Harry Potter - Gesamtausgabe
Tränen nahe.
Ron hatte die Verantwortung für Seidenschnabels Berufungsverhandlung übernommen. Wenn er nicht für sich arbeitete, brütete er über mächtigen Wälzern wie Handbuch der Hippogreif-Psychologie und Tollheit oder Tollwut? Die Übergriffe von Hippogreifen . Er war so sehr in das Problem vertieft, dass er sogar vergaß, gemein zu Krummbein zu sein.
Harry unterdessen musste seine Hausaufgaben neben dem täglichen Quidditch-Training erledigen, ganz zu schweigen von den endlosen Gesprächen mit Wood über die Spieltaktik. Die Begegnung Gryffindor gegen Slytherin war für den ersten Samstag nach den Osterferien angesetzt. Slytherin führte im Turnier mit genau zweihundert Punkten. Das bedeutete, wie Wood den Spielern unablässig einschärfte, dass ihr Sieg noch höher ausfallen musste, wenn sie den Pokal gewinnen wollten. Und es hieß auch, dass die Last dieser Aufgabe weitgehend auf Harry ruhte, denn der Schnatz brachte hundertfünfzig Punkte.
»Also darfst du ihn erst fangen, wenn wir mit mehr als fünfzig Punkten führen«, erklärte ihm Wood tagein, tagaus. »Nur wenn wir mit über fünfzig Punkten vorn liegen, Harry, oder wir gewinnen zwar das Spiel, verlieren aber den Pokal. Das hast du doch begriffen? Du darfst den Schnatz erst fangen, wenn wir –«
»Ich weiß, Oliver!«, fauchte Harry.
Sämtliche Gryffindors hatten nichts anderes mehr im Kopf als das kommende Spiel. Ihr Haus hatte den Quidditch-Pokal nicht mehr gewonnen, seit der legendäre Charlie Weasley (Rons zweitältester Bruder) als Sucher gespielt hatte. Doch Harry fragte sich, ob auch nur einer von ihnen, Wood eingeschlossen, sich so nach dem Sieg sehnte wie er. Die Feindschaft zwischen Harry und Malfoy hatte ihren Höhepunkt erreicht. Malfoy rauchte immer noch vor Zorn wegen der einseitigen Schlammschlacht in Hogsmeade und war noch zorniger darüber, dass Harry der Strafe irgendwie entgangen war. Harry hatte Malfoys Versuch nicht vergessen, ihm bei der Partie gegen Ravenclaw ganz übel mitzuspielen, doch es war die Sache mit Seidenschnabel, die ihn so wild entschlossen machte, Malfoy vor den Augen der ganzen Schule zu demütigen.
Keiner konnte sich erinnern, jemals in so geladener Atmosphäre einem Spiel entgegengefiebert zu haben. Am Ende der Ferien erreichte die Spannung zwischen den beiden Teams und ihren Häusern ihren knisternden Höhepunkt. In den Korridoren brachen kleinere Rangeleien aus, und es kam schließlich zu einem hässlichen Zwischenfall, in dessen Folge ein Viertklässler der Gryffindors und ein Sechstklässler der Slytherins im Krankenflügel landeten, weil ihnen kräftige Lauchpflanzen aus den Ohren wucherten.
Harry hatte es in dieser Zeit besonders schwer. Er konnte nicht in den Unterricht gehen, ohne dass ihm ein Slytherin irgendwo auf den Gängen ein Bein stellte; wo er auch war, Crabbe und Goyle tauchten überall auf und trollten sich mit enttäuschten Mienen, wenn sie sahen, dass er von Schülern umringt war. Wood hatte die Gryffindors gebeten, Harry überallhin zu begleiten, falls die Slytherins versuchen sollten, ihn schon im Vorfeld lahmzulegen. Begeistert widmete sich das ganze Haus dieser Aufgabe, und Harry war es von nun an unmöglich, rechtzeitig zum Unterricht zu kommen, da er ständig von einer dicken, schnatternden Menschentraube umgeben war. Harry sorgte sich weniger um seine Sicherheit als um die des Feuerblitzes. Wenn er ihn nicht flog, schloss er ihn in seinen Koffer ein, und häufig flitzte er in den Pausen nach oben in den Turm, um nachzusehen, ob er noch da war.
Am Vorabend des Spiels ging im Gemeinschaftsraum nichts mehr seinen gewohnten Gang. Selbst Hermine hatte ihre Bücher beiseitegelegt.
»Ich kann nicht arbeiten, ich kann mich einfach nicht konzentrieren«, sagte sie nervös.
Es herrschte ziemlicher Lärm. Fred und George Weasley linderten die Anspannung auf ihre Weise und gebärdeten sich lauter und ausgelassener als sonst. Oliver Wood hatte sich über ein Modell des Quidditch-Feldes in der Ecke gebeugt, schob kleine Figuren mit seinem Zauberstab hin und her und murmelte vor sich hin. Angelina, Alicia und Katie lachten über die Witzeleien von Fred und George. Harry saß mit Ron und Hermine etwas abseits vom Geschehen und versuchte nicht an den nächsten Tag zu denken, denn immer wenn er es tat, bekam er das fürchterliche Gefühl, etwas sehr Großes wolle unbedingt aus seinem Magen heraus.
»Du schaffst das«, sagte Hermine, sah dabei jedoch ausgesprochen besorgt aus.
»Du hast
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