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Hexer-Edition 01: Die Spur des Hexers

Hexer-Edition 01: Die Spur des Hexers

Titel: Hexer-Edition 01: Die Spur des Hexers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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vorgab. In Wahrheit hatte er auf das Auftauchen dieser Scheiben gewartet. Und hatte einen entsetzlichen Preis dafür bezahlt, wie so viele vor ihm, die an den Toren jener anderen, verbotenen Welt gekratzt hatten.
    Und es war auch nicht die Bibliothek und ihr gesammelter Schatz an geheimem Wissen gewesen, dem sein Wüten gegolten hatte, sondern dieser Verbindung, diesem Riss in der Wirklichkeit oder was immer es war, den er hatte schließen wollen. Der verbrannte Fleck auf dem Boden, an dem einst ein Schreibtisch gestanden haben mochte, sprach Bände. Für die Männer, die den Brand gelöscht hatten, für Dekan Wilson und für die ahnungslosen Studenten, die tagein, tagaus hier arbeiteten, würde es nichts sein als ein hässlicher schwarzer Fleck. Dem, der ihn zu deuten verstand, erzählte er eine entsetzliche Geschichte. Der bedauernswerte Henry musste noch in seinem Wahn begriffen haben, zu welche schrecklichen Abgründen des Todes und Wahnsinnes das Tor führte, das er aufgestoßen hatte. Und er hatte mit seinen bescheidenen Mitteln versucht, es zu schließen. Armer, törichter Narr, der er gewesen war. Als ob man Feuer mit Feuer löschen könnte!
    »Nun, Andara – haben Sie gefunden, wonach Sie gesucht haben?«
    Andara reagierte nicht gleich. Er war nicht sehr überrascht, die Stimme zu hören. Er hatte die Wahrheit wohl die ganze Zeit über geahnt, sie aber nicht fassen können. Dabei hätte er es merken müssen.
    Ohne sichtliche Hast drehte er sich herum und blickte auf den kleinen, grauhaarigen Mann herab, der hinter ihn getreten war. Er war nicht allein gekommen. Hinter ihm standen ein knappes halbes Dutzend Männer, darunter der geistesschwache Riese, den er in Innsmouth niedergeschlagen hatte. Keiner von ihnen trug eine Waffe, aber Andara bezweifelte auch, dass sie das nötig hatten. Ihre Art zu kämpfen war von einer gänzlich anderen, viel tödlicheren Art.
    »Geben Sie mir die Scheibe, Andara«, sagte Ashton-Smythe. Er sprach noch immer mit der dünnen, leicht zitterigen Altmännerstimme, die Andara von ihm kannte, aber sein Blick war hart und fordernd geworden; hart wie Glas und kalt wie Eis. Seine Lippen erinnerten an die eines Fisches.
    »Wer sind Sie?«, fragte Andara, ohne direkt auf Ashton-Smythes Worte zu reagieren. »Ben Carson?«
    Ashton-Smythe kicherte, aber es war ein Laut, der sich nicht sonderlich amüsiert anhörte. »Zu viel der Ehre, mein Freund«, sagte er. »Aber ich … stehe ihm nahe, wenn Sie so wollen. Die Scheibe!«
    Andara zögerte noch einen Moment, händigte ihm dann aber die Kristallscheibe aus. Ashton-Smythe drehte sie einen Herzschlag lang unschlüssig in den Händen, hob dann die Schultern und ließ sie achtlos in der Rocktasche verschwinden. »Ich muss mich bei Ihnen bedanken, Mister Andara«, sagte er spöttisch. »Wir haben lange nach der Herkunft dieser … Botschaften gesucht. In gewissem Sinne waren Sie uns eine große Hilfe, denn wer weiß, vielleicht hätte der Verräter so noch lange Zeit in seinem Tun fortfahren können. Und diese Gegenstände…«, er schlug mit der flachen Hand auf die Tasche, in der er die Scheibe verstaut hatte, und lachte meckernd, »… hätten sich als peinlich erweisen können, wären sie in die falschen Hände geraten. Aber nun ist ja alles wieder in bester Ordnung.« Er machte eine auffordernde Handbewegung in Andaras Richtung. »Wenn Sie jetzt die Freundlichkeit hätten, uns zu begleiten …«
    »Wohin?«
    Ashton-Smythe verzog die Lippen. »Nun, Sie sind nach Innsmouth gekommen, um sich mit Ben Carson zu unterhalten, nicht wahr?«, fragte er. »Wäre Ihr Aufbruch nicht so überhastet ausgefallen, hätten Sie das Vergnügen bereits gestern Abend haben können. Und da ist noch jemand, der darauf brennt, Sie zu treffen.« Er grinste hämisch. »Sie haben ihn schon kurz gesehen. Und nun kommen Sie!«
    »Ich denke nicht daran«, sagte Andara. Seine Stimme klang noch immer ruhig, beinahe schon tonlos, aber er legte jedes bisschen suggestiver Macht, das er besaß, in seine Worte. »Ich werde Sie begleiten, aber anders, als Sie denken, Ashton-Smythe. Sie werden mir jetzt alles sagen, was Sie wissen, und -«
    »Sie bemühen Ihre Kräfte umsonst, Mister Andara«, unterbrach ihn Ashton-Smythe kühl. »Das funktioniert bei mir nicht.«
    Andara starrte ihn an. Für einen Moment versuchte er mit aller Macht, seinen Blick zu fixieren, den Willen dahinter zu brechen und sich Untertan zu machen. Es war ein stummes, mentales Ringen, unsichtbar für alle

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