Ich war seine kleine Prinzessin
Dich nicht mehr wiedersehen möchte, begreifst Du
hoffentlich. Auch wenn Du im verborgensten Winkel meines Herzens, begraben
unter all dem Haß, mein Vater bleiben wirst.
Du würdest uns allen eine große Freude
machen, wenn Du uns das Haus überließest, unser kleines Häuschen im Wald. Es ist
nicht viel wert, aber wir lieben es so — trotz der unschönen Erinnerungen. Es
ist nun einmal unser Zuhause.
Ich bin neulich hingefahren, als ich an
diesem Buch schrieb, um mich in die Zeit zurückzuversetzen. Ich bin allerdings
nicht hineingegangen, das habe ich noch nicht geschafft. Es steht zwar leer,
aber ich sehe immer noch das Sofa im Wohnzimmer vor mir und mein Bett, wo Du
mich vergewaltigt hast. Dein Geist war noch da. Deshalb bin ich lieber draußen
geblieben. Und doch hat es etwas in mir berührt. Es ist das Haus meiner
Kindheit. Ich lief durch den Hof und hüpfte unter den Kiefern herum wie damals
als kleines Mädchen. Die Betonmischmaschine steht noch da, sie ist völlig
verrostet und dreht sich nicht mehr. Die Garage wird wohl nie fertig werden. Und
am Baum hängt immer noch das Seil, das Du für mich befestigt hast, damit ich
schaukeln konnte. Mir wurde ganz schwer ums Herz. Warum bist Du nicht der Papa
geblieben, der seine Nelly wie eine kleine Prinzessin liebte? Ich war das
glücklichste Kind auf der Welt. Der Papa von damals ist nicht tot, er lebt in
meinen Erinnerungen weiter.
Ich wollte, daß Du bestraft wirst, daß
Du ins Gefängnis kommst. Du solltest für Dein Verbrechen büßen. Das war für
mich, für die Bewältigung meiner Vergangenheit, sehr wichtig. Und ich bereue es
nicht. Fünf Jahre sind meiner Meinung nach eine angemessene Strafe. Trotzdem
hoffe ich, daß es Dir nicht allzu schlecht geht im Gefängnis. Ich hoffe auch,
Du bist, wie Dein Anwalt es gefordert hat, in ärztlicher Behandlung, damit Du keine
Gefahr für andere darstellst, wenn Du eines Tages entlassen wirst. Denn Du bist
krank. Du mußt krank sein, eine andere Erklärung gibt es nicht für Dein
Verhalten. Oder kannst Du mir sagen, warum Du soviel Leid über Deine kleine
Tochter gebracht hast? Warum Du sie vergewaltigt, mißbraucht hast?
Weißt Du noch? Ich war erst zwölf, und
Du warst einunddreißig. Du hast uns mit Romeo und Julia verglichen. Hast von
einer aussichtslosen Liebe gesprochen. Woher hätte ich wissen sollen, ob das
wahr ist oder nicht? In dem Alter glaubt man alles, was der Vater einem
erzählt. Das ist normal. Heute weiß ich, mit Liebe hatte das zwischen uns nicht
das geringste zu tun. Du wolltest Dich an Mama rächen. Aber ich habe alles
abbekommen, ich mußte die Folgen tragen.
Du
hattest nicht das Recht dazu, Papa...
Dank
Mein Dank gilt dem ganzen Team von TF1,
das einfach großartig war. Bedanken möchte ich mich auch bei Patrick Meney für
sein Vertrauen und unsere Freundschaft sowie bei all jenen, die mir geschrieben
haben. Ihre Zeilen sind mir eine wertvolle Hilfe gewesen. Leider konnte ich
nicht jeden Brief persönlich beantworten, aber ich hoffe, jeder wird eine
Antwort in diesem Buch finden.
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