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Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Titel: Jerusalem: Die Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Sebag Montefiore
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Andronikos Komnenos, einen byzantinischen Fürsten mit »einer starken Mannschaft« im Gefolge, die nützliche Verstärkung bot. Anfangs waren seine Ritter für Jerusalem Anlass zu einer »großen Freude«. Andronikos, ein Vetter des byzantinischen Kaisers Manuel, hatte die Nichte des Kaisers verführt, war von ihren wütenden Brüdern beinahe ermordet worden und hatte zwölf Jahre im Gefängnis gesessen, bevor der Kaiser ihm verziehen und ihn zum Statthalter von Kilikien ernannt hatte. Als man ihn wegen Unfähigkeit und Untreue aus diesem Amt jagte, flüchtete er nach Antiochia und verführte dort Philippa, die Tochter des amtierenden Fürsten, worauf er erneut fliehen musste – und zwar nach Jerusalem. Allerdings belohnte er die Gastfreundschaft »wie die Schlange im Busen und die Maus im Sacke« und bewies laut Wilhelm von Tyrus, dem Höfling Amalrichs, die Wahrheit des Sprichworts, »nach welchem man die Feinde, auch wenn sie Geschenke bringen, fürchten muß«.
    Amalrich belehnte ihn mit der Stadt Beirut, aber der mittlerweile nahezu 60-jährige Andronikus gab Prinzessin Philippa den Laufpass und verführte die Königinwitwe Balduins III., die erst 23-jährige Theodora. Jerusalem war empört: Wieder musste er fliehen, entführte Theodora und lief mit ihr zu Nur al-Din in Damaskus über. [143] In Jerusalem bedauerte niemand, dass diese »Schlange« fort war, am wenigsten der in Jerusalem geborene Wilhelm von Tyrus, der Lieblingskleriker Amalrichs. Nachdem er in Paris, Orleans und Bologna studiert hatte, war Wilhelm zurückgekehrt und zu Amalrichs engstem Berater aufgestiegen. Über zwanzig Jahre lang erlebte er zunächst als Erzbischof von Tyrus und später als Kanzler aus nächster Nähe die unerträgliche königliche Tragödie, die nun mit Jerusalems schmerzlichster Krise zusammenfiel. [104]
    Wilhelm von Tyrus: Der Kampf um Ägypten
    König Amalrich beauftragte Wilhelm von Tyrus, die Geschichte der Kreuzzüge und der islamischen Königreiche zu schreiben, ein anspruchsvolles Projekt. Mit der Geschichte von Outremer hatte Wilhelm keine Probleme, aber wie sollte er über den Islam schreiben, auch wenn er ein bisschen Arabisch konnte?
    Mittlerweile zerfiel das ägyptische Fatimidenreich. Gewieften Opportunisten winkte reiche Beute – daher war Usama ibn Munqidh selbstverständlich in Kairo. Dort waren Machtspielchen schnell tödlich, aber lukrativ. Usama machte ein Vermögen und baute seine Bibliothek auf; unweigerlich ging jedoch alles schief, und er musste fliehen, um sein Leben zu retten. Aber seine Familie, sein Gold und seine geliebte Bibliothek ließ er per Schiff außer Landes bringen. Als das Schiff vor Akko Schiffbruch erlitt, verlor er seine Schätze und seine Bücher, die der König von Jerusalem konfiszierte: »Das Heil meiner Kinder und der Kinder meines Bruders und unserer Frauen erleichterte mir den Verlust des Geldes, doch nicht den der Bücher, die mir verlorengegangen waren. Viertausend Bände, wertvolle Schriften! Ihr Verlust wird mir, solange ich lebe, eine Wunde im Herzen bleiben.«
    Amalrich stürzte sich in den Kampf um Ägypten und unternahm nicht weniger als fünf Feldzüge. Es ging um viel. Bei der zweiten Invasion gelang es Amalrich offenbar, Ägypten zu erobern. Hätte er die Reichtümer und Ressourcen dieses Landes halten können, hätte sich das lateinische Königreich Jerusalem vielleicht halten können, und die gesamte Geschichte der Region hätte einen anderen Verlauf genommen. Aber der abgesetzte ägyptische Wesir flüchtete zu Nur al-Din, der seinen kurdischen General, den rundlichen, aber energischen Schirkuh, ausschickte, um Ägypten zu erobern. Amalrich besiegte Schirkuh und nahm Alexandria ein, aber statt seine Macht zu festigen, akzeptierte er Tributzahlungen und kehrte nach Jerusalem zurück.
    Durch die ägyptische Kriegsbeute blühte Amalrichs Hauptstadt auf. In dieser Zeit entstand der elegante gotische Raum im Coenaculum auf dem Berg Zion, und südlich vom Davidsturm ließ der König einen neuen Königspalast errichten, der einen Säulenvorbau mit Giebeldach, einen kleinen Turm mit Kuppel und einen großen Rundturm besaß. [144] Aber Ägypten war durchaus noch nicht unterjocht.
    In diesem kostspieligen Konflikt suchte Amalrich Unterstützung bei Kaiser Manuel in Konstantinopel, indem er dessen Großnichte Maria heiratete und seinen Historiker Wilhelm zu Verhandlungen über eine militärische Zusammenarbeit schickte – es gelang jedoch nie, Krieg und Militärhilfe

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