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Gottesdienst

Titel: Gottesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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sei weiterhin unrein.«
    »Entschuldigen Sie«, sagte ich.
    Wyoming, seine Anhänger und der Reporter wandten sich mir zu. Ich holte tief Luft. »Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden.« Es war das erste Bibelzitat, das mir einfiel. Es stammte aus der Bergpredigt, und glücklicherweise passte es.
    Wyoming schien amüsiert. Sein Gesichtsausdruck legte mir nahe, mich im Bibelzitieren mit ihm zu messen, nur um ganz schnell den Kürzeren zu ziehen. Der Reporter schob seine Sonnenbrille hoch und musterte mich zweifelnd. Er schien sich nicht sicher, ob sich diese Unterbrechung gut im Fernsehen machen würde.
    »Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen«, fuhr ich fort. »Ich wollte Sie nur mal dran erinnern, Mr. Wyoming.«
    Prüfend wanderte sein Blick über mich, begann bei meinen Füßen und glitt die Beine hoch, bis er mir unter Rock und Bluse rutschte. Meine Figur – die Sprinterbeine, mein kleiner Busen, das kurze struppige hellbraune Haar – schien ihn wenig zu beeindrucken. Trotzdem spürte ich, wie ich rot wurde, als er endlich bei meinem Gesicht anlangte.
    Der Reporter räusperte sich. »Die Anwesenheit von Pastor Wyoming scheint Sie zu verärgern, Miss -«
    »Delaney. Evan Delaney.«
    Der Kameramann fuhr herum, um mich mit dem Objektiv seiner Minicam einzufangen, doch Wyoming drängte sich dazwischen. »Miss Delaney hält mich für herzlos, dabei ist es Claudine Girard, die Menschen in die Hölle geschickt hat. Ihr wie einer anständigen Frau eine christliche Beisetzung zu gewähren, ist pervers.«
    Der Reporter wandte sich mir zu. »Wie denken Sie darüber?«
    Ich zeigte auf Wyoming und seine Leute. »Ich denke, hier haben Sie die wahre Definition von ›pervers‹.«
    »Hören Sie sich das an.« Wyoming plusterte sich auf. »Gleich wird diese Frau noch behaupten, sie sei Expertin für Perversionen.«
    Beide hatten offenbar eine klare Vorstellung davon, was ihnen das Interview bringen sollte. Der Reporter wollte O-Töne eines Fundamentalisten, Wyoming wollte Emotionen schüren. Ich spielte dabei gar keine Rolle. Müde hielt ich das Flugblatt hoch. »Erklären Sie Ihrem Zeichner lieber, dass man Millennium mit zwei n schreibt.«
    Manchmal bin ich einfach schlauer, als gut für mich ist. So eine aus der Hüfte geschossene Bemerkung kann schnell nach hinten losgehen.
    »Sagten Sie, Delaney war Ihr Name?«, rief Wyoming hinter mir her. »Dann können Sie es der Zeichnerin gleich selbst sagen, Sie sind nämlich mit ihr verwandt.«
    Ich blieb stehen und starrte das Flugblatt an. Plötzlich kam mir der Zeichenstil bekannt vor – eine Mischung aus Spiderman und Xena. Beim letzten Bild suchte ich nach der Signatur.
    Verdammt. Da stand es in kleiner Schrift: Tabitha Delaney. Die Frau meines Bruders.
    Selig sind die Sanftmütigen, denn sie halten den Mund, wenn sie vor einem Fernsehteam stehen.
     
    Bei der Beerdigung hielt sich Nikki an uns fest, bewegungslos und doch zutiefst bewegt, bis zum letzten Amen. Unterdessen brodelte in mir der Zorn. Tabitha Delaney. Der Name flammte vor meinen Augen auf wie ein brennendes Streichholz. Ich wechselte nur wenige Worte mit den anderen Trauernden und verließ so schnell wie möglich den Friedhof.
    Ich wollte zum Bezirksgericht von Santa Barbara. Nicht etwa, weil ich einen Anwalt brauchte – ich war selbst Anwältin, hatte das Praktizieren jedoch aufgegeben, um als Rechercheurin bei Gericht und als freie Journalistin zu arbeiten. Außerdem hatte ich ein paar Romane veröffentlicht. Mein neuestes Buch Lithium Sunrise konnte man sogar in den örtlichen Buchläden finden. Tabithas Eskapaden hatten mich allerdings gezwungen, meine schriftstellerische Tätigkeit bis auf Weiteres auf Eis zu legen. Ich war auf dem Weg ins Gericht, weil ich mit jemandem reden musste.
    Ich ging den gekachelten Gang mit den handgemalten Schildern entlang, die an jedem Gerichtssaal den Namen des zuständigen Richters zeigten. Das ganze Gebäude atmete diesen gewissen altmodischen Geist. Fehlten nur noch ein paar Pferde unten auf einem üppigen Rasenfleck und spanische Granden, die mit klirrenden Silbersporen das Gelände abschritten.
    Als ich den Raum von Richterin Rodriguez betrat, tagte das Gericht bereits. Eine junge Frau saß im Zeugenstand und warf dem Anwalt, der sie im Kreuzverhör hatte, böse Blicke zu. Die Maschine der Gerichtsstenografin klickte leise. Vom Tisch der Verteidigung her stellte Jesse Blackburn seine nächste Frage.
    »In der

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