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Hoellenfeuer

Hoellenfeuer

Titel: Hoellenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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saftig, ein kühler Wind strich über die Halme und bewegte dieses grüne Meer in einem sanften Rhythmus. Bunte Blumen betupften das weite Grün mit Farbe und zahlreiche Schmetterlinge flatterten durch die Luft.
    „Und? Bist du zu einer Entscheidung gelangt?“, fragte Naral.
    „Was meinst du?“
    Naral lachte wieder. „Ob ich weiblich bin natürlich.“
    Eleanor schüttelte verlegen den Kopf.
    „Es ist ganz einfach “, klärte Naral sie auf. „Engel sterben nicht und sie werden auch nicht geboren. Daher benötigen sie keine Geschlechtsteile, sie müssen sich ja nicht fortpflanzen. Allerdings sind unsere Seelen nicht alle vollkommen gleich. Einige von uns sind stark und lieben den Kampf und das Kräftemessen. Andere hingegen sind sanft und ausgleichend. Sie erfreuen sich an den Tieren und Pflanzen in Gottes Schöpfung und sind nicht an Feuer, Tod und Verderben interessiert.“
    Die letzten Worte hatte Naral wieder mit deutlichem Spott in der Stimme ausgesprochen. „Die Seelen dieser Engel sind weiblich “, fuhr sie fort. „Wir mögen keinen Bedarf an männlichen oder weiblichen Körpern haben, aber wenn uns danach ist, können wir unsere Körper zumindest soweit verändern, dass wir männlich oder weiblich wirken.“
    „Und du hast also eine weibliche Seele “, schloss Eleanor. „Ich verstehe.“
    Wieder erklang Narals Lachen auf der Wiese. „Ich habe euch Menschen immer schon geliebt“, sagte sie. „Euer Bestreben alles an seinen rechten Platz zu rücken kann ich zwar oft nicht verstehen, aber eure Wissbegier kann ich gut nachvollziehen. Diese Eigenschaft hebt euch von allen anderen Wesen in Gottes Schöpfung ab. Ihr lebt in einer Welt, die ihr nicht versteht, aber ihr setzt alles daran, diesen Zustand zu ändern.“
    „Du hast uns Menschen immer schon geliebt?“, fragte Eleanor. „Aber was machst du dann hier auf der Welt? Ich dachte, die gefallenen Engel seien jene gewesen, die sich gegen Gott gestellt hätten, weil sie die Menschen verachteten.“
    „Aber nein“, gab Naral entrüstet von sich. „Wir haben uns nicht gegen Gott gestellt. Wir liebten im Gegenteil Gott so sehr, dass wir einem Menschen nicht die gleiche Ehrerbietung entgegenbringen konnten, wie wir sie Gott bezeugten. Keiner von uns hat es damals als Rebellion empfunden, Gottes Befehl zu verweigern. Nur Gott ist allmächtig und nur ihm gebührt es, dass man sich vor ihm verneigt. Wir, die wir damals aus dem Himmel hinab auf die Erde fielen, haben bis heute nicht verstanden, warum Gott uns einen Befehl gab, den wir unmöglich erfüllen konnten.“
    „Aber einige von euch konnten ihn doch erfüllen “, warf Eleanor ein. „Die meisten haben sich vor dem neuerschaffenen Menschen verneigt. Warum waren einige Engel anders, als jene, die sich nicht verneigen wollten?“
    „Ich weiß es nicht “, erwiderte Naral bekümmert. „Ich habe diese Frage bis heute nicht beantworten können.“
    Eine Weile gingen beide schweigend nebeneinander her. Eleanor bemerkte, dass es Naral schwerfiel, auf den Füßen neben ihr zu bleiben. Immer wieder hob sie für einige Augenblicke vom Boden ab und schwebte dann mehrere Schritte neben Eleanor einher, bevor ihre nackten Füße wieder auf dem Boden der Wiese aufsetzten und sie erneut einige Schritte neben Eleanor ging. Interessanterweise schien sie dabei jedoch ihre Flügel stets kaum zu bewegen, so dass ihr Schweben in Eleanors Augen physikalisch kaum zu erklären war.
    „Du kommst mir tatsächlich nicht wie einer jener Engel vor, die auf Menschen einen Hass empfinden könnten “, meinte Eleanor nach einer Weile.
    „Das tue ich auch nicht “, antwortete Naral ernst. „Ich weiß zwar noch immer nicht, warum Gott euch in so schwache und vergängliche Körper steckt, die ohnehin nur zum Sterben bestimmt sind. Aber ich weiß, dass er mit euch und euren Seelen Besonderes vorhat. Ich habe ihm geglaubt, als er sagte, dass ihr die Krone seiner Schöpfung seid. Ich habe nur noch nicht herausgefunden, was es ist, das euch über uns Engel erheben soll. Ich kann es einfach nicht sehen...“
    „Worüber sprechen Raphael und Uriel?“, fragte Eleanor, nachdem sie wieder eine Weile schweigend nebeneinander her gegangen waren. Naral schloss die Augen und schien eine Weile in sich hinein zuhören.
    „Sie streiten sich“, sagte Naral schließlich und ein Lächeln spielte um ihre Lippen. „Sie sind sich nicht einig, was sie von dir halten sollen. Raphael glaubt, dass du von Gott gesandt wurdest, um uns aus der

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