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Im Reich des Wolfes

Im Reich des Wolfes

Titel: Im Reich des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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überflutete all seine Sinne. Oh, ja. Die Erinnerungen an die Orgien, die darauf folgten, erregten ihn selbst heute noch, während sein Pferd langsam über den Bergpfad trottete. Leidenschaft und die wilde Lust, willigen - und auch unwilligen - Partnern Schmerzen zuzufügen, die dünnen Peitschen, die bettelnden Schreie.
    Dann hatte Galen ihn Zhu Chao vorgestellt. Und die Verheißungen begannen. Wenn Karnak - dieser aufgeblasene selbstverliebte Tyrann - tot war, würde es Bodalen sein, der über die Drenai herrschte. Und er konnte seinen Palast mit Konkubinen und Sklaven füllen. Lebenslange Vergnügungen, frei von allen Beschränkungen. Wie sah es heute mit diesen Versprechungen aus?
    Er schauderte und drehte sich zu dem dunklen, falkengesichtigen Gracus um, der unmittelbar hinter ihm ritt. Die übrigen Reiter folgten schweigend in einer Reihe. »Wir sind fast da, Graf Bodalen«, sagte Gracus, ohne zu lächeln.
    Bodalen nickte, antwortete jedoch nicht. Er wußte, daß es ihm am physischen Mut seines Vaters fehlte, doch an seiner Intelligenz mangelte es nicht. Zhu Chao sah keinen wertvollen Verbündeten mehr ihn ihm. Er wurde als Mörder benutzt.
    An welchem Punkt war alles schiefgegangen? Er leckte sich die Lippen. Das war leicht zu beantworten. Als das verdammte Mädchen gestorben war.
    Waylanders Tochter.
    Was für ein elender Trick des Schicksals!
    Sein Pferd erreichte den Hügelkamm, und Bodalen blickte hinab in ein grünes Tal mit glitzernden Wasserläufen. Es war etwa drei Kilometer breit und vielleicht sechs Kilometer lang, und in der Mitte ragte eine alte Festung mit vier Türmen und einem Fallgittertor auf. Bodalen blinzelte und rieb sich die Augen. Die Türme waren schief und krumm, die Mauern uneben, als hätte die Erde sich unter dem Gebäude aufgewölbt. Und trotzdem stand es noch.
    Gracus ritt an seine Seite. »Kar-Bazac«, sagte er.
    »Es sieht aus, als hätte es ein Besofferner entworfen«, meinte Bodalen.
    Gracus zuckte gleichgültig die Achseln. »Wir können dort unser Quartier aufschlagen«, antwortete er.
    Langsam ritten die elf Reiter hintereinander ins Tal hinab. Bodalen konnte seine Augen nicht von der Zitadelle wenden. Die Fenster, nurmehr Schießscharten, waren nicht gerade, sondern krumm, jedes hatte eine andere Höhe; einige waren zur Seite gekippt, andere in die Höhe gezogen. »Das kann doch sicherlich nicht so gebaut worden sein?« fragte er Gracus. Einer der Türme neigte sich in einem unmöglichen Winkel; dennoch waren in den großen Steinen keinerlei Risse zu sehen. Als sie näher kamen, fiel Bodalen der Besuch einer Waffenschmiede ein, als er noch ein Kind gewesen war. Karnak hatte ihm die große Esse gezeigt. Sie hatten einen Eisenhelm ins Feuer geworfen, und der Junge hatte zugesehen, wie der Helm langsam schmolz. Kar-Barzac war wie dieser Helm.
    Sie ritten durchs Tal, und Gracus deutete auf einen Baum in der Nähe. Der Stamm war gespalten und hatte sich um sich selbst gewunden, so daß er einen verrückten Knoten bildete. Und die Blätter waren scharf und lang, fünfzackig und blutrot. Bodalen hatte noch nie so einen Baum gesehen.
    Als sie sich der Festung näherten, sahen sie den halb aufgefressenen Kadaver eines Dickhornscharfs. Gracus verließ sie, um sich das Tier genauer anzusehen. Bodalen folgte ihm. Die Augen des Schafs
    waren nicht mehr da, wohl aber der Kopf mit dem aufgerissenen Maul.
    »Beim Blute Missaels!« flüsterte Bodalen. Das Schaf hatte kurze, spitze Fangzähne.
    »Dieses Tal ist verhext!« sagte einer der Männer.
    »Still!« brummte Gracus und glitt aus dem Sattel. Er kniete neben dem Kadaver nieder. »Sieht aus, als hätten Ratten dran genagt«, meinte er. »Die Bißspuren sind klein.« Er stand auf und schwang sich wieder aufs Pferd.
    Bodalens Unbehagen wuchs. Alles in diesem Tal wirkte unnatürlich. Schweiß rann ihm den Rücken hinab. Er warf einen Blick auf Gracus und sah, daß ihm Schweißtropfen auf der Stirn standen. »Ist das nur Angst, oder ist es hier wärmer?« fragte er den Krieger.
    »Es ist wärmer«, antwortete Gracus. »Aber das ist in Bergtälern oft der Fall.«
    »Aber doch nicht so heiß?«
    »Laß uns zur Festung reiten«, sagte Gracus.
    Ein Pferd wieherte und stieg, so daß es den Reiter abwarf. Sofort schwärmte eine Schar rattenähnlicher Geschöpfe aus dem langen Gras, sprang den Mann an und legte sich wie eine Decke aus graugestreiftem Pelz über ihn. Blut schoß aus unzähligen Wunden. Gracus fluchte und ließ sein Pferd im Galopp

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