In tödlicher Gefahr
beschädigt worden waren. Sobald die Wunde geheilt war, würde der Arm wieder normal zu benutzen sein.
Trotz John an ihrer Seite war Abbie bei ihrer Aussage im Büro der Staatsanwältin von Tannersville ziemlich nervös gewesen. Sandra Zolov verzichtete auf Anklageerhebung gegen sie und akzeptierte Abbies Darstellung, Liz Tilly in Notwehr getötet zu haben. John erklärte ihr später, dass die Staatsanwaltschaft durchaus die Möglichkeit gehabt hätte, sie wegen Totschlags zu belangen. Aber in einem Wahljahr und aufgrund der besonderen Umstände des Falles hielt Sandra Zolov es für angeraten, Abbie gehen zu lassen.
Bei der Heimkehr hatte Abbies Exmann bereits auf sie gewartet. Vater und Sohn verbrachten einen ganzen Tag miteinander und holten verlorene Zeit nach. Als er sich verabschiedete, versprach Jack, häufiger zu kommen. Abbie wusste nicht, ob er sein Wort halten würde, doch Ben schien daran zu glauben, und das war vorerst genug.
Wie Abbie erfuhr, war die Staatsanwaltschaft von Princeton sehr beschäftigt. Nicht nur mit dem Fall Garcia – Arturo würde wegen Mordes an Ian vor Gericht kommen –, sondern auch mit einer absonderlichen Entwicklung – der Verhaftung von Professor Oliver Gilroy.
Unzufrieden mit seinem wenig aufschlussreichen Gespräch mit dem Professor, hatte John Kontakt zu Scotland Yard aufgenommen und erfahren, dass Gilroy 1987 von einem zwölfjährigen Nachbarjungen der Belästigung bezichtigt worden war. Der Junge hatte später seine Anschuldigung widerrufen und erklärt, er sei nur wütend auf den Professor gewesen, weil der ihm während der Sammeltour der Pfadfinder keine Dose Vanillekekse abkaufen wollte.
Auch wenn die Anklage daraufhin fallen gelassen wurde und der Junge sich öffentlich entschuldigte, wurde der Professor mit den Worten zitiert, sein Ruf sei irreparabel ruiniert. Ein halbes Jahr später ließ sich seine Frau überraschenderweise nach achtzehn Ehejahren von ihm scheiden.
Obwohl man Gilroy nicht aufforderte, seinen Lehrerposten am Middlesex College aufzugeben, fühlte er sich nicht mehr wohl dort. Kurz nachdem er seine Kündigung eingereicht hatte, bemühte er sich um ein Visum für die Staaten und zog um.
Bei der Durchsuchung von Gilroys hiesigem Haus wurde ein verschlossener Raum gefunden, dessen eine Wand fast vollständig mit Schnappschüssen kleiner, von ihm selbst fotografierter Jungen bedeckt war. Einige mit ihrem Wissen, andere offenbar ohne. Darunter waren auch Eric Sommers und die anderen beiden ermordeten Jungen sowie Jordan und Ben.
Auf dem oberen Regal in seinem Schrank entdeckte die Polizei kinderpornografische Schriften und noch etwas Interessantes – einen Hut und einen cremefarbenen Fedora, von dem Gilroy behauptete, ihn seit Jahren nicht getragen zu haben.
Auch nach seiner Festnahme weigerte er sich, die Vergewaltigung und Ermordung der drei Jungen aus New Jersey zu gestehen. Er beharrte, die Fotos seien nichts weiter als eine harmlose Zuneigung zu den Jungen, die seine Leidenschaft für Eisenbahnen teilten. Im Hinblick auf das pornografische Material behauptete er, keine Ahnung zu haben, wie es dahin gelangt sei. Es gehöre nicht ihm. Da er die Zusammenarbeit verweigerte, hatte Captain Farwell Tina zu weiteren Nachforschungen nach England geschickt.
Es war ein strahlender Sonntagnachmittag, und zum ersten Mal seit über einer Woche fühlte Abbie sich wieder richtig wohl. John war mit Jordan gekommen, und die beiden Jungen lachten und tobten bereits im Pool, als hätte es die Ereignisse der letzten Woche nicht gegeben.
Abbie, John, Claudia, Rose und Brady saßen auf der Terrasse vor den Resten von Irenes Erdbeer-Käsekuchen. Ihre Mutter war vorhin kurz vorbeigekommen, um ihn persönlich abzugeben, hatte jedoch nicht bleiben wollen. Abbie hatte sie nicht gedrängt, da sie wusste, wie unbehaglich Irene sich inmitten vieler Menschen fühlte. An der Tür hatte Irene ihr jedoch überraschend zugeflüstert: „Dieser Detective Ryan gefällt mir sehr. Er ist genau so, wie Claudia ihn beschrieben hat.“
Abbie wurde aus ihren Gedanken gerissen, da Rose eine Frage an John stellte. „Und was passiert jetzt? Mit dem Professor, meine ich.“
„Das hängt davon ab, was Tina in England herausfindet.“
Brady nahm sich noch eine Tasse Kaffee. „Wird sie mit Gilroys Exfrau sprechen?“
„Ja, und mit Peter Brice, dem Jungen – inzwischen ist er ein Mann –, der vor sechzehn Jahren die Anschuldigungen gegen Gilroy vorgebracht hat. Wir müssen Gilroy
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