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Heiratsmarkt

Heiratsmarkt

Titel: Heiratsmarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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Gewässer seines angenehmen Daseins ernstlich aufgestört. Er hatte sich zwar nicht sofort, aber doch bald genug stark von ihr angezogen gefühlt, und dies in einer Weise, die ihm bisher fremd war. Die einzigen Frauen, die ihn früher interessiert hatten, waren die hochgeborenen Flirts, mit denen man vergnüglich herumtändeln konnte, und die leichten Damen, mit denen er intimere Beziehungen genoss. Er empfand für keine von ihnen Zuneigung und nicht den geringsten Wunsch, eine dauerhafte Bindung einzugehen. An eine Frau gefesselt zu sein, so lebhaft und schön sie auch sein mochte, wäre in wenigen Monaten todlangweilig geworden und ein zu abscheuliches Schicksal, um auch nur näher in Betracht gezogen zu werden. Er wünschte sich keine Gefährtin auf Dauer, und noch weniger wünschte er, sich die Prüfungen und Verantwortungen aufzubürden, die nun einmal zu einer Ehe gehören.
    Dann aber kam Frederica, warf seine kühlen Berechnungen über den Haufen, drängte ihm Verantwortungen auf, drang immer tiefer in das geordnete Schema seines Lebens ein und stürzte ihn in unwillkommene Zweifel. Sosehr er es auch versuchte, er konnte keinen Grund für diese unbehagliche Veränderung finden. Sie besaß mehr Haltung als Schönheit, wandte keinerlei Künste an, um ihn anzuziehen, sie kümmerte sich nicht um Konventionen, sie war sachlich und herrschsüchtig und durchaus nicht die Sorte Frau, die er je
    zu ermutigen gewünscht hätte. Außerdem hatte sie ihm auch noch zwei lästige Schuljungen aufgebürdet, was das Letzte in der Welt war, das ihm angenehm gewesen wäre!
    Aber hatte sie das wirklich? Ein ziemlich klägliches Lächeln huschte um seine Mundwinkel, als er sich diesen Punkt überlegte: Nein - das hatte sie gar nicht. Er selbst hatte es zugelassen, dass er den Schmeicheleien von Felix - abscheulicher Kobold - nachgab. Dann war Jessamy in eine Klemme geraten - lästiger junger Pinsel!
    - und hatte ihn um Hilfe gebeten, die man ihm natürlich gewähren musste; aber es wäre wirklich ungerecht gewesen, Frederica die Schuld an diesen Geschehnissen zu geben. Sie war fuchsteufelswild über Jessamys Affäre gewesen, diese hochmütige kleine Gans! Hochmütig, gänschenhaft, herrschsüchtig, gerade nur passabel aussehend - warum, zum Teufel, hatte er sie so sehr in sein Herz geschlossen?
    Ohne es zu beabsichtigen, begann er, Frederica Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, versuchte zu ergründen, welche ihrer Eigenschaften es war, die ihn aus seinem müßigen Hedonismus in einen Zustand nagender Ungewissheit gerissen hatte. Es war eine angenehme Beschäftigung, brachte ihn aber der Lösung des Problems nicht näher. Er hatte ihre Haltung gern, ihre Offenherzigkeit, das Lächeln in ihren Augen, ihr bereitwilliges Eingehen auf das Lächerliche, den fröhlichen Mut, mit dem sie sich Lasten aufbürdete, die für ein Mädchen zu schwer waren, die Art, wie sie sich schuldbewusst bei einem dem Vokabular ihrer Brüder entlehnten Dialektausdruck ertappte, der versonnene Blick, wenn sie ein heikles Problem überlegte, das Unerwartete, das sie sagte und - aber was war an alledem, dass es sein gegenwärtiges Leben aus den Angeln gehoben hatte und seine unbeschwerte Zukunft gefährdete? Nichts natürlich! Sicher, sie hatte in ihm Gefühle erweckt, von denen er nicht gewusst hatte, dass er ihrer fähig war, doch mehr als eine vorübergehende Laune konnten sie nicht sein.
    Er runzelte die Stirn, als er dies überdachte. Das Teuflische daran war, dass das Gefühl, das er für sie hegte, umso stärker wurde, je öfter er sie sah, aber keine Liebe war - ein Gefühl, das zur Jugendzeit gehört - und auch kein bloßes Gernhaben.
    Vielleicht war es Zuneigung. Es veranlasste ihn, viel mehr, als es seiner Seelenruhe guttat, über sie nachzudenken und sich -wirklich, er wurde allmählich senil! - ständig des Wunsches bewusst zu sein, die Bürden von ihren Schultern zu nehmen. Wie die Dinge standen, war er machtlos, ihr eine größere als bloß geringfügige Hilfe zu leihen, und überhaupt keine in ihren derzeit vermutlich größten Sorgen. Er hatte von Anfang an den Verdacht gehabt, dass sie die Ausgaben für eine Londoner Season unterschätzt hatte, und als sein erfahrenes Auge unter dem Samtabsatz einer Draperie aus Albany-Gaze das Abendkleid entdeckte, das bereits mehreren Verwandlungen unterzogen worden war, da war er ganz sicher, dass sie eine schmale Börse zu spüren begann. Er dachte wütend daran, dass jeder verfügbare Groschen auf Charis

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