Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gorian 2

Gorian 2

Titel: Gorian 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
Vom Netzwerk:
bei seinem Weg in die Tiefe gegen hervorspringende Klippen prallte, wirkte seltsam gedehnt, so als wäre die Zeit selbst in die Länge gezogen, und manche der Laute erinnerten an Schmerzensschreie.

    Die Spitze von Gorians Sternenklinge war auf Torbas’ Brust gerichtet. Dieser atmete tief durch. Seine Züge waren derart verzerrt, dass es Gorian erschreckte. Torbas’ Augen waren noch immer vollkommen von Schwärze erfüllt, so als wäre die Magie der Alten Kraft in ihm weiterhin bis zum höchstmöglichen Maß wachgerufen. Er wirkte äußerst angespannt und schien diesen Zustand zunächst auch kaum wieder rückgängig machen zu können, was ein Schwertschüler des Ordens der Alten Kraft in Torbas’ Stadium der Ausbildung eigentlich längst beherrschen musste.
    »Dies war ein Übungskampf!«, entfuhr es Gorian, immer noch fassungslos darüber, wie rücksichtslos Torbas gegen ihn vorgegangen war.
    Nur allmählich löste sich die Schwärze in Torbas’ Augen auf und machte wieder der bei ihm üblichen falkengrauen Färbung Platz. Er blickte auf die Spitze von Sternenklinge und murmelte: »Du hast wohl gesiegt, so wie es aussieht.«
    »Torbas, was war gerade mit dir los?«, fuhr Gorian ihn an.
    Ein mattes Lächeln umspielte Torbas’ Lippen. »Nichts«, behauptete er. »Es ist alles in Ordnung. Falls ich zu hart gewesen sein sollte, tut es mir leid. Allerdings glaube ich nicht, dass du irgendwann in ernsthafter Gefahr gewesen bist.«
    »Ach nein?«
    »Du warst mir immer einen entscheidenden Schritt voraus. Allerdings …« Sein Blick richtete sich auf Gorians Schulter. Unter dem Lederwams quoll Blut hervor und tränkte das weiße Hemd.
    Es war schwarzes Blut.
    Gorian bemerkte es ebenfalls. »Oh …«, murmelte er und wurde blass. Das Erschrecken konnte er kaum verbergen.

    »Ich habe es vielleicht doch etwas übertrieben«, meinte Torbas. »Das habe ich wirklich nicht gewollt.«
    »Nein, das warst du nicht«, entgegnete Gorian. »Das ist die Wunde, die ich im Kampf gegen Honyrr davontrug.«
    »Ich dachte, Sheera hätte sie geheilt.«
    »Aber ab und zu fängt die Narbe an zu bluten.«
    »Schwarzes Blut?«
    Gorian nickte. »Wir waren sehr weit in Morygors Reich, Torbas, und die dunklen Kräfte dort waren ausgesprochen stark. Wir alle waren Morygors Aura ausgesetzt.«
    »Erinnere mich nicht daran«, murmelte Torbas, und er wirkte richtiggehend betrübt dabei.
    »Es ist die pure Finsternis, die da nach außen quillt«, sagte Gorian. »Ich habe offenbar zu viel von dieser dunklen Magie in mich aufgenommen, als wir auf dem Weg zum Speerstein waren. Mein Vater hatte an der Hand auch so eine Wunde, die nicht mehr heilen wollte und von Zeit zu Zeit schwarzes Blut absonderte. Ich hoffe, dass sich meine Schulterwunde nicht ähnlich entwickelt.«
    Torbas nickte leicht. »Seit wir in Morygors Reich waren, ist nichts mehr, wie es zuvor gewesen ist, nicht wahr?«
    »Nein«, gab Gorian zu. »Das gilt offenbar für uns alle.«
    »Keiner von uns ist als derjenige zurückgekehrt, der er war, als wir mit Centros Bals Greifengondel zum Speerstein von Orxanor flogen. Weder du noch ich – und von Sheera und Meister Thondaril kann man dasselbe sagen.«
    »Woher kommt diese Wut, die seitdem in dir ist?«, fragte Gorian. Bisher hatte er noch nicht gewagt, Torbas auf diesen Punkt anzusprechen. Dies, so fand er, war der richtige Augenblick dafür. Und vielleicht konnte durch eine offene Aussprache das Befremden vermindert werden, das zwischen ihnen herrschte, seit sie das Frostreich verlassen hatten.

    Torbas schluckte. »Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass da manchmal etwas in mir ist, das noch nicht da war, bevor wir ins Frostreich flogen. Und manchmal höre ich immer noch die Stimme …«
    »Die Stimme?«, fragte Gorian alarmiert.
    »Du willst doch sicher nicht behaupten, dass du sie nicht auch gehört hättest. Morygors Gedankenstimme.«
    »Er fürchtet uns, Torbas. Und deshalb versucht er, uns auf seine Seite zu ziehen. Wir müssen stark bleiben. Die größte Macht, die Morygor zur Verfügung steht, sind nicht die Horden von untoten Frostkriegern oder die gewaltigen Leviathane, in deren Bäuchen ganze Heere Platz haben. Es ist die Macht seiner Gedanken, die sich in deinen Geist schleichen, ohne dass du es richtig merkst.«
    »Wir werden noch viel Kraft brauchen«, stimmte Torbas zu. Er drehte sich um und ging zu dem steinernen Greifen. Er blickte über die hüfthohe Mauer, streckte eine Hand aus und ließ Schattenstich wieder

Weitere Kostenlose Bücher