Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kabale und Liebe

Kabale und Liebe

Titel: Kabale und Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
Vom Netzwerk:
taugen?
Sahst du es denn diesem launischen Flattersinn nicht an—diesen
wilden Ergötzungen nicht an, daß sie nur wildere Wünsche in meiner
Brust überlärmen sollten?
    Sophie (tritt erstaunt zurück). Lady!
    Lady (lebhafter). Befriedige diese! Gib mir den Mann, den ich jetzt
denke—den ich anbete—sterben, Sophie, oder besitzen muß.
(Schmelzend.) Laß mich aus seinem Mund es vernehmen, daß Thränen der
Liebe schöner glänzen in unsern Augen, als die Brillanten in unserm
Haar, (feurig) und ich werfe dem Fürsten sein Herz und sein
Fürstenthum vor die Füße, fliehe mit diesem Mann, fliehe in die
entlegenste Wüste der Welt-Sophie (blickt sie erschrocken an).
Himmel! Was machen Sie? Wie wird Ihnen, Lady?
    Lady (bestürzt). Du entfärbst dich?—Hab' ich vielleicht etwas zu viel gesagt? O so laß mich deine Zunge mit meinem Zutrauen binden—höre noch mehr—höre Alles-Sophie (schaut sich ängstlich um). Ich fürchte, Milady—ich fürchte—ich brauch' es nicht mehr zu hören.
    Lady. Die Verbindung mit dem Major—Du und die Welt stehen im Wahn, sie sei eine Hof-Kabale—Sophie—erröthe nicht—schäme dich meiner nicht—sie ist das Werk—meiner Liebe!
    Sophie. Bei Gott! Was mir ahnete!
    Lady. Sie ließen sich beschwatzen, Sophie—der schwache Fürst—der hofschlaue Walter—der alberne Marschall—Jeder von ihnen wird darauf schwören, daß diese Heirath das unfehlbarste Mittel sei, mich dem Herzog zu retten, unser Band um so fester zu knüpfen!—Ja! es auf ewig zu trennen! auf ewig diese schändlichen Ketten zu brechen! —Belogene Lügner! Von einem schwachen Weib überlistet! Ihr selbst führt mir jetzt meinen Geliebten zu! Das war es ja nur, was ich wollte—Hab' ich ihn einmal—hab' ich ihn—o dann auf immer gute Nacht, abscheuliche Herrlichkeit-
    Zweite Scene.
    Ein alter Kammerdiener des Fürsten, der ein Schmuckkästchen trägt.
Die Vorigen.
    Kammerdiener. Seine Durchlaucht der Herzog empfehlen sich Milady zu Gnaden und schicken Ihnen diese Brillanten zur Hochzeit. Sie kommen so eben erst aus Venedig.
    Lady (hat das Kästchen geöffnet und fährt erschrocken zurück).
Mensch! was bezahlt dein Herzog für diese Steine?
    Kammerdiener (mit finsterm Gesicht). Sie kosten ihn keinen Heller!
    Lady. Was? Bist du rasend? Nichts?—und (indem sie einen Schritt von ihm wegtritt) du wirfst mir ja einen Blick zu, als wenn du mich durchbohren wolltest—Nichts kosten ihn diese unermeßlich kostbaren Steine?
    Kammerdiener. Gestern sind siebentausend Landskinder nach Amerika fort—die bezahlen Alles.
    Lady (setzt den Schmuck plötzlich nieder und geht rasch durch den Saal, nach einer Pause zum Kammerdiener). Mann! Was ist dir? Ich glaube, du weinst?
    Kammerdiener (wischt sich die Augen, mit schrecklicher Stimme, alle
Glieder zitternd). Edelsteine, wie diese da—ich hab' auch ein paar
Söhne drunter.
    Lady (wendet sich bebend weg, seine Hand fassend). Doch keinen gezwungenen?
    Kammerdiener (lacht fürchterlich). O Gott!—Nein—lauter Freiwillige! Es traten wohl so etliche vorlaute Bursch' vor die Front heraus und fragten den Obersten, wie theuer der Fürst das Joch Menschen verkaufe. —Aber unser gnädigster Landesherr ließ alle Regimenter auf dem Paradeplatz aufmarschieren und die Maulaffen niederschießen. Wir hörten die Büchsen knallen, sahen ihr Gehirn auf das Pflaster spritzen, und die ganze Armee schrie: Juchhe! nach Amerika!-Lady (fällt mit Entsetzen in den Sopha). Gott! Gott!—Und ich hörte nichts? Und ich merkte nichts?
    Kammerdiener. Ja, gnädige Frau—Warum mußtet ihr denn mit unserm Herrn gerad' auf die Bärenhatz reiten, als man den Lärmen zum Aufbruch schlug?—Die Herrlichkeit hättet ihr doch nicht versäumen sollen, wie uns die gellenden Trommeln verkündigten, es ist Zeit, und heulende Waisen dort einen lebendigen Vater verfolgten, und hier eine wüthende Mutter lief, ihr saugendes Kind an Bajonetten zu spießen, und wie man Bräutigam und Braut mit Säbelhieben auseinander riß, und wir Graubärte verzweiflungsvoll da standen und den Burschen auch zuletzt die Krücken noch nachwarfen in die neue Welt—Oh, und mitunter das polternde Wirbelschlagen, damit der Allwissende uns nicht sollte beten hören-Lady (steht auf, heftig bewegt). Weg mit diesen Steinen—sie blitzen Höllenflammen in mein Herz. (Sanfter zum Kammerdiener.) Mäßige dich, armer alter Mann. Sie werden wieder kommen. Sie werden ihr Vaterland wieder sehen.
    Kammerdiener (warm und voll). Das weiß der Himmel!

Weitere Kostenlose Bücher