Julia Sommerliebe Band 23
hatte, mit ihrer feuchten, im Mondlicht beinahe silbern schimmernden Haut, war sie einfach unwiderstehlich. Sie begehrte ihn auch, das hatte er deutlich gespürt. Umso schwerer war es ihm gefallen, sich wieder von ihr zurückzuziehen.
Warum habe ich das eigentlich gemacht? fragte er sich jetzt wieder. Warum habe ich mich nicht darauf eingelassen und einfach genossen, was sich daraus ergeben hätte?
Vielleicht hätten sie sich ja sogar darauf geeinigt, dass sie das Gleiche wollten: eine kurze, lockere Affäre ohne Verpflichtungen.
Solche Vereinbarungen war er schon öfter eingegangen, schließlich war er ein Mann und hatte gewisse Wünsche. Allerdings hatte er diese Vereinbarungen mit Frauen aus seinen eigenen Kreisen getroffen. Frauen, die er schon lange kannte und denen er vertrauen konnte.
Ob er Zoe vertrauen konnte, wusste er nicht. Schlimmer noch: Er war sich nicht mal klar darüber, inwieweit er sich selbst noch über den Weg traute. Schon jetzt merkte er, dass er sich viel stärker zu ihr hingezogen fühlte als zu jeder anderen Frau davor, und das war ihm unheimlich.
Plötzlich hatte er wieder die Stimme seines Vaters im Ohr, der verzweifelt und eindringlich auf ihn eingeredet hatte: „Das hatte alles nichts zu bedeuten, Leandro … aber ich konnte nicht anders … Ich war so einsam … Und ich bin doch auch nur ein Mann und habe meine Bedürfnisse …“
Um die Bedürfnisse seiner Familie hatte er sich allerdings nicht geschert. Er hatte sie alle in den Ruin getrieben mit seinem egozentrischen, rücksichtslosen Verhalten. Und nicht zuletzt hatte er Leandros Mutter das Herz gebrochen.
Stand er, Leandro, etwa kurz davor, ihm nachzueifern? Indem er jedem Rock hinterherlief? Das wäre ein gefundenes Fressen für die Regenbogenpresse! Die wartete doch nur auf einen neuen Skandal aus der Filametti-Familie!
Diesen Gefallen wollte er den Paparazzi allerdings nicht tun. Immerhin wusste er, wozu Frauen wie Zoe fähig waren: Sie verkauften ihre Geschichte an die Klatschzeitschriften, erpressten seine Familie und bekamen nie genug von derlei Geschichten. Die Geliebten seines Vaters hatten die ganze Familie in den Ruin getrieben.
Oder verurteilte er Zoe Clark gerade vorschnell? Einerseits kam sie ihm wirklich ziemlich oberflächlich, vergnügungssüchtig und verantwortungslos vor. Aber machte sie das automatisch zur skrupellosen Erpresserin?
Vielleicht nicht, sagte Leandro sich. Vielleicht aber doch.
Jedenfalls wollte er seine Meinung über sie lieber nicht vorschnell aufgeben. Immerhin war das der einzige Schutzmechanismus, der ihn davor bewahrte, sie in seine Arme zu ziehen und zu seiner Geliebten zu machen.
Er ging auf die Terrasse und atmete die kühle, duftende Luft ein. Das Licht der untergehenden Sonne zauberte Gold- und Rottöne auf den See.
Die alte Villa steckte voller Erinnerungen, die Leandro unaufhörlich verfolgten, ihn quälten und Gefühle in ihm weckten, die er die letzten beiden Jahrzehnte unter Verschluss gehalten hatte. Während dieser Zeit hatte er sich in die Arbeit gestürzt, hatte um Erfolg und Ansehen gekämpft. Dadurch war ihm gar keine Zeit geblieben, über seinen schmerzlichen Verlust nachzudenken.
Eigentlich brauche ich gar nicht hier in der Villa zu bleiben, sagte er sich jetzt. Ich kann genauso gut nach Mailand zurückfahren und jemand anders damit beauftragen, die Arbeiten am Haus zu organisieren und Zoe Anweisungen zu geben.
Allerdings käme er sich dann so vor, als würde er vor seinen Problemen davonlaufen, und das hatte er schon viel zu lange getan. In dem Moment, als die Villa in seinen Besitz übergegangen war, hatte er gewusst, dass er sich seiner Vergangenheit stellen musste. Das war notwendig, um anschließend endlich ein freies Leben ohne Altlasten zu führen.
Wenn die Tage doch bloß nicht so unendlich langsam vergingen … und wenn es ihm doch bloß nicht so schwer fiele, sich auf seine Formeln und Berechnungen zu konzentrieren. Dabei waren genau die unendlich wichtig. Wenn er damit erfolgreich war, würde er neue Klienten an Land ziehen, mehr Geld einnehmen und in seiner Branche bald als absoluter Experte gelten.
Was will ich mir damit eigentlich beweisen? fragte er sich.
Eine ganze Menge, lautete die Antwort. Er spürte den tiefen Wunsch, alles wiedergutzumachen, was sein Vater angerichtet hatte. Ihn dadurch von seinen Sünden reinzuwaschen und die Familienehre wiederherzustellen.
Wenn er jetzt allerdings eine Affäre mit Zoe Clark begann, erreichte er damit
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