Im Pfahlbau
wollte nicht glimmen. Erschöpft und hungrig verkroch sich der Entmutigte in seiner Schlafgrube.
Eva hielt die Steine an ihre Nase: Ja, sie rochen brenzlig! Sinnend betastete sie den stellenweise so wohlig weichen Pilzknollen. War er auch als Zunder nicht brauchbar, sie wollte ihn noch weicher klopfen und im Winter als warme Einlage in ihren Schuhen tragen. Und außerdem – vielleicht gelang ihr, was Peter nicht gelungen war? Fest klemmte sie den Hornstein mit dem untergelegten Zunder zwischen Daumen und Zeigefinger der Linken, faßte mit der Rechten einen scharfen Jaspissplitter und begann damit zu schlagen. Schon beim ersten Hieb hatte sie den zu weit vorgeschobenen Daumen angeschnitten. Das Blut tropfte auf den Rand des Feuerschwamms und wurde von ihm gierig aufgesogen. Da umwickelte sie den verwundeten Daumen mit dem Buchenschwammlappen, und die Blutung hörte auf. Das Feuerschlagen hatte sie versucht, und ein blutstillendes Mittel hatte sie gefunden! Eva ertastete im Finstern eineHandvoll roher Kastanien und nahm sie mit in ihre Kammer.
Die Angst vor einem Winter ohne Feuer machte die Höhlenkinder ernst. An einem regnerischen Tage besserte Peter an seinen Waffen herum, zerschlug große Bergkristalle und Zitrine und erhielt nicht nur eine Anzahl sehr scharfer Pfeilspitzen, sondern auch zwei lange, dünne, haarscharfe Splitter, die ihn durch ihre Gestalt zu einer besonderen Verwendung anregten. Den einen, dessen Kante splitterig war, versah er mit weiteren Kerben und schattete ihn mit der Rückenkante der Länge nach in ein daumendickes Stück Waldrebe, das beim Austrocknen einen Längsriß erhalten hatte. Mit der so gewonnenen Säge schnitt er, nur um ihre Leistungsfähigkeit zu prüfen, nicht ohne Mühe eine Zinke von dem im Vorjahr gefundenen Hirschgeweih ab. Da das innere Knochengewebe des handlichen »Hirschhorns« im Vergleich zur harten Außenseite auffallend locker war, ließ es sich leicht bohren, und das neue Stück bot sich förmlich zur Schäftung des zweiten Splitters an, der als Messer verwendbar war. Mit warmgeknetetem Wachsharz, das beim Erkalten hart wurde, sorgfältig eingepicht, saß die Messerklinge im Hirschhornschaft fest. Peter hatte an den neuen Geräten so viel Freude, daß er damit zu Eva eilte, er wollte ihr Lob haben. Aber die Art, wie sie die gelungenen Werkzeuge nach einem flüchtigen Blick zurückgab, hatte etwas Demütigendes, er kam sich wie ein abgewiesener Bettler vor.
Ein feuchter Serpentinbrocken, der sich mit dem Schlagsteinüber Erwarten gut bearbeiten ließ, machte ihn den Verdruß vergessen; vielleicht gelang es ihm, daraus ein durchlochtes Beil herzustellen!
Der Hunger zwang Peter, die Arbeit in der Höhle zu unterbrechen und auf Jagd zu gehen. Wie gewohnt, umwickelte er beim Herumstreifen den schußbereiten Pfeil der Länge nach straff mit der Sehne und umklammerte ihn mit der Hand, während er den Bogen rechts geschultert trug. Die Entdeckung, daß die gespannte Sehne, sobald er den Griff der Hand lockerte, den Pfeil in drehende Bewegung versetzte, brachte ihn auf einen neuen Gedanken: Wenn er den quer zum Bogen gestellten Pfeil mit der Sehne umwickelte und seine Steinspitze als Bohrer auf Holz oder Stein stützte, während er das untere Ende niederdrückte und so den Bohrer in der senkrechten Lage erhielt? Dann mußte sich der Pfeil durch Hin- und Herziehen des Bogens immer rascher drehen lassen, oder nicht? Der Versuch gelang! Nach drei Tagen hatte er das Serpentinbeil so weit bearbeitet, daß er mit dem Bohren des Schaftloches beginnen konnte. Aber die neue Bohrvorrichtung bewährte sich erst, nachdem Peter den Stein, aus dem das Beil werden sollte, in einer Vertiefung des Lehmbodens festgelegt und dem Bohrer zwischen gegabelten Stäben eine Führung gegeben hatte. Aber so schnell, wie Peter gehofft hatte, ging's auch nicht. Die schräg im Boden steckenden Führungsstäbe gaben bald nach, er mußte sie tiefer eintreiben; dann zersprang die Bogensaite und mußte erneuert werden. Die Linke mit dem schalenförmig vertieften Speckstein als Druck am oberen Ende des Bohrpfeiles, die Rechte am Bogen, hockte Peter denkbar unbequem auf der Erdeund drillte unverdrossen so lange fort, bis er einen Wadenkrampf hatte.
»Eva, sei so gut, lös mich ab!« Ungewohnt klang das.
Wortlos nahm sie seine Arbeit auf.
Und er reckte die steifgewordenen Glieder, griff nach seinem Jagdzeug und ging.
Eva hielt die Arbeit in der Weise, wie Peter sie betrieben hatte, nicht lange aus. Der
Weitere Kostenlose Bücher