Fast geschenkt
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Okay. Keine Panik. Keine Panik. Das ist alles nur eine Frage der Organisation, des Ruhebewahrens und Entscheidens, was genau ich mitnehmen muss. Und dann alles fein säuberlich in den Koffer packen. Ich meine, das kann doch so schwer nicht sein, oder?
Ich trete einen Schritt zurück von dem Chaos auf meinem Bett, schließe die Augen und hoffe, dass meine Klamotten sich wie von Zauberhand zu lauter ordentlich zusammengelegten Stapeln organisieren, wenn ich es mir nur innig genug wünsche. Wie in diesen Zeitschriftenartikeln übers Kofferpacken, in denen einem immer vorgemacht wird, wie man den ganzen Urlaub mit einem einzigen, billigen Sarong auskommt, den man in sechs verschiedene Outfits verwandeln kann. (Was übrigens die totale Bauernfängerei ist, wie ich finde. Gut, okay, der Sarong kostet vielleicht nur zehn Pfund, aber die Sachen, mit denen er kombiniert wird, kosten schließlich auch noch mehrere Hundert - und das soll man nicht merken?)
Aber als ich die Augen wieder aufmache, ist das Chaos immer noch da. Es scheint sogar größer geworden zu sein -als wären heimlich noch mehr Klamotten aus den Schubladen auf mein Bett gehüpft, während ich die Augen geschlossen hatte. Wo ich auch hinsehe, überall in meinem Zimmer sind riesengroße, chaotische Haufen ... Zeug. Schuhe, Stiefel, T-Shirts, Zeitschriften... ein Geschenkkorb vom Body Shop, der im Angebot war... ein Italienisch-Schnellkurs mit Kassette, den ich jetzt endlich anfangen muss... so ein Gesichtssauna-Dings... Und auf meinem Frisiertisch thront stolz meine gestrige Errungenschaft von einem dieser Wohltätigkeitsbasare: eine Fechtmaske und ein Degen. Haben zusammen nur vierzig Pfund gekostet!
Ich nehme den Degen in die Hand und mache damit einen kleinen Ausfallschritt auf mein Spiegelbild zu. Das war wirklich ein unglaublicher Zufall, weil ich nämlich schon seit Jahren Fechten lernen will. Seit ich diesen Artikel darüber in der Daily World gelesen habe. Wussten Sie, dass Fechter von allen Sportlern die schönsten Beine haben? Und wenn man richtig gut ist, kann man als Stuntdouble beim Film landen und einen Haufen Geld verdienen! Ich habe mir deshalb fest vorgenommen, irgendwo in der Nähe Fechtunterricht zu nehmen und so schnell wie möglich richtig gut zu werden. Dürfte kein Problem sein für mich.
Und dann - jetzt kommen wir zum geheimen Teil meines Plans -, wenn ich erst mal mein goldenes Abzeichen oder was auch immer habe, werde ich an Catherine Zeta Jones schreiben. Die braucht doch bestimmt ein Stuntdouble, oder? Also, warum nicht mich? Ich glaube sogar, dass ihr eine Britin am liebsten wäre. Vielleicht ruft sie mich dann an und sagt mir, dass sie mich schon so oft im Fernsehen gesehen hat und mich schon immer mal kennen lernen wollte! O Gott, ja! Wäre das nicht klasse? Wir würden uns wahrscheinlich super gut verstehen und herausfinden, dass wir den gleichen Humor haben und alles. Und dann würde ich mal eben rüberfliegen, um sie auf ihrem Luxusanwesen zu besuchen, und bei der Gelegenheit auch Michael Douglas kennen lernen und mit ihrem Baby spielen. Wir werden so entspannt miteinander umgehen wie uralte Freunde, irgendeine Zeitschrift wird ein Feature über die besten Freunde weltbekannter Berühmtheiten machen und uns vorstellen und vielleicht werde ich dann sogar gefragt, ob ich...
»Hi, Bex!« Die schöne Vorstellung von Michael, Catherine und mir ist wie ausgeknipst und ich befinde ich mich wieder im Hier und Jetzt. Meine Mitbewohnerin Suze schlendert in ihrem uralten Schlafanzug mit Paisley-Muster in mein Zimmer. »Was machst du da?«, fragt sie neugierig.
»Nichts!«, sage ich und lege hastig den Degen zurück. »Ich... du weißt schon. Trainiere.«
»Ah, ja«, sagt sie wenig überzeugt. »Und - kommst du weiter mit Packen?« Sie schlendert zum Kaminsims hinüber, nimmt einen Lippenstift, begutachtet seine Farbe und trägt ihn dann auf. Das macht Suze immer, wenn sie in meinem Zimmer ist - schlendert herum, nimmt Sachen in die Hand, begutachtet sie und legt sie wieder hin. Sie sagt, sie findet es so spannend bei mir, weil sie nie weiß, was sie dieses Mal finden wird, fast wie in einem Trödelladen. Ich glaube nicht, dass sie das böse meint.
»Ja, sicher«, sage ich. »Ich versuche mich gerade zu entscheiden, welchen Koffer ich nehmen soll.«
»Oooh«, sagt Suze und dreht sich mit halb pink geschminkten Lippen zu mir um. »Wie war‘s mit dem kleinen cremefarbenen? Oder mit der roten Reisetasche?«
»Ich dachte
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