Im Rausch der Ballnacht
hineingefallen.”
“Warum erinnerst du dich daran?”, flüsterte sie, zutiefst erschüttert.
Er zuckte die Achseln. “Ich habe es nie vergessen. Ich bin hinabgetaucht, habe dich herausgeholt, und du hast mir tief in die Augen gesehen und mich gefragt, ob ich ein Prinz bin.”
Bist du ein Prinz?
Nein, Kleines, das bin ich nicht.
“An jenem Tag habe ich mich in dich verliebt. Ich weiß, ich war erst zehn und du schon so viel älter, aber in meinen Augen warst du ein Prinz … mein Prinz.”
Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. “Niemals habe ich diesen Tag vergessen, Elizabeth. Und jedes Mal, wenn ich dich in der Stadt sah – meistens mit einem Buch – oder auf unserer Gartenparty am St. Patrick’s Day, fühlte ich das dringende Verlangen, dich zu beschützen – für den Fall, dass sich dir wieder ein Grobian nähern sollte.”
“Du … du wusstest, wer ich war?”, rief sie verblüfft.
Jetzt lächelte er nicht. “Als ich auf der High Street die Kutsche sah, von der du unweigerlich überfahren worden wärst, da empfand ich eine Furcht wie nie zuvor in meinem Leben – und wie danach nur auf Wicklow, als Harrington ankam und ich wusste, dass du mich verlassen würdest.”
“An jenem Tag, als diese Rüpel mich überfahren wollten – da wusstest du, wer ich war?”
“Ja, und als ich dich aus der Gefahrenzone zog, da wurde mir bewusst, dass dieses Kind nicht länger existierte. In meinen Armen hielt ich eine Frau, eine sehr betörende Frau.”
Es fiel Lizzie sehr schwer zu sprechen. “Was versuchst du, mir zu sagen?”
“Ich sah zu, wie du von einem Kind zur Frau wurdest. Seit jenem Tag am See war ich entschlossen, dich zu beschützen. Auf der High Street verliebte ich mich in dich. Seither habe ich dich immer geliebt.”
Er hatte zugesehen, wie sie heranwuchs. Seit Jahren schon hatte er sie geliebt. Noch immer ganz fassungslos begab Lizzie sich in seine Arme. Jahrelang hatten sie einander aus der Ferne geliebt. Sie fragte sich, was wohl geschehen wäre, wenn sie ihn zu einem Stelldichein am Abend von Allerheiligen getroffen hätte. Doch das war nicht Gottes Plan gewesen. Sein Plan hatte Ned eingeschlossen.
“Du weinst”, flüsterte Tyrell.
“Es sind einfach nur Tränen unermesslicher Freude”, erwiderte Lizzie. Es war beinah zu viel Freude, um sie ertragen zu können.
“Es gefällt mir sehr, dass ich dir nach all der langen Zeit Tränen der Freude entlocken kann!”, sagte er. “Wann möchtest du heiraten?”
Lizzie blinzelte. “Heute.”
Er lachte. “Und abgesehen davon?”
“Sobald wie möglich.” Nie zuvor hatte sie etwas ernster gemeint.
Er nahm ihre Hand und zog sie an die Lippen, seine Augen waren so ernst wie ihre. “Ich würde dich gern auf Adare heiraten, Elizabeth.”
“Oh ja!”, rief sie. “Wann können wir abreisen? Wann können wir nach Hause zurückkehren?”
“Ich könnte heute aufbrechen, falls das nicht zu früh ist für dich”, sagte er lächelnd.
Sie dachte zurück an jenen Tag am See, als ein schöner Märchenprinz sie vor dem Ertrinken gerettet hatte. Sie dachte an ihren ersten Ball und an einen dunklen, gefährlichen Piraten, der sie zu einem Stelldichein aufgefordert hatte. Und sie dachte an Gottes größtes Geschenk, den Tag von Neds Geburt, und wie sie ihren Sohn zum ersten Mal in den Armen gehalten hatte. Sie dachte daran, wie sie in Schande von ihren Eltern nach Adare geführt worden war, wo sie darauf wartete, dass Tyrell sie als Flittchen und Lügnerin hinstellte, und an die wundervollen Monate, die sie als Familie auf Wicklow verbracht hatten. Jetzt dachte sie nicht an den Schmerz der Trennung. Stattdessen malte sie sich die Hochzeit aus, die bald stattfinden würde, dort in der großen Halle, im Haus seiner Vorfahren. Irgendwann würden ihre Kinder die Zimmer und Gänge mit Leben erfüllen, und dort würden sie in die Fußstapfen von Generationen der de Warennes treten, die ihnen vorausgegangen waren. Männer und Frauen, die gelebt und geliebt hatten, die gestorben waren im Kampf für Ehre, Pflicht und Familie.
“So gern würde ich nach Hause zurückkehren”, flüsterte Lizzie. “Ich kann es kaum noch erwarten.”
Eine Nachschrift
D rei Wochen später heirateten Lizzie und Tyrell auf Adare. Es war eine kleine und sehr private Zeremonie, nur die engste Familie nahm daran teil. Es wurde eine großartige, fröhliche und tränenreiche Feier.
An jenem Tag enthüllte Tante Eleanor den Inhalt ihres Testaments. Georgie und
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