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Haltlos

Haltlos

Titel: Haltlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Benden
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muss, um überzeugend zu sein!“
    Der Angesprochene schrieb emsig weiter. „Jeder tut, was er kann.“
    Dann betrat Professor Custos Portae den Seminarraum. Wieder schaute er Victoria lächelnd an. Das warme Glück begann, in ihre Adern zu rieseln und beendete das kurze Nickerchen der Schmetterlinge.
    Sie lächelte strahlend zurück und wie schon am Mittwoch schwoll das Glück weiter an und auch das Strahlen in Jaromir Custos Portaes Augen nahm zu. „Am liebsten würde ich in seinen schönen, braunen Augen ertrinken!“ Mühsam riss sie sich von seinem Anblick los und tat so, als sortiere sie ihre Unterlagen.
    Professor Custos Portae begann mit der Übung und ließ Aufgabe für Aufgabe von den Studenten an der Tafel vortragen. Während einer der Studenten an der Tafel war, zog er sich immer einige Meter zurück, um dem Vortragenden genügend Raum zu lassen. Er ließ die Studenten ausreden, aber sobald einer Hilfe brauchte, sprang er unterstützend ein oder fragte im Plenum nach Vorschlägen. Die Studenten wurden also keines Falls an der Tafel vorgeführt, sondern bekamen viel mehr die Chance, aktiv mitzuarbeiten. Und machte einer mal einen Fehler, so wurde derjenige nicht fertiggemacht. Der Professor wies sachlich auf den Fehler hin und bat die Studenten dann um eine richtige Lösung.
    Victoria konnte Falks Bedenken überhaupt nicht verstehen, aber wenn Falk sich mal etwas in den Kopf gesetzt hatte, konnte man daran selten etwas ändern. Der Gute litt wirklich etwas unter Paranoia.
    Tatsächlich berücksichtigte Professor Custos Portae natürlich freiwillige Meldungen. Nur wenn sich immer dieselben meldeten oder sich niemand traute, bat er einen Studenten, an die Tafel zu gehen.
    Normalerweise meldete sich Victoria in jeder Übung freiwillig, aber die Schmetterlinge brachten sie dazu, in der Geometrieübung davon abzusehen. Das Prinzip „Mathe-macht-mir-den-Kopf-frei“ funktionierte in der Anwesenheit des Professors nämlich nicht mehr störungsfrei.
    „Ich will nicht noch mehr auffallen und schon gar nicht möchte ich, dass meine Kommilitonen mitkriegen, dass ich in meinen Professor verschossen bin! Obwohl es schon verlockend wäre: So könnte ich ganz einfach in seine Nähe kommen…“
    Felix kam gerade von der Tafel zurück und setzte sich wieder auf seinen Platz, als der Professor sagte: „Vielen Dank für diese aufschlussreichen Ausführungen, Herr Hökendorf. Und wer möchte nun die letzte Übung vortragen?“
    Niemand meldete sich und dann trafen die schönen, braunen Augen ihre eigenen.
    Die Schmetterlinge tanzten Samba.
    „Frau Abendrot, wären Sie so freundlich und würden das für uns übernehmen?“
    Victorias Herz setzte kurz aus.
    Als es wieder zu schlagen begann, waren die Flatterviecher in ihrem Bauch in heller Aufregung.
    Sie stand auf und ging an die Tafel. Der Professor zog sich nicht wie sonst ein paar Meter zurück, sondern lehnte lässig an der Fensterbank neben der Tafel.
    Er lächelte sie aufmunternd an, fast als wolle er zu ihr sagen: „Komm schon Victoria, es wird dir nichts Schlimmes passieren.“
    Sie schrieb den zu untersuchenden Lehrsatz an die Tafel und begann darunter mit dem Beweis. Das ging tatsächlich besser, als sie befürchtet hatte. Sie konnte sich auf ihre Aufgabe konzentrieren und trotzdem war sie sich auf angenehme Weise der körperlichen Nähe von Custos Portae bewusst. Ein wohliges Kribbeln breitete sich über ihren Rücken aus. Während sie den Beweis Schritt für Schritt darlegte, gelangte das Kribbeln auch in ihre Finger und Zehen.
    Als sie flüchtig zum Professor hinüberschaute, sah sie seine leuchtenden Augen. Er stand im hellen Sonnenschein und die Luft um ihn herum flirrte. Das erinnerte sie an tropische Sommertage, an denen die Luft über einer glutheißen Teerstraße flimmert.
    Sie bedauerte es fast, als sie mit dem Beweis fertig war und wieder auf ihren Platz gehen konnte.
    Der Professor sagte: „Vielen Dank, Frau Abendrot. Sie werden ihrem Ruf gerecht. Ihre Lösung ist ungewöhnlich kreativ und doch elegant – ich werde sie mir merken.“
    Dann lächelte er sie wieder mit seinen strahlenden Augen an und das wohlige Kribbeln verwandelte sich in ein Feuerwerk von Glück.
    Victoria lächelte zurück und dachte: „Das ist einfach zu viel. Wie soll ich das während des Semesters aushalten?“
    In den nächsten zwei Wochen lebte sie von einer Geometrieveranstaltung zur nächsten. Sie hatte gedacht, dass sie sich mit der Zeit an die Blicke von Jaromir

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