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Hauffs Maerchen - Gesamtausgabe

Hauffs Maerchen - Gesamtausgabe

Titel: Hauffs Maerchen - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Hauff
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müssen wie jene beiden Zettel, die ich erhalten habe. Ich äußerte dies den Senatoren, aber man schien nicht darauf zu achten und antwortete, daß ich beides geschrieben haben könne und müsse; denn der Namenszug unter den Briefen seie unverkennbar ein Z, der Anfangsbuchstabe meines Namens. Die Briefe aber enthielten Drohungen an die Verstorbene und Warnungen vor der Hochzeit, die sie zu vollziehen im Begriff war.

Der Gouverneur schien sonderbare Aufschlüsse in Hinsicht auf meine Person gegeben zu haben; denn man behandelte mich an diesem Tage mißtrauischer und strenger. Ich berief mich zu meiner Rechtfertigung auf meine Papiere, die sich in meinem Zimmer finden müssen; aber man sagte mir, man habe nachgesucht und nichts gefunden. So schwand mir am Schlusse dieses Gerichts alle Hoffnung, und als ich am dritten Tag wieder in den Saal geführt wurde, las man mir das Urteil vor, daß ich, eines vorsätzlichen Mordes überwiesen, zum Tode verurteilt sei. Dahin also war es mit mir gekommen. Verlassen von allem, was mir auf Erden noch teuer war, fern von meiner Heimat, sollte ich unschuldig in der Blüte meiner Jahre vom Beile sterben!

Ich saß am Abend dieses schrecklichen Tages, der über mein Schicksal entschieden hatte, in meinem einsamen Kerker; meine Hoffnungen waren dahin, meine Gedanken ernsthaft auf den Tod gerichtet. Da that sich die Thüre meines Gefängnisses auf, und ein Mann trat herein, der mich lange schweigend betrachtete. “So finde ich dich wieder, Zaleukos?” sagte er. Ich hatte ihn bei dem matten Schein meiner Lampe nicht erkannt; aber der Klang seiner Stimme erweckte alte Erinnerungen in mir. Es war Valetty, einer jener wenigen Freunde, die ich in der Stadt Paris während meiner Studien kannte. Er sagte, daß er zufällig nach Florenz gekommen sei, wo sein Vater als angesehener Mann wohne; er habe von meiner Geschichte gehört und seie gekommen, um mich noch einmal zu sehen und von mir selbst zu erfahren, wie ich mich so schwer hätte verschulden können. Ich erzählte ihm die ganze Geschichte. Er schien darüber sehr verwundert und beschwor mich, ihm, meinem einzigen Freunde, alles zu sagen, und nicht mit einer Lüge von hinnen zu gehen. Ich schwor ihm mit dem teuersten Eid, daß ich wahr gesprochen, und daß keine andere Schuld mich drücke, als daß ich, von dem Glanze des Goldes geblendet, das Unwahrscheinliche der Erzählung des Unbekannten nicht erkannt habe. “So hast du Bianca nicht gekannt?” fragte jener. Ich beteuerte ihm, sie nie gesehen zu haben. Valetty erzählte mir nun, daß ein tiefes Geheimnis auf der That liege, daß der Gouverneur meine Verurteilung sehr hastig betrieben habe, und es sei nur ein Gerücht unter die Leute gekommen, daß ich Bianca schon längst gekannt und aus Rache über ihre Heirat mit einem andern sie ermordet habe. Ich bemerkte ihm, daß dies alles ganz auf den Rotmantel passe, daß ich aber seine Teilnahme an der That mit nichts beweisen könne. Valetty umarmte mich weinend und versprach mir, alles zu thun, um wenigstens mein Leben zu retten. Ich hatte wenig Hoffnung; doch wußte ich, daß Valetty ein weiser und der Gesetze kundiger Mann seie, und daß er alles thun werde, mich zu retten. Zwei lange Tage war ich in Ungewißheit: endlich erschien auch Valetty. “Ich bringe Trost, wenn auch einen schmerzlichen. Du wirst leben und frei sein; aber mit Verlust einer Hand.” Gerührt dankte ich meinem Freund für mein Leben. Er sagte mir, daß der Gouverneur unerbittlich gewesen sei, die Sache noch einmal untersuchen zu lassen; daß er aber endlich, um nicht ungerecht zu erscheinen, bewilligt habe: wenn man in den Büchern der florentinischen Geschichte einen ähnlichen Fall finde, so solle meine Strafe sich nach der Strafe, die dort ausgesprochen sei, richten. Er und sein Vater haben nun Tag und Nacht in den alten Büchern gelesen und endlich einen ganz dem meinigen ähnlichen Fall gefunden. Dort laute die Strafe: Es soll ihm die linke Hand abgehauen, seine Güter eingezogen, er selbst auf ewig verbannt werden. So laute jetzt auch meine Strafe, und ich solle mich jetzt bereiten zu der schmerzhaften Stunde, die meiner warte. Ich will euch nicht diese schreckliche Stunde vors Auge führen, wo ich auf offenem Markte meine Hand auf den Block legte, wo mein eigenes Blut in weiten Bogen mich überströmte!

Valetty nahm mich in sein Haus auf, bis ich genesen war, dann versah er mich edelmütig mit Reisegeld; denn alles, was ich mir so mühsam erworben, war

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