Julia Festival ext.Weihnachten Band 05
weiße Augenbrauen haben würde, hätte er sich nicht träumen lassen.
„Robbie! Wo warst du denn?“ Laura Lekawski kniete sich auf den Boden und schloss ihren Sohn in die Arme. Tränen standen ihr in den Augen. Sie wusste nicht, ob sie weinen oder lachen oder Robbie schütteln sollte, weil er ihr solchen Kummer bereitet hatte. In den zwanzig Minuten, in denen sie nach ihm gesucht hatte, waren ihr alle möglichen Schreckensvisionen durch den Kopf geschossen.
„Ich war hier und habe mit ihm geredet.“ Robbie hatte sein Gesicht an der Schulter seiner Mutter vergraben. Nun löste er sich von ihr und zeigte auf Tim.
Als Laura sich umdrehte, blickte sie in die Augen des Weihnachtsmanns, der sie anlächelte.
2. KAPITEL
Tim hatte sich immer vorgestellt, dass er sich langsam verlieben würde, dass er die Liebe wie einen Roman erleben würde, in dem sich die Handlung ganz allmählich enthüllt. Stattdessen offenbarte sie sich ihm schon auf der allerersten Seite. Er hatte geglaubt, die Liebe sei eine sanfte Melodie, die sich durch ständiges Wiederholen festigt. Nun musste er feststellen, dass sie eher mit einem Marsch von John Philip Sousa vergleichbar war. Schon der erste donnernde Akkord ergriff ihn im tiefsten Innern.
Das Gefühl einer starken, lebendigen Liebe durchströmte jede Faser seines Körpers und hielt ihn wie einen Gefangenen gefesselt, als er in das Gesicht dieser attraktiven Frau blickte und sich jede Einzelheit augenblicklich einprägte. Ihre Sorge um Robbie ließ sie etwas orientierungslos wirken, was Tims heftige Reaktion auf sie noch zu verstärken schien.
Laura erhob sich wieder und nahm Robbie an die Hand. Sie war sich durchaus bewusst, dass er, der Weihnachtsmann, sie anstarrte. Er schien geradezu in sie hineinzublicken, was sie sichtlich in Verlegenheit brachte.
Diese Frau war aus der Menge aufgetaucht und hatte in Bruchteilen von Sekunden durch ihre bloße Anwesenheit Tims Leben auf den Kopf gestellt. Eine Menge Fragen schossen ihm durch den Kopf, als er sie anblickte. Als Erstes wollte er sie nach ihrem Namen fragen und sich vergewissern, dass sie auch wirklich nicht verheiratet war.
Doch er sollte keine Gelegenheit dazu bekommen, denn Mrs. Claus klopfte ihm auf die Schulter und sprach ihn mit einem freundlichen Lächeln an. „Es tut mir leid, aber die Pause ist zu Ende. Die Kinder warten auf den Weihnachtsmann.“
„Er hatte keine Angst“, sagte Tim zu Robbies Mutter, in dem verzweifelten Bemühen, irgendetwas halbwegs Intelligentes zu sagen.
Laura blickte zu ihrem Sohn hinab. Ihr Gesichtsausdruck entspannte sich sichtlich. „Nein, aber ich hatte Angst.“ Dann warf sie dem seltsamen Weihnachtsmann einen letzten Blick zu. „Vielen Dank, dass Sie ihn gefunden haben.“ Sie wandte sich um und ging davon, Pakete in der einen Hand, Robbies Hand in der anderen.
„Er hat mich gefunden“, rief Tim ihr nach, bevor Mrs. Claus seinen Arm ergriff und ihn zu der endlosen Schlange von aufgeregten Kindern führte.
Als Tim das Podium betrat und zu seinem Sessel ging, sah er hilflos zu, wie die Frau seiner Träume in der Menge verschwand. Er wusste, er würde es sein Leben lang bedauern, dass er sie gehen ließ.
Dies waren die Gedanken von Timothy Holt. Der Mann in dem roten Mantel jedoch hatte ganz andere Gefühle. Er war absolut sicher, dass er diese Frau nicht verloren hatte. Für dieses Gefühl gab es keine logische Erklärung, dennoch verließ Tim sich auf sein Gespür. Ohne eine Begründung dafür zu haben, wusste er mit Bestimmtheit, dass er sie wiedersehen würde.
Den Rest des Tages dachte Tim unentwegt an diese Frau. Er dachte an sie, als Kinder sich mit ihren bonbonverklebten Händen an seinem Mantel festhielten und ihre Träume vor ihm ausbreiteten. Er dachte an sie, als ein kleines Mädchen, das den Weihnachtsmann zum ersten Mal sah, vor lauter Aufregung einen kleinen, feuchten Fleck auf seinem Mantel hinterließ. Er dachte an sie, als er in die Kamera lächelte. Dabei vergaß er nicht, in Gedanken all die Wünsche aufzulisten, die die Kinder ihm verrieten. Dies war sein Job, und Tim nahm seine Arbeit sehr ernst.
Doch jener Teil von ihm, der von einer Fantasiewelt träumte und länger als alle anderen Kinder an den Illusionen der Kindheit festgehalten hatte, blieb bei der Frau mit dem blonden Haar und den blauen Augen. Er sah sie in Gedanken vor sich, in ihrem dezenten, blauen Kostüm, das trotz aller Schlichtheit ihre weichen weiblichen Formen enthüllte.
Tim dachte auch noch
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