Haus der Angst
Er zog einen schlichten Diamantring heraus. „Hier.“
Plato runzelte die Stirn. „Das ist alles? Kannst du dir wirklich keine größeren Klunker leisten?“
„Der gehörte Daisy. Mein Großvater hat ihn ihr geschenkt. Sie hatten nicht viel Geld.“
„Ich habe gedacht, du hättest nichts von Daisys Sachen genommen, als sie starb?“
Sebastian zuckte mit den Schultern. „Hab ich auch nicht. Ich habe den Ring auf dem Dachboden gefunden, bevor ich gegangen bin.“
„Du meinst, du hast ihn gestohlen?“
„Ich habe ihn nicht gestohlen. Daisy wollte, dass ich ihn bekomme. Ich war nur zu blöd, ihn von ihr anzunehmen.“
„Du hast nie geglaubt, dass Lucy sich in dich verlieben würde“, meinte Plato. Er schüttelte den Kopf. „Du hast Recht, du warst blöd.“
„Sei bloß vorsichtig, Rabedeneira. Ich habe dich schon als Babysitter eingeplant, während wir auf Hochzeitsreise sind.“
„Aha. Mich und welchen Teil der Armee?“
„Sie vergöttern dich.“
„Na prima. Die zwei werden dafür sorgen, dass ich noch mal angeschossen werde, und dann hat sich’s aber mit Babysitten.“
Als Sebastian in Vermont eintraf, hatte er einen Dreitagebart, war genervt von der langen Fahrt und von seinem Hund. Der war allerdings auch genervt von ihm. Als Sebastian die Tür des Trucks öffnete, war er mit einem Satz draußen und begann sein Zerstörungswerk zwischen Lucys Malven und Lilien.
Na wenn schon. Dann würden sie eben neue pflanzen.
Lucy stieg die Treppen vor dem Haus hinunter. Sie trug ein langes Sommerkleid und Sandalen. Ihr Haar hing lose über die Schultern und glänzte in der Spätnachmittagssonne. „Ich habe gehört, dass du in der Stadt bist.“
„Die Spione sind überall.“
„Du warst im Dorfladen, um etwas zu kaufen. Meine Spione wollten mir allerdings nicht sagen, was. Sie haben das Nummernschild aus Wyoming gesehen, aber dich haben sie nicht erkannt. Sie sagten, du sähst so …“, sie tat so, als suche sie nach dem richtigen Wort, „zwielichtig aus. Genau, zwielichtig.“
„Stimmt das denn?“
„Hier in der Gegend ist zwielichtig eine freundliche Umschreibung für ‚sexy‘.“
„Ach so.“
Sie schaute dem Labrador nach, der gerade ein Eichhörnchen quer durch den Garten jagte. „Glaubst du, dass er mal Manieren lernen wird?“
„Kaum.“
„Du hast vielleicht Nerven, einfach deinen Hund mitzubringen.“
Sebastian lehnte sich gegen den Truck. Sie war nicht mehr zweiundzwanzig – ebensowenig wie er. Aber sie war die Frau, die er immer geliebt hatte. „Wo sind die Kinder?“
„Rob und Patti Kiley haben sie mitgenommen. Sie übernachten dort.“
„Wie praktisch.“
„Hm. Die FBI-Leute sind endlich auch verschwunden und haben den Rest der Ortspolizei überlassen. Die Reporter haben ihre Zelte abgebrochen. Die bösen Typen sitzen im Gefängnis und kommen auch auf Kaution nicht frei.“ Sie lächelte ihn an. „Ich bin also ganz allein.“
„Nein, das bist du nicht.“
Er küsste sie sehr sanft, und er nahm sich viel Zeit dafür. Dann holte er den Champagner aus dem Truck. Das war es nämlich, was er in der Stadt gekauft hatte. Er hatte der Frau hinter Ladentheke verboten, Lucy auch nur ein Wort zu sagen. Denn sie sah ganz so aus, als würde sie ihr sämtliche Neuigkeiten sofort brühwarm berichten.
Aber inzwischen war es wahrscheinlich schon stadtbekannt – Daisys Enkel und die Witwe Swift tranken gemeinsam Champagner in dem Haus, das einmal den Wheatons gehört hatte.
Sie gingen in die Küche. Sebastian öffnete die Flasche und füllte zwei Gläser.
„Was feiern wir eigentlich?“ wollte Lucy wissen.
„Alles, was wir wollen. Wir können feiern, dass wir die Verbrecher gefangen haben. Wir können feiern, dass wir einen weiteren Tag erlebt haben. Oder wir feiern die Tatsache, dass Lucy Blacker sich wieder verliebt hat oder dass sie wieder mit jemandem ins Bett geht. Von mir aus auch etwas anderes, denn ich bin offen für alles, was du vorschlägst.“
Sie lächelte. „Können wir nicht alles feiern – eins nach dem anderen?“
Er hatte nicht gedacht, dass er sie und dazu noch zwei Gläser Champagner gleichzeitig tragen konnte, aber Gott sei Dank war es nicht weit bis ins Schlafzimmer. Auf dem Weg dorthin warf sie unvermittelt den Kopf zurück und brach in schallendes Gelächter aus. Das brachte ihn aus dem Gleichgewicht, und der Inhalt der beiden Gläser ergoss sich über sie. Vorsichtig wollte er sie aufs Bett legen.
„Mein antiker Quilt“, warnte
Weitere Kostenlose Bücher