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Im Herzen des Kometen

Im Herzen des Kometen

Titel: Im Herzen des Kometen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford , David Brin
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nicht. Aber vielleicht hätte ich sie nicht gleich nachdem es Kato erwischt hatte, in den Schacht gehen lassen dürfen. Solche Dinge bringen einen aus dem Gleichgewicht und beeinträchtigen das Urteilsvermögen. Die Unfallgefahr wächst.«
    »Du warst nicht ihr Vorgesetzter.«
    »Richtig, aber…«
    »Es war nicht deine Schuld. Wenn es eine Ursache gibt, die nicht in der Natur der Dinge selbst liegt, dann sind es einfach die Zwänge, unter denen wir arbeiten müssen. Der Zeitplan…«
    »Ja, ich weiß.«
    »Komm mit, wir trinken eine Tasse Kaffee!«
    »Was ich nötig habe, ist Schlaf.«
    »Nein, du mußt dich aussprechen. Mit Leuten reden.«
    Er machte ein Gesicht. »Mit deinen Computerleuten Witze reißen? Das liegt mir nicht; in solcher Gesellschaft bin ich ein Langweiler.«
    Sie erhob sich mit einer fließenden, geschmeidigen Bewegung, und nutzte die geringe Schwerkraft, um sich gleichzeitig ihm zuzuwenden. »Überhaupt nicht!« Etwas in ihrer jähen, elektrisierenden Munterkeit machte, daß ihm leichter ums Herz wurde. »Du heiteres Gemüt bist nie ein Langweiler gewesen.«
    »Heiteres Gemüt, Gott, das hat noch gefehlt.«
    »Es ist wahr. Komm mit!«

 
2

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SAUL
     
     
    Die meisten Leute hätten das Geschöpf abscheulich gefunden. Von rundlicher Gestalt, gelb und ockerfarben gefleckt und am ganzen Körper mit dornigen Auswüchsen besetzt, war seine äußere Erscheinung von einer Art, die nur in einer überaus nachsichtigen Mutter liebevolle Empfindungen wachrufen konnte.
    Oder in einem Stiefvater, dachte Saul Lintz.
    Tausende der winzigen häßlichen Tierchen schossen im beengten Raum eines einzigen glänzenden Tropfens Salzwasser herum, den die Oberflächenspannung in einem flachen runden Hügel auf dem gläsernen Objektträger des Mikroskops zusammenhielt.
    Saul drehte an der Optik, bis die Vergrößerung einen einzelnen Cyanuten heranholte. »Da haben wir ihn«, murmelte er. »Du taugst zum Versuchsobjekt, mein Junge.«
    Er drückte einen Auslöser, und das zytologische Instrument übernahm die Verfolgung der winzigen Mikrobe in ihrem kleinen Universum.
    Stärkere Vergrößerung zeigte, daß der Einzeller sich durch rasch pulsierende Bewegungen winziger gelber Flimmerhärchen fortbewegte, aber das war Saul nicht neu. Er kannte das Lebewesen bis in seine kleinsten Bestandteile, selbst dort noch, wo das Mikroskop versagte – auf der Ebene der Säuren und Basen, der Zucker und fein ausbalancierten Lipoide.
    Es sauste zwischen Tausenden von anderen pulsierenden Einzellern hin und her und suchte, was es zum Überleben brauchte.
    Nicht anders als wir, dachte Saul. Nur hat unsere Suche uns eineinhalb Milliarden Kilometer von der Heimat entfernt.
    Er rieb sich die Augen und beugte sich vor, einer alten Gewohnheit aus längst vergangenen Tagen folgend, als man noch durch Okulare gespäht hatte, ehe er sich wieder entspannte. In einer Zeit, da derlei Mühseligkeiten von der Elektronik übernommen wurden, genügte es, vor dem Bildschirm zu sitzen.
    Selbst hier, im langsam rotierenden Gravitationsrad der Edmund Halley, war die Anziehungskraft nicht stark genug, daß man gegen sie ankämpfen mußte. Es kam darauf an, locker zu bleiben, oder es kostete einen unverhältnismäßigen hohen Energieaufwand, einfach stillzuhalten.
    Nur die Hälfte der Bildschirme und Hologramme in der biologischen Abteilung waren eingeschaltet. In einem Dutzend anderer dunkler Oberflächen spiegelte sich Sauls eigenes blasses Ebenbild: dichte Augenbrauen über einer fleischigen Nase, gelichtetes Scheitelhaar und Falten, deren Herkunft die meisten Leute, die ihn kennenlernten, eher im Lachen als in Trübsal vermuteten.
    Nur jene, die Saul gut kannten – und ihrer waren in diesen Tagen wenige –, kannten den wahren Ursprung dieser tiefen Furchen: einen Stoizismus, der den Schmerz vieler Verluste abwehrte.
    Die Furchen vertieften sich jetzt, als Sauls schwarze Augen sich in angestrengter Konzentration verengten. Die Fingerspitzen am Steuergerät, senkte er eine Hohlnadel in den Salzwassertropfen auf dem Glas des Mikroskops. In der holographischen Bildwiedergabe erschien die winzige Nadel wie eine Lanze, als der Computer ihre Spitze zum auserwählten Versuchsobjekt führte.
    »Komm schon!« murmelte Saul, als die Mikrobe ihr Heil in der Flucht suchte. »Halt still für Papa!«
    Der Cyanut hatte einen Durchmesser von weniger als fünfzig Mikron und war damit so winzig und unauffällig, daß seine Vorfahren in stiller Symbiose seit

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