JULIA GOLD Band 32
wohl sein mochte, sich auf die Hochzeit vorzubereiten. Hatte sie sich jemals so darauf gefreut, mit Faisal zusammen sein zu können, wie Zahra sich auf Saud freute? Sie fragte sich, ob sie überhaupt fähig war, auf die Liebe eines Mannes zu reagieren. Hatte die Ablehnung ihres Onkels in ihrer Kindheit dazu geführt, dass sie unfähig war, Liebe zu geben und zu empfangen? Andererseits, auf Rashid hatte sie reagiert, ohne dass sie ihn liebte. Im Gegenteil, sie hasste ihn. Er schien entschlossen zu sein, sie psychisch zugrunde zu richten, und dazu war ihm jedes Mittel recht. Sie legte das Päckchen in ihren eigenen Koffer und richtete sich wieder auf.
Die Oase lag gar nicht so weit entfernt, doch die Reise würde sie durch die Wüste führen, und dafür mussten besondere Vorkehrungen getroffen werden. Sie wollten mit vier Wagen fahren: Umm Faisal, Zahra und Felicia in dem Mercedes, die Dienstboten und das Gepäck in drei weiteren Wagen.
Felicia hatte die Sorgfalt anfänglich ein wenig belächelt, sie änderte ihre Meinung jedoch, als Zahra ihr erzählte, wie es anderen, weniger vorsichtigen Reisenden ergangen war, die sich nicht um genügend Wasser, Benzin und Ersatzreifen gekümmert hatten. Selbst ein erfahrener Wüstenreisender konnte von einem Sandsturm, der die Straße verwehte, oder einem spitzen Stein, der ein Loch in den Benzintank schlug, überrascht werden.
Obwohl es bis zu der Oase höchstens einhundert Meilen waren, kam die Strecke Felicia viel länger vor. Trotz der Klimaanlage war es unerträglich heiß im Wagen. Der erste Wagen hatte es am besten: Während er nach vorn freie Sicht hatte, wirbelte er ganze Wolken des feinen Wüstensands auf, der den Nachfolgenden in Mund, Nase und Augen drang.
„Jetzt sind wir bald da“, rief Zahra fröhlich, als die grünen Bäume der Oase in Sicht kamen. „Es wird dir gefallen, Felicia. Ich glaube, Rashid sieht die Oase als unser eigentliches Zuhause an. Faisal macht sich allerdings nicht so viel daraus. Aber bei dir habe ich das Gefühl, dass du unser Land magst, und deshalb wird es dir dort sicher auch gefallen.“
Ja, Felicia musste zugeben, dass dieses Land sie in seinen Bann gezogen hatte. Unter anderen Umständen hätte sie sich leicht damit abfinden können, hier zu leben.
„Morgen kommt Nadia“, fuhr Zahra fort. „Ich freue mich schon riesig darauf, sie wiederzusehen.“
Hoffentlich, dachte Felicia, ist Nadia ebenso nett und freundlich wie ihre Schwester. Rashid als Feind zu haben, genügte ihr vollauf.
Es dämmerte bereits, als sie die Oase erreichten, und Felicia sah nicht viel mehr als eine Reihe kleiner Palmenhaine und eine Wasserstelle, in der sich der Mond spiegelte.
Das Haus mit seinen weißen Steinen und den schmalen maurischen Fenstern bot nach außen ein einfaches, nüchternes Bild. Doch als sie ausstiegen und Ali sie in die große Halle führte, blieb Felicia überrascht stehen. Hohe Malachitsäulen stützten eine reich bemalte Decke, irgendwo plätscherte Wasser. Unwillkürlich wurde Felicia vom Zauber des Orients, den dieser Raum ausstrahlte, eingefangen.
Zahra lachte, als sie Felicias Augen sah. „Ich wusste, dass es dir gefallen würde.“
Ali und die anderen Diener brachten das Gepäck herein.
Selina versprach, sich sofort um Kaffee zu kümmern, und verschwand.
Am anderen Ende der Halle öffnete sich eine Doppeltür, in der Rashid, in einer weiten weißen Dishdasha, erschien. „Zahra wird Sie zu den Frauengemächern führen, Miss Gordon. Sie liegen alle zum Innenhof hin. Zur Zeit meines Großvaters durften die Frauen des Harems das Haus nie verlassen. Für meine Großmutter hat er einen Garten innerhalb der Mauern dieses Hauses anlegen lassen. Sie sagte immer, er erinnere sie an England.“
„Im Harem gibt es sogar ein Marmorbad, das groß genug ist, um darin schwimmen zu können“, sagte Zahra leise und lachte, als Felicia verlegen wurde. Dann entdeckte sie etwas und rief aus: „Sieh nur, Onkel Rashid, Felicias Augen haben dieselbe Farbe wie die Säulen.“
„Grün wie Malachit“, stimmte Rashid ihr zu und strich mit einer Hand langsam über die kühle Säule. „Ich glaube kaum, dass Miss Gordon es gern hört, dass man ihre Augen mit der kühlen Härte des Malachits vergleicht, hm?“
Ali brachte noch mehr Koffer und stellte sie neben Felicias Gepäck. Der oberste Koffer fiel zu Boden und sprang auf. Felicia, die Rashid beobachtete, sah, wie sein Gesicht sich plötzlich verhärtete. Grimmige Verachtung erschien auf
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