – bis er an seinem Hirntumor gestorben ist. Aliens oder ein anziehender Biestmann-Geliebter. Wo ist da der Unterschied? Ich glaube, wir sind ein bisschen irre.«
3
»Pflegedienst, wie kann ich Ihnen helfen?«, meldete Mikki sich am Telefon und warf rasch einen Blick auf die Uhr. Es war gerade mal kurz nach zwölf. Würde dieser Tag nie zu Ende gehen?
»Könnte ich bitte mit Mikki Empousai sprechen?«, fragte eine Männerstimme.
»Am Apparat.« Mikki versuchte, sich ihre Ungeduld nicht anhören zu lassen. Bestimmt war das wieder so ein Pharmavertreter, der sich bei ihr anbiedern wollte, damit sie ihn mit ihrer Chefin reden ließ. Als leitende Assistentin des Pflegedienstes im St. John’s Hospital fiel ihr die undankbare Aufgabe zu, ihre Chefin von Vertretern und anderen Zeitverschwendern abzuschirmen, und das hatte sie schon einiges an Nerven gekostet. Gaben diese Typen denn nie auf?
»Mikki, hier spricht Arnold Asher. Ich rufe an, um unser Date heute Abend zu bestätigen.«
»Oh! Äh … oh«, stammelte Mikki.
»Warum klingen Sie so überrascht? Habe ich das Datum vielleicht falsch abgespeichert?«
Mikki konnte durchs Telefon hören, wie er auf dem kleinen Display seines Blackberrys herumtippte.
»Nein, das ist schon richtig. Ich hatte nur einen sehr stressigen Morgen«, log sie. Nach ihrem Treffen mit Nelly hatte sie an nichts anderes denken können als an ihren Hirntumor und wie sie den Rest des Tages überstehen sollte, ohne eine tragische, tollwutartige psychotische Episode zu erleiden. Dann hatte sie sich verzweifelt daran zu erinnern versucht, ob ihr BH und ihr Slip zusammenpassten. Gott, es wäre wirklich peinlich, wenn sie mit geschmackloser Unterwäsche in die Psychiatrie eingewiesen werden würde …
Arnolds Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Sie hatte schon fast vergessen, dass sie mit ihm telefonierte. Fast.
»Unsere gemeinsame Freundin Nelly Peterson hat mir gesagt, dass The Wild Fork Ihr Lieblingsrestaurant ist, also habe ich uns für sieben Uhr einen Tisch reserviert. Passt Ihnen das?«
Mikki kämpfte gegen den Drang an, ihm abzusagen. Aber das wäre ihm gegenüber wirklich nicht fair. Er hatte eine nette Stimme, und Nelly würde sie nicht mit ihm verkuppeln, wenn er nicht attraktiv und interessant wäre. Sie ignorierte den Gedanken, dass sich unter den zwiebelartigen Schichten schicker Klamotten und guter Manieren bei den Attraktiven und Interessanten fast immer Arroganz und Egoismus verbargen. Sie konnte regelrecht hören, wie Nelly sie anblaffte: Gib ihm eine Chance!
»Ja, Dinner im Wild Fork klingt wunderbar, das ist wirklich eines meiner Lieblingsrestaurants.«
»Prima! Wie wäre es, wenn ich Sie so gegen halb sieben abhole?«
»Nein!«, antwortete sie ein bisschen zu schnell, und dann kicherte sie, als wäre jede
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