Gott sacker Kriminalroman
eine Erklärung?«, erkundigte sich
Hildegard.
»Das Kind aus den Kirchenakten war das uneheliche Kind seiner
Schwester, der Vater ist bis heute unbekannt. Und irgendetwas muss mit dem Baby
auch nicht gestimmt haben, man munkelte, es sei behindert gewesen und sei
deshalb gleich nach der Geburt gestorben. Kalner hat es wohl nie verkraftet, dass
es gestorben ist und auf dem Schindanger begraben wurde. Das Symbol für eine
ordentliche Beerdigung ist eben das Kreuz. Das Kreuz bedeutet ja auch
Auferstehung, und Kalner hat wohl geglaubt, wenn das Kind auf den Schindanger
kommt, hat es keine Möglichkeit, in den Himmel zu kommen. Deshalb hat er die
beiden aufs Kreuz gespießt, weil das Kreuz dem Kind verweigert wurde.
Vermutlich hat sich der Pfarrer auf Margots Einwirken hin geweigert, das Kind
auf dem Friedhof zu bestatten. Die Alten im Dorf erzählen, dass Margot den
Pfarrer ständig beeinflusst hat und sehr eifersüchtig war. Sie muss ihn mit
irgendeinem Wissen in der Hand gehabt haben. All das muss Kalner jahrzehntelang
umgetrieben haben. Wahrscheinlich hat er mehr von den beiden mitbekommen, als
diese geahnt haben.«
Cäci nickte mir bestätigend zu: »Vermutlich ist er deshalb
auch Mesner geworden, um immer in der Nähe des Pfarrers und der Haushälterin zu
sein, um sich irgendwann an ihnen rächen zu können«, folgerte Cäci.
»Ja, aber warum hat er’s dann jetzt erst gemacht?«
»Das weiß man nicht, da wird man wahrscheinlich auch nie
dahinterkommen. Wenn einer so spinnt, das steigert sich halt, und irgendwann
bricht es heraus.«
»Vielleicht hatte er aber auch Angst, dass sie abhauen
würden. Die Margot hatte doch eine kranke Schwester in Stuttgart und ist öfter
da hingefahren. Es kann sein, er befürchtete, dass sie irgendwann dortbleibt.
Und der alte Pfarrer hat doch immer so von Südtirol geschwärmt. Vielleicht
hatte Kalner sich gesagt: ›Jetzt oder nie.‹«
»Na ja, das erscheint mir alles sehr spekulativ und es
erklärt die Sache mit dem armen Hund vom Müller nicht. Warum wurde der halb
eingegraben und ihm ein Kreuz ins Maul gesteckt? Und waren da nicht noch Blumen
dabei?«, fragte Hilde.
Ich zuckte mit den Schultern. Cäci schüttelte den Kopf und
dachte laut nach: »Das hat garantiert auch eine Bedeutung. Es kann sein, dass
er zu der Zeit, als das Kind seiner Schwester gestorben ist, schlechte
Erfahrungen mit Hunden gemacht hat, aber das ist alles spekulativ und wird vermutlich
nie herauskommen. Und das mit den Blumen ist seltsam, als er mir ein Vesper in
mein Gefängnis gebracht hat, waren da auch Blümchen in einem Schnapsglas dabei,
Gänseblümchen.«
»Die Tiere müssen halt immer sinnlos leiden«, seufzte die
doofe Leichtbekleidete, der Waldemars Schicksal näherging als das des
Alt-Pfarrers und seiner Haushälterin.
»Das Leiden von Margot und dem alten Pfarrer war auch nicht
gerade sinnvoll«, konterte Cäci.
»Ja schon, aber Tiere werden von Menschen immer nur
ausgebeutet. Der Mensch ist der Täter, das Tier ist das Opfer. Wir dürfen die
Täter-Opfer-Konstellationen nicht verdrehen. Die Tiere sind uns Menschen
schutzlos ausgeliefert und dienen nur dem Kommerz.«
»Ja, so wie deine Lamas …«
»Was soll das nun wieder heißen?«, entrüstete sich Hildegard.
»Du verkaufst doch die Wolle teuer an ›Friderikes
Alternatives Wolllädelchen‹. Wenn das nicht Ausbeutung im klassischen Sinne
ist.«
»Arschloch!«, fauchte sie mich an.
»Weiß eigentlich jemand im Dorf, was mit Kalners Schwester
passiert ist? Lebt die noch?«
Hilde wusste wieder am meisten.
»Ja, die ist danach ins Kloster gegangen, wurde wohl Nonne
oder so etwas Ähnliches. Von dem Kind wusste aber offensichtlich niemand etwas
aus dem Dorf, außer Kalner, dem Pfarrer und wahrscheinlich Margot.«
»Das kann ich mir nicht vorstellen, in so einem Kaff kommt
doch alles heraus.«
»Anscheinend nicht, vielleicht haben die sich gegenseitig das
Schweigen erpresst.«
Frieda kam mit den Essen.
»Der Salat sieht ja lecker aus und sogar Bio.«
Hilde nahm einen Schluck vom Mineralwasser und rief Frieda
nach: »Das Wasser ist lack!«
»Ohne Gas«, rief Frieda fröhlich zurück.
Vorsichtig stocherte die ökologische Hilde im Salat herum und
untersuchte jede Bohne und vor allem die dünnen Karottenstreifen,
wahrscheinlich auf bedenkliche Rückstände hin. Sie schien keine zu finden. Cäci
nahm meine Hand unterm Tisch und verdrehte kurz ihre Ried-Augen in Richtung der
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