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Herbstbringer (German Edition)

Herbstbringer (German Edition)

Titel: Herbstbringer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Björn Springorum
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eine besondere Konzentration auf die übrigen auszugleichen.
    Nach einigen Biegungen und Stolperstellen im unebenen Boden stellte sie fest, dass ihr Gehör und ihr Geruchssinn tatsächlich besser wurden. So gut sogar, dass sie es rasch bereute. Überall in der Dunkelheit um sie herum erklangen Geräusche, die sie nicht genau einordnen konnte, für ihren Geschmack aber viel zu sehr nach Krabbeln, Rascheln und Wuseln klangen. Immer wieder ertönten hektische Pumpgeräusche, die rasch wieder in der Ferne verschwanden. Sie wollte gerade danach fragen, als das dumpfe Schlagen von einem kaum hörbaren Piepsen begleitet wurde.
    Ratten. Sie konnte den Herzschlag vorbeilaufender Ratten hören. Fasziniert lauschte sie, während Rufus und Willie sie weiter durch das Nichts führten.
    Irgendwo tropfte es, entfernt hörte sie fließendes Wasser, hin und wieder drang dumpfe Musik durch die Wände, augenscheinlich wenn ihr Weg unter der Oberfläche entlangführte. Ganz nah bei sich hörte sie das aufgeregte Wummern ihres eigenen Herzens, nicht aber die ihrer ungewohnt schweigsamen Gefährten.
    Wo kein Blut war, konnte auch kein Herz schlagen.
    Ihr lief es kalt den Rücken hinunter. Wie fühlte es sich wohl an, tot und doch am Leben zu sein? Sie schob diese Gedanken beiseite. Die Dunkelheit und ihre Wanderung durch diesen feuchtkalten Untergrund waren auch so schon beunruhigend genug.
    Auch ihr Geruchssinn war deutlich geschärft und – im wahrsten Sinne des Wortes – unmenschlich gut. Warum war ihr das noch nie aufgefallen? Sie nahm den kräftigen Erdgeruch wahr, roch die typisch stickige Luft der U-Bahn und rümpfte in Kanalisationsnähe mehr als einmal angewidert die Nase.
    Mal ging es bergauf, mal bergab, steinerne Stufen wechselten mit bröckeligem, weichem Untergrund. Wie weit reichten diese Tunnelsysteme unter der Stadt nur?
    Ihr war nicht wohl bei dem Gedanken, so tief unter der Stadt umherzuirren. Sie fühlte sich isoliert und ausgegrenzt, konnte aber nicht genau bestimmen, was dieses Unbehagen in ihr auslöste. Dann wurde es ihr klar: Der Wind fehlte ihr. Er war unbewusst zu einem treuen Begleiter geworden, in dessen Gegenwart sie sich stark, geborgen und sicher fühlte. Oder sicherer.
    »Jetzt überqueren wir den Styx«, wisperte Rufus, als sie eine Brücke überquerten, unter der übelriechendes Wasser dahinfloss. Irgendwann ging es nur noch bergauf. Bald sagte Rufus: »Wir sind gleich da.«
    Mit klopfendem Herzen hörte sie, wie eine Tür quietschend geöffnet wurde, dann spürten ihre Füße Holzstufen unter sich. Kurz darauf nahmen sie ihr die Augenbinde ab, und sie blickte in Rufus’ muntere Augen. »Wir haben die Unterwelt erfolgreich durchwandert«, verkündete er feierlich.
    Emily blickte sich um. Feierlich wurde ihr dabei nicht gerade zumute. Sie befanden sich in einem grob verputzten Keller, dessen einzige Auffälligkeit neben der geöffneten Falltür, durch die sie soeben geklettert waren, eine grell leuchtende Glühbirne in einer herunterbaumelnden Fassung war. Geräuschvoll klappte Willie die Falltür zu und verriegelte sie sorgsam. Den Schlüssel ließ er in seine Westentasche gleiten.
    »Wo sind wir hier?«, fragte sie.
    Die beiden tauschten zweifelnde Blicke. Rufus biss sich auf die Lippen. »Das dürfen wir Ihnen nicht sagen, fürchte ich.«
    »Bedaure, das dürfen wir wirklich nicht. Zu riskant.«
    »Ach, kommt schon.« Emily schüttelte entnervt den Kopf. »Ihr könnt mich doch nicht durch die halbe Londoner Unterwelt schleifen, mich in einen Keller bringen und mir dann nicht sagen, wo ich bin. Das klingt für mich fast nach Entführung.« Sie staunte selbst über die Bestimmtheit in ihrer Stimme.
    »Also gut.« Willie gab sofort nach. »Sie haben recht. Unsere Pflicht ist schließlich, dass Sie sich wohl und sicher bei uns fühlen.«
    »Wohl und sicher«, pflichtete ihm Rufus ernst bei.
    »Und wo kämen wir hin, wenn wir das schon gleich zu Beginn vermasseln, was? Das wäre Elias bestimmt alles andere als recht.«
    »Meine Rede, Willie, meine Rede. Sehen Sie, werte Lady, wie Elias Ihnen gewiss verraten hat, will er möglichst lange verhindern, dass sie aufgespürt werden. Seiner Meinung nach lässt sich dies am ehesten garantieren, wenn Sie so wenig wie möglich über Ihren Aufenthaltsort und unsere Pläne wissen. Gedanken …«
    »Ich weiß, ich weiß«, wiegelte Emily ab, bevor sie sich diese Erklärung noch ein weiteres Mal anhören musste.
    »Nun, ich denke, wir können Ihnen zumindest verraten,

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