Ich bin Malala: Das Mädchen, das die Taliban erschießen ...
Frieden und Demokratie in unserem Land vorbereitet wird. Im Swat hatte er sich durch seine Aktivitäten und die Hilfe für die Menschen Respekt und gesellschaftliche Anerkennung verdient. Er hätte sich niemals vorstellen können, im Ausland zu leben. Und er wird sehr böse, wenn man uns unterstellt, es sei unser Wunsch gewesen, nach England zu kommen. »Jemanden, der 18 Jahre im Schuldienst war, der ein schönes Leben und eine wunderbare Familie hatte, wirft man plötzlich einfach so raus wie einen Fisch aus dem Wasser, nur weil er sich für die Schulbildung von Mädchen einsetzt?« Manchmal sagt er, jetzt wären wir keine Flüchtlinge im eigenen Land mehr, sondern echte Flüchtlinge.
Beim Essen rufen wir uns oft Erinnerungen ins Gedächtnis. Wir vermissen alles in unserer Heimat, sogar den stinkenden Fluss. Mein Vater sagt: »Wenn ich geahnt hätte, was uns erwarten würde, dann hätte ich noch einen letzten Blick zurückgeworfen, so wie der Prophet, als er Mekka verließ, um nach Medina zu gehen. Er hat sich immer wieder umgesehen.«
Ein paar Dinge aus dem Swat kommen uns jetzt schon vor wie Geschichten von einem fernen Ort, von dem man einmal gelesen hat.
Mein Vater verbringt viel Zeit auf Konferenzen, in denen es um Bildung geht. Es ist seltsam für ihn, dass die Menschen ihn nun meinetwegen hören wollen, früher war es andersherum gewesen. Früher war ich als seine Tochter bekannt, nun kennt man ihn, weil er mein Vater ist. Als er nach Frankreich reiste, um in meinem Namen einen Preis entgegenzunehmen, sagte er dem Publikum: »In meinem Teil der Welt sind die meisten Menschen für ihre Söhne bekannt. Ich bin einer der wenigen glücklichen Väter, der für seine Tochter bekannt ist.«
(Copyright © Justin Sutcliffe, 2013)
Sir Amjad, der Rektor der Jungenschule, grüßt jeden Morgen ein Poster, auf dem ich zu sehen bin.
An meiner Schlafzimmertür hängt eine hübsche neue Schuluniform in Flaschengrün statt Königsblau. Sie wird an einer Schule getragen, wo niemand auch nur im Traum daran denken würde, attackiert oder bombardiert zu werden, weil er zur Schule geht. Im April war meine Gesundheit wieder so weit hergestellt, dass ich mit der Schule beginnen konnte, hier in Birmingham. Es ist wunderbar, zur Schule zu gehen, ohne Angst haben zu müssen. Ganz anders als damals in Mingora, wo ich mich auf dem Schulweg ständig voller Furcht umdrehte, weil ich dachte, jeden Moment könnte mich ein Taliban aus dem Hinterhalt angreifen.
Es ist eine ausgezeichnete Schule. Die meisten Fächer sind dieselben wie zu Hause, aber die Lehrer unterrichten mit Computern und PowerPoint-Präsentationen. Tafel und Kreide gehören hier der Vergangenheit an. Manche Fächer sind für mich neu, so Musik, EDV oder Hauswirtschaftslehre, und in den naturwissenschaftlichen Fächern werden viele praktische Experimente gemacht, was in Pakistan sehr selten ist. Physik ist immer noch mein Lieblingsfach, obwohl ich meiner letzten Physikarbeit nur vierzig Prozent der Punkte hatte. Aber ich finde es wunderbar, etwas über Isaac Newton zu lernen und die Prinzipien, nach denen das ganze Universum funktioniert.
Wie meine Mutter bin auch ich einsam. Es braucht Zeit, so enge Freundschaften zu schließen, wie ich sie in Pakistan hatte. Außerdem behandeln mich die Mädchen hier in der Schule anders als zu Hause. Sie sagen: »Oh, das ist Malala!« Sie sehen in mir »Malala, die Kinderrechtsaktivistin«. In der Khushal-Schule war ich einfach nur Malala, das gelenkige Mädchen, das man schon lange kennt, das gern Witze erzählt und am liebsten Bilder malt, um die Dinge zu erklären. Ach, und das sich ständig mit seinem Bruder Khushal und mit seiner besten Freundin streitet.
Ich glaube, in jeder Klasse gibt es ein sehr wohlerzogenes Mädchen, ein außergewöhnlich kluges oder gar geniales Mädchen, ein ungemein beliebtes Mädchen, ein besonders hübsches Mädchen, ein Mädchen, das ein bisschen schüchtern ist, ein Mädchen mit schlechtem Ruf … Aber hier habe ich noch nicht herausgefunden, wer wer ist.
Weil hier niemand ist, dem ich meine Witze erzählen kann, hebe ich sie alle für Moniba auf, wenn wir skypen. Meine erste Frage lautet dann jedes Mal: »Was gibt es Neues in der Khushal-Schule?« Ich liebe es, zu erfahren, wer sich mit wem gestritten hat und wer von welchem Lehrer zurechtgewiesen wurde. In den letzten Prüfungen ist Moniba Klassenbeste geworden.
Meine Klassenkameradinnen halten immer noch einen Platz mit meinem Namen für
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