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Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt

Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt

Titel: Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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donnernd wieder zuschlug. Schon stand Reba in der Tür, mit wutentbrannter Miene und einem braunen Umschlag in der Hand. »Haben Sie die gemacht?«
    Ein Anflug von Angst durchzuckte mich beim Anblick des Umschlags, dessen identisches Gegenstück in meiner Schublade lag.
    Sie beugte sich über den Schreibtisch, durchschnitt die Luft vor meinem Gesicht mit einer Ecke des Umschlags und schüttelte ihn so dicht vor meinen Augen, dass sie mir eines hätte ausstechen können. »Waren Sie das?«
    »War ich was? Ich weiß ja nicht mal, wovon Sie sprechen.« Das war Lügen auf Weltklasseniveau — in Höchstform stellte ich mich der Herausforderung und gab im Kampfgetümmel keinen Millimeter Boden preis.
    Sie löste die Klammer, zerrte die Abzüge heraus und knallte sie vor mir auf die Tischplatte. Dann lehnte sie sich erneut vor, stützte sich aber diesmal mit beiden Händen ab. »Da ist so ein widerlicher kleiner Drecksack zu mir nach Hause gekommen und hat nach mir gefragt. Ich dachte, es ist ein Mitarbeiter der Bewährungsbehörde, der einen Hausbesuch macht, also habe ich ihn ins Wohnzimmer geführt, ihm einen Platz angeboten und einen auf freundlich gemacht, um zu demonstrieren, was für eine brave kleine Bürgerin ich bin. Und auf einmal drückt er mir die hier in die Hand und lässt dazu noch einen unglaublichen Scheiß ab. Das ist übrigens Beck, für den Fall, dass die Beleuchtung zu düster ist.«
    Ich nahm die Schwarzweißfotos zur Hand, blätterte sie betont aufmerksam durch und überlegte, wie ich die Sache anpacken sollte. Schließlich legte ich die Bilder auf den Tisch und blickte zu ihr auf. »Hat er sich also eine Hure geschnappt. Was haben Sie erwartet?«
    »Von wegen Hure.« Sie hob eines der Bilder am Rand hoch und zeigte derart hasserfüllt auf die Frau, dass sie den Abzug fast durchbohrt hätte. »Wissen Sie, wer das ist?«
    Ich schüttelte den Kopf, während mir das Herz bis zum Hals schlug. Natürlich wusste ich es. Ich wollte es nur ihr gegenüber nicht zugeben.
    »Das ist Onni. Meine beste Freundin.«
    »Ah.«
    Sie verzog das Gesicht. »Es ist mir scheißegal, ob er mit irgendwem im Bett war, aber mit ihr ?«
    »Ja, eigentlich hätte er schon aus Höflichkeit eher seine Frau bumsen sollen statt Ihre beste Freundin«, erwiderte ich.
    »Genau. Ich habe nicht erwartet, dass er wie ein Mönch lebt. Hab ich ja auch nicht.«
    Ooh, was wollte sie denn damit sagen? Mit wem hatte sie wohl was getrieben? Im Gefängnis war die Auswahl doch sicher begrenzt.
    »Wissen Sie, was mich ankotzt? Ich bin mit Onni zum Essen verabredet. Und zwar heute Abend. Können Sie sich das vorstellen? Ich würde locker mit ihr plaudern und mich freuen, dass ich mit ihr zusammen sein kann, weil sie mir so gefehlt hat. Und die ganze Zeit würde sie dahocken und sich ins Fäustchen lachen. Diese miese Ratte. Sie weiß doch, dass ich in ihn verliebt bin. Sie weiß es ganz genau!« Auf einmal nahm ihr Gesicht diesen gequälten Ausdruck an, der Tränen ankündigt. Abrupt setzte sie sich hin. »O Gott, was mache ich denn jetzt?«
    Ich wartete kurz und lauschte dem gepressten Geräusch ihres Weinens. Es zog sich eine Weile hin, bis sich das Schluchzen gelegt hatte. »Alles in Ordnung?«, fragte ich.
    »Nein, es ist nicht alles in Ordnung. Sehe ich aus, als ob alles in Ordnung wäre? Ich werde gleich wahnsinnig. Darauf hätte ich weiß Gott verzichten können.«
    Wie ein Psychiater zog ich die Kleenexbox auf meinem Schreibtisch heran und schob sie ihr hin. Sie nahm ein Tuch heraus und putzte sich die Nase. »Verfluchter Mist. Das wollte ich eigentlich überhaupt nicht, aber ich komme nicht dagegen an.« Sie kramte ein frisches Päckchen Zigaretten aus ihrer Tasche, zog an dem dünnen roten Bändchen und schälte den oberen Teil der Zellophanhülle ab. Dann entfernte sie auf der einen Seite die Folie und schlug die Unterseite der Packung gegen ihre Hand, um eine von den dicht aneinander gepressten Zigaretten hervorrutschen zu lassen. Sie griff nach ihrem goldenen Dunhill-Feuerzeug, drehte am Rädchen und beugte sich mit verzückter Miene der Flamme entgegen. Sie inhalierte, sog den Rauch wie Lachgas in die Lunge und ließ ihn in einem sanften Strom wieder entweichen. Dann lehnte sie sich auf ihrem Stuhl zurück und schloss die Augen. Es war, als würde man jemandem beim Fixen zuschauen. Ich sah, wie die sedierende Wirkung eintrat, während sich das Nikotin in ihrem Blutkreislauf ausbreitete. Sie schlug die Augen wieder auf. »Schon besser.

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