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Im Pfahlbau

Im Pfahlbau

Titel: Im Pfahlbau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alois Theodor Sonnleitner
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wo sie ihn unter die Ahnenbilder stellte. Peter folgte ihr schweigend.
    Was in der kurzen feuerlosen Zeit an Angst vor Kälte undNot in seiner Seele gewesen war, fiel von ihm ab. Der Feuerbohrer sicherte den Höhlensiedlern für alle Zeit ein behagliches, mückenfreies Heim, Bratfleisch und – den täglichen warmen Brei. An Stelle des Feuers, dem vom Blitz entzündeten Baum entnommen und dann mit viel Aufwand an Holz und Mühe genährt, diente ihnen nun ein Werkzeug, das sie selbst erdacht hatten: der Feuerbohrer!
     

Das Sonnenbild
    Mit einem neuen, von Eva geflochtenen Feuerkorb ausgerüstet, bezog Peter wieder seinen Fischplatz und fuhr fort, den Vorrat an geräucherten Forellen zu mehren, während Eva Beerenobst zur Breibereitung und zum Dörren eintrug. Regentage verbrachte sie meist in der unteren Höhle, wo sie webte. Weil sie keinen Baum hatte, an dessen Ast sie die Längsfäden hätte aufreihen können, stellte sie sich einen plumpen Webrahmen auf. Er bestand aus einem Holzklotz, den sie an seinen Enden mit dem Holunderstab und untergelegten Steinsplittern angebohrt hatte, und aus zwei in die Bohrlöcher eingelassenen, oben gegabelten Stäben, die den Tragstab hielten. An diesem hingen die einzelnen Längsfäden mit ihren Spanngewichten. Es war ein klobiges Webgerät, aber es tat seinen Dienst. Dauerte das Regenwetter allzu lange, dann verließ Peter seinen Fischplatz undstellte sich in der Höhle ein, um an seinem Beil weiterzubohren. Draußen regnete es in Strömen, in der Höhle aber ging vom Feuer eine wohlige Wärme aus, während das gleichmäßige Schnurren des Drillbohrers und das leise Aneinanderschlagen der Webgewichte die Stille in der Werkstätte belebten. Die beiden aufeinander angewiesenen Menschen teilten sich in die Arbeit; jeder machte das, wozu er besonders taugte. So war es auch in ihrem Denken: Peter dachte an gute Jagd, an Vorräte von Fleisch und Fellen, die er beschaffen wollte. Eva stellte sich vor, wie sie das Heim einrichten, wie sie gutschließende Kleider herstellen könnte, die vor Nässe und Kälte, vor Mückenstich und Sonnenbrand schützen sollten.
    Mußte sie Gott nicht Dank dafür sagen, daß er ihr geholfen hatte, den Feuerbohrer zu erfinden?
    Sie grübelte darüber nach, wie sie sich der tröstlichen Nähe Gottes versichern könnte. Sie suchte nach einem Sinnbild des erahnten Allmächtigen, das seine Kraft und Güte veranschaulichen sollte. Und sie fand nichts Mächtigeres als die Sonne, nichts, von dem Leben und Gedeihen so sichtbar abhing wie von der Sonne. Licht spendete sie und belebende Wärme; wenn sie entschwand, kam das Dunkel, kam die Kälte.
    Sie traute es Peter zu, dieses Bild zu schaffen, das ihre Gedanken emporheben sollte aus den Kleinlichkeiten des Alltags.
    *
    Der Regen hörte auf, es wurde warm und schön. Überall um den Fuchsenbühel sprossen gruppenweise Milchreizker, die für Peter und Eva schon roh genossen Leckerbissen waren. Diese Pilze, mit Mehl- und Elsbeeren, mit Markfett, Kümmel und Salz gemischt, ergaben eine kräftige, wohlschmeckende Suppe. Die Sonne war an der Henne, dem Markstein der Tagundnachtgleiche, vorbeigekommen und nähertesich beim Untergehen mehr und mehr dem Winterhorn: die Tage wurden kürzer, und die Wälder und Hänge des Heimlichen Grunds flammten in vielfarbiger Pracht.
    Die Kastanien-, Nuß- und Birnenernte brachte reichen Ertrag. Eva hatte auch einen großen Vorrat an Schwarzwurzeln und Lauchzwiebeln in Sand eingelegt. In großen Büscheln hingen am Gestänge des Trockenbodens die Würzkräuter: Wildkümmel, Wacholder, Gundelkraut. Es kamen die Dauerregen des Spätherbstes und nach ihnen die Schneestürme.
    Mit Eifer und Begeisterung ging Peter nun daran, ein Abbild der Sonne zu schaffen. An der Längswand von Evas Kammer, ihrem Lager gegenüber, baute er aus großen Quadern und Lehm zwei Säulen bis zur Höhe seiner Hüfte auf; darüber legte er eine große, längliche Sandsteinplatte, die er auf die gleiche Breite von zwei Handspannen zugehauen hatte. Dann setzte er die Säulen fort bis zur Höhe seines Scheitels, wo er sie mit zwei Mergelplatten dachartig abschloß.
    So waren zwei Nischen entstanden. In die untere stellte er einen fast würfelförmigen Steinblock, der ein Glutbecken tragen sollte. Evas Glaube, daß die wärmespendende Sonne eine Dienerin Gottes sei, ließ Peter auch das Feuer, das zur Winterszeit die Höhlen wärmte, als einen Diener Gottes empfinden. Hatte er doch selbst gesehen, wie es vom Himmel

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