Historical Saison Band 18 (German Edition)
Bewunderung ansah. Auch die anerkennenden Blicke der Countess und Lady Sophias im Stadthaus der Grenvilles waren ihr nicht entgangen.
In der Tat hätte es im ganzen Land kein Abendkleid geben können, das ihr besser gestanden hätte. Die langen Handschuhe, der zarte, fast durchscheinende Schal und die eleganten Schuhe waren in genau demselben Farbton gehalten wie das wunderschön geschnittene dunkelblaue Kleid, das wie geschaffen war, um die außergewöhnliche Farbe ihrer Augen zu unterstreichen. Leider wusste sie nicht, ob der Viscount oder die Schneiderin diesen besonderen Farbton ausgewählt hatte.
„Seine Lordschaft wünscht Sie unter vier Augen in der Bibliothek zu sprechen“, ließ Brindle sie wissen und öffnete ihr die Tür.
Georgiana war darüber nicht im Mindesten erstaunt. Sie hatte am Vormittag eine kurze Mitteilung des Viscounts erhalten, in welcher er sie bat, außer dem Verlobungsring keine Juwelen anzulegen, da der nötige Schmuck in seinem Haus auf sie warte. Sie hatte angenommen, dass er etwas von seinem Familienschmuck für sie auswählen würde. Dafür war sie ihm dankbar, denn ihre eigenen Erbstücke hätten bei einem solchen Anlass nur armselig gewirkt.
Sie betrat die Bibliothek und blieb überwältigt stehen, als sie die große Gestalt des Hausherrn am Fenster erblickte. In den letzten Wochen hatte sie ihn häufig in Abendkleidung erlebt, doch nie hatte er so atemberaubend ausgesehen. Seine hochgewachsene und muskulöse Figur kam in dem neuen Modestil ganz hervorragend zur Geltung. Als einzige Zierde trug er einen großen Diamanten in der Mitte seines seidenen Krawattentuchs und einen schlichten goldenen Siegelring an der rechten Hand. Es umgab ihn die stolze Ausstrahlung eines Mannes, der sich seines gesellschaftlichen Ranges bewusst ist. Obgleich man ihn streng genommen nicht als schön bezeichnen konnte, zeigte seine Erscheinung, dass er durch und durch ein Gentleman von Bildung und Geschmack war.
Nachdem er Brindle mit einem Nicken entlassen hatte, trat er gelassen auf sie zu, wobei seinem Blick nicht das kleinste Detail ihrer Kleidung und ihrer Frisur entging. Nicht zum ersten Mal verschlug es ihm die Sprache, als er ihren schlanken wohlgeformten Körper betrachtete. Er konnte sich nicht erklären, wie es ihr gelungen war, ihren weiblichen Zauber unter der Verkleidung als Page zu verbergen. Wahrscheinlich hat sie eine Art Brustbinde benutzt, mutmaßte er. Jetzt war allerdings nicht der richtige Zeitpunkt, um seine diesbezügliche Neugier zu befriedigen und dabei das Wagnis einzugehen, sie aus der Fassung zu bringen. Er wollte, dass sie am heutigen Abend vollkommen entspannt wirkte, und bemerkte deshalb lediglich: „Vielleicht kannst du dir jetzt vorstellen, weshalb ich dagegen war, den Salon mit Stoffbahnen auszukleiden, die zu deinem Abendkleid passen.“ Er erschauerte. „Da hätte ich mich gefühlt, als ob ich noch einmal eine elende Kanalüberquerung durchstehen müsste!“
Ihr unbeschwertes Kichern war genau die Antwort, die er sich erhofft hatte, und er lächelte. „Komm zu mir, ich habe etwas für dich.“ Er nahm eine mit Samt überzogene Schatulle von seinem Schreibtisch, klappte den Deckel auf und enthüllte eine Reihe von funkelnden Saphiren und Diamanten, die in einem Bett aus Seide lagen. Erneut reagierte sie, wie er es sich gewünscht hatte. Sie öffnete ihre vollkommen geschwungenen Lippen, und ihre Augen weiteten sich vor Staunen.
Bevor sie noch Worte fand, war er schon dabei, ihr das Collier um den Hals zu legen, wobei seine Finger sanft ihren Nacken streiften. Diesmal gefiel ihm ihre Reaktion ganz und gar nicht. Sie wirkte wie erstarrt … Daran bestand kein Zweifel!
Er war kein Mann, der es gewohnt war, dass das schöne Geschlecht bei seinen Berührungen zusammenzuckte. Eher das Gegenteil war der Fall! Bisher war er von jeder Frau, der er sich zugewandt hatte, bei seinen Annäherungen ermutigt worden. Er besaß genügend Erfahrung, um sicher zu sein, dass er Georgiana nicht gleichgültig war. Von Beginn an hatte eine wundervolle Übereinstimmung zwischen ihnen geherrscht, die vor allem auf Vertrauen und Respekt beruhte, von gemeinsamen Interessen ganz abgesehen. Überdies hatte er sie Dutzende Male berührt, ohne dass sie darauf reagiert hatte, als wäre er ein lüsternes Raubtier. Verflucht noch einmal!
„Was ist los?“ Er fasste sie an den Schultern und drehte sie um, sodass sie ihm direkt gegenüberstand. Dann hob er mit einem Finger ihr Kinn, sodass
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